Sanierungsgesetz soll Lösung ermöglichen
Das Finanzministerium erwartet trotz der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zum Hypo-Schuldenschnitt keine Auswirkungen auf die Abwicklung der ehemaligen Krisenbank. „Wesentliche Teile des Hypo-Sondergesetzes wie zum Beispiel die Errichtung der ‚Bad Bank‘ Heta sind verfassungskonform und behindern die vom Bund geplante Abwicklung somit nicht“, teilte das Finanzministerium am Dienstag mit.
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Das Ministerium bezieht sich dabei auf das am 1. Jänner dieses Jahres in Kraft getretene Bankenabwicklungs- und Sanierungsgesetz (BaSAG). Dieses sei jedenfalls nicht betroffen. Die Entscheidung, einen Teil des Hypo-Sondergesetzes aufzuheben, werde zur Kenntnis genommen, hieß es in einer knappen Stellungnahme.
Der VfGH hob am Dienstag das Sondergesetz, das den ersten, 2014 durchgeführten Schuldenschnitt beinhaltet, auf. Wesentlich im Erkenntnis ist vor allem auch: Der Gesetzgeber kann Landeshaftungen nicht im Nachhinein für wertlos erklären. „Das Gesetz ist nicht mehr anzuwenden“, teilte der VfGH mit. Eine „Reparaturfrist“ gibt es nicht. Ein „Haftungsschnitt“ für eine bestimmte Gruppe von Nachranggläubigern, während die Haftungen für alle anderen weiterbestehen, sei unverhältnismäßig und verfassungswidrig, heißt es im Erkenntnis.
Prekäre Lage Kärntens kein Argument
Ganz generell sieht das Höchstgericht den nachträglichen gesetzlichen Griff auf gesetzliche Haftungen - also die Kärntner Landeshaftungen - als verfassungswidrig an, weil er gegen das Grundrecht auf Schutz des Eigentums verstößt. Auch der Hinweis auf die prekäre Lage des Landes Kärntens durfte kein Argument sein.
Ungleichbehandlung von Gläubigern gekippt
Damit traf der Gerichtshof laut Gerichtspräsident Gerhart Holzinger vor allem auch vorsorglich Klarstellungen. Abgesehen davon, dass nur eine kleine Gruppe von Gläubigern zum Handkuss kam: Wenn der Schritt zur Abwehr einer Überschuldung dienen sollte, dürfte man sich auch nicht begnügen, Darlehensgläubiger der Hypo zu „schneiden“, sondern müsste alle heranziehen, die Forderungen an das Land Kärnten haben.
Das jetzt gekippte Hypo-Sondergesetz von 2014 hat nicht nur verschiedene Hypo-Gläubigergruppen ungleich behandelt, befand der VfGH, sondern vor allem auch innerhalb der Nachranggläubiger selbst unzulässig differenziert, und zwar nur aufgrund eines Stichtages, des 30. Juni 2019: Forderungen von Nachranggläubigern, die vor diesem Stichtag fällig werden, galten laut dem Gesetz als erloschen. Danach fällige Forderungen blieben unangetastet. Diese Ungleichbehandlung ist gekippt. Damit setzten sich vom „Haircut“ betroffene Nachranggläubiger - darunter österreichische und deutsche Banken, Versicherungen und Fonds, aber auch eine Weltbanktochter - mit ihren Beschwerden durch.
Gesetz schon im Vorfeld umstritten
Das Sanierungsgesetz sah vor, Forderungen der Bayerischen Landesbank (BayernLB) im Volumen von fast 800 Mio. Euro sowie Verbindlichkeiten der Nachranggläubiger in etwa gleicher Höhe zu löschen. Gleichzeitig hätten die Landeshaftungen, die es dafür gab, gekippt werden sollen. Die betroffenen Gläubiger waren gegen das Gesetz Sturm gelaufen. Für die Investoren steigen nun die Chancen, zumindest einen Teil ihres Geldes wiederzubekommen. Auch viele Experten hatten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Schrittes angemeldet.
