Am Montag offiziell ernannt
Efklidis Tsakalotos ist neuer griechischer Finanzminister. Das gab das Präsidialamt in Athen am Montag bekannt, am Abend wurde er bereits offiziell ernannt. Tsakalotos war zuletzt Chefunterhändler in den Gesprächen mit den Gläubigern und löst Gianis Varoufakis ab, der kurz zuvor zurückgetreten war.
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Die Nachrichtenagentur Reuters hatte von einem Insider erfahren, dass die Vereidigung noch im Laufe des Tages stattfinden solle. Tsakalotos wird von Kollegen als zurückhaltend beschrieben. „Er ist unauffällig und leise“, sagen seine Mitarbeiter. Tsakalotos wolle eben arbeiten und nicht provozieren, meinen Analysten in Athen.
Griechen haben „Besseres verdient“
Nach seiner Ernennung sprach sich Tsakalotos für eine Fortsetzung der Verhandlungen Athens mit seinen Gläubigern aus. „Ich denke, dass sich etwas in Europa ändern kann“, sagte der 55-Jährige kurz nach seiner Ernennung am Montagabend in Athen. Die Griechen hätten bei dem Referendum am Sonntag deutlich gemacht, dass sie „Besseres verdient haben“ und eine „nicht lebensfähige Lösung nicht akzeptieren“ könnten.
Tsakalotos gab zu, angesichts des neuen Postens „Lampenfieber“ zu haben. Es sei „nicht der einfachste Moment in der griechischen Geschichte“, um Finanzminister zu werden. Im Gegensatz zu Varoufakis ist Tsakalotos Mitglied der SYRIZA-Partei. Tsakalotos hat sich den Kampf gegen Steuerbetrug und Bestechung sowie für bessere Verwaltungsstrukturen auf die Fahnen geschrieben.
Tsakalotos - er entstammt einer reichen Familie - wurde 1960 in Rotterdam geboren. 1965 zog seine Familie nach England. Tsakalotos besuchte die Universitäten von Eaton und Oxford. Seitdem spricht er Oxford-Englisch. Als er 1993 nach Griechenland kam, soll er Probleme mit der Muttersprache gehabt haben. 2010 machte ihn die Universität Athen zum Professor der Ökonomie. Tsakalotos ist mit einer Schottin verheiratet und hat drei Kinder.
„Nicht einfache“ Situation
Es bleibt abzuwarten, ob die in den vergangenen Tagen aufgerissenen Gräben innerhalb der Euro-Zone rasch wieder zugeschüttet werden können, denn auch nach dem Rücktritt Varoufakis’ bleiben die inhaltlichen Differenzen. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte dem Varoufakis-Nachfolger bereits im Vorfeld der Bekanntgabe schwierige Zeiten voraus.
Er werde in der „nicht einfachen“ Situation sein, mit seinen Kollegen aus den anderen Euro-Länder eine Lösung im Schuldenstreit zu finden. Dass die Gesprächsbasis zwischen Varoufakis und seinen Finanzministerkollegen mehr als schlecht war, hatte sich bereits länger offen gezeigt. Der Rücktritt wird von vielen als Geste von Regierungschef Alexis Tsipras gegenüber den Euro-Partnