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Serie reißt nicht ab

Zum vierten Mal seit Jahresbeginn ist in Bangladesch ein religionskritischer Blogger ermordet worden. Eine mit Macheten bewaffnete Gang sei in die Wohnung von Niloy Chakrabarti in der Hauptstadt Dhaka eingedrungen und habe ihn getötet, erklärte der Chef des Netzwerks der Blogger und Aktivisten in Bangladesch, Imran H. Sarker, am Freitag.

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Die Polizei bestätigte, Chakrabarti sei von etwa sechs Bewaffneten ermordet worden. Seine Frau sei in der Wohnung gewesen, aber in einen anderen Raum gebracht worden. Niloy arbeitete regelmäßig für den Blog Mukto-Mona, dessen Macher sich als „Freidenker, Rationalisten, Skeptiker, Atheisten und Humanisten“ beschreiben.

Foto des ermordeten Bloggers Niloy Chakrabarti mit seiner Frau

AP/A. M. Ahad

Bild des ermordeten Bloggers

Gründer im Februar ermordet

Dessen Gründer Abhijit Roy war Ende Februar ebenfalls in Dhaka von Unbekannten mit Macheten ermordet worden. Roy hatte auch die US-Staatsbürgerschaft und lebte zeitweise in den USA. Wenige Tage nach seiner Ermordung nahmen die Sicherheitskräfte einen Verdächtigen fest.

Der „fundamentalistische Blogger“ Farabi Shafiur Rahman sei in der Hauptstadt Dhaka gefasst worden und gelte als „Hauptverdächtiger“, teilten Eliteeinheiten am Montag mit. Ersten Erkenntnissen zufolge habe er Roy schon in den Onlinediensten Twitter und Facebook bedroht. Die US-Regierung verurteilte die Ermordung als „feigen Angriff“. Die Tat sei „entsetzlich in ihrer Brutalität“, sagte Außenamtssprecherin Jennifer Psaki.

Zweiter Mord im März

Doch die Gewalt ging weiter: Im März wurde der 27-jährige Washiqur Rahman in der Hauptstadt Dhaka „mit großen Messern brutal zerstückelt“, wie der örtliche Polizeichef Wahidul Islam berichtete. Demnach ereignete sich der Mord im Bezirk Begunbari wenige hundert Meter vom Haus des Mannes entfernt.

Unmittelbar danach seien zwei Verdächtige festgenommen worden, die versucht hätten zu flüchten. Diesmal meldete sich die EU zu Wort und forderte eine Aufklärung der Morde. „Die Verantwortlichen für diese Morde müssen rasch vor Gericht gebracht werden“, erklärte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel.

Serie ging im Mai weiter

Im Mai wurde Ananta Bijoy Das, der ebenfalls für den Blog Mukto-Mona geschrieben hatte, getötet. Er wurde in Sylhet nördlich der Hauptstadt Dhaka von Maskierten mit Macheten angegriffen und getötet, wie Polizeichef Faisal Mahmud der Nachrichtenagentur AFP sagte. Nach dessen Ermordung ließen die Behörden die Islamistengruppe Ansarullah Bangla Team (ABT) verbieten.

Demonstration nach der Ermordung des Bloggers Ananta Bijoy in Dhaka

APA/EPA

Nach dem Mord im Mai gab es in Bangladesch wieder Proteste

Im Zusammenhang mit dem Mord geriet auch Schweden in die Kritik. Der Ermordete hatte wenige Wochen davor um ein Visum für das Land angesucht, das ihm aber verweigert worden war.

„Todesliste“ von Islamisten

Der erste Mord datiert aus dem Jahr 2013: Der atheistische Blogger Ahmed Rajib Haider wurde von einer kleinen Islamistengruppe getötet. Sein Tod trieb damals Zehntausende Menschen zu Protesten auf die Straßen. Zugleich forderten aber radikale Islamisten, atheistische Blogger wegen Gotteslästerung hinzurichten.

Die säkulare Regierung von Ministerpräsidentin Sheikh Hasina ließ daraufhin vier Blogger festnehmen und ein Dutzend Websites und Blogs blockieren, um dem Zorn der Islamisten zu begegnen. Zugleich verstärkte sie die Sicherheitsvorkehrungen für die Blogger - offenbar ohne Erfolg. In Islamistenkreisen zirkuliert seit 2013 eine Liste mit den Namen von 84 atheistischen Bloggern, alle vier Ermordeten von heuer finden sich darauf.

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