Funk: Geht in Richtung Totalschaden
Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk sieht infolge des VfGH-Erkenntnisses höhere Kosten auf den Staat zukommen. „Es ist absehbar, dass es teurer wird“, sagte der Professor vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien im Ö1-Mittagsjournal. Es gehe nun in Richtung eines Totalschadens für die Steuerzahler. Die Aufhebung des Hypo-Gesetzes durch die Höchstrichter sei schon von Anfang an erkennbar gewesen, meinte der Verfassungsrechtler. Trotzdem sei das Gesetz erlassen worden. „Man hat es versucht, möglicherweise aus Überlegungen der politischen Opportunität.“ Den Beteiligten habe damals das sehr hohe Risiko einer Aufhebung des Gesetzes durch den VfGH bewusst sein müssen.
Auch Experte verweist auf BaSAG
Inzwischen gebe es allerdings eine neue Rechtslage, das BaSAG. Dieses Gesetz sehe sehr viel differenziertere Möglichkeiten vor, auch eine Gläubigerbeteiligung - aber nicht an erster Stelle oder als einzige Möglichkeit, betonte Funk. Nun müsse man sich überlegen, wie man im Wege eines „verfassungsrechtlich tragbaren Kompromisses“ mit den Problemen zurechtkommen könne.
Auch aus Sicht der SPÖ ist die Abwicklung der Heta durch das neuere BaSAG geregelt. Vom Koalitionspartner ÖVP hieß es gegenüber der APA ebenso, dass die Entscheidung zur Kenntnis genommen wird. Experten der zuständigen Ressorts würden die Entscheidung noch bewerten. Maßgeblich involviert waren am Gesetz neben dem Finanzministerium auch das ÖVP-Justizministerium sowie das SPÖ-Bundeskanzleramt.
Die Kärntner SPÖ-Finanzreferentin Gabriele Schaunig teilte in einer Aussendung zum aktuellen VfGH-Spruch mit: „Die Entscheidung des Höchstgerichtes ist zu akzeptieren. Die Aufhebung des Hypo-Sanierungsgesetzes hat derzeit keine unmittelbaren Auswirkungen auf Kärnten, da die Forderungen vom Moratorium nach dem Bankensanierungsgesetz erfasst sind.“ Die Forderungen der Bayerischen Landesbank würden durch den Vergleich mit der Republik Österreich geregelt - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Heta-Bilanzloch noch größer
Sehr wohl konkrete Auswirkungen hat der VfGH-Spruch auf die Finanzlage der Heta - bei ihr wird das Bilanzloch noch einmal größer. Die „Bad Bank“ weist deshalb schon für die Bilanz zum ersten Halbjahr 2015 mehr als 800 Mio. Euro Verlust aus. „Bezogen auf den zum 30. Juni 2015 zu erstellenden Konzernzwischenabschluss wird auf Basis der VfGH-Entscheidung mit einem daraus resultierenden Verlust in Höhe von 0,80 Mrd. Euro zuzüglich allfälliger Zinseffekte gerechnet“, schrieb die Heta am Dienstag in einer Aussendung. Das kann in Summe etwa 900 Millionen ausmachen.
Aktuelle Zahlungspflichten an die Gläubiger erwachsen der Heta durch den Höchstgerichtsspruch nicht, weil die vom VfGH-Urteil erfassten Forderungen nun vom von der FMA als Heta-Abwicklungsbehörde verhängten Zahlungsmoratorium bis Mai 2016 erfasst sind.
Spindelegger verteidigte Gesetz
Der damalige Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) hatte das Gesetz als große Ersparnis für die Steuerzahler verteidigt. Auch eine Insolvenz Kärntens habe man damit abgewendet, so der Ex-Minister. Der Staat hat bereits mehr als 5,5 Milliarden Euro in das Institut gesteckt und wollte nicht nur die Steuerzahler, sondern auch die Gläubiger zahlen lassen. Neben dem ersten per Gesetz verhängten Schuldenschnitt plant Österreich dafür auch einen noch viel umfassenderen „Haircut“ auf Heta-Anleihen.
„Das (heute gekippte, Anm.) Hypo-Gesetz hatte einen positiven Effekt. Es musste kein Steuergeld nachgeschossen werden“, sagte der Ex-ÖVP-Finanzminister gegenüber der ZIB2. Spindelegger erinnerte in einem schriftlichen Statement gegenüber dem ORF-Fernsehen Dienstagnacht weiters daran, dass „die Verfassungskonformität des Hypo-Gesetzesentwurfes damals durch zwei Gutachten bestätigt wurde“.
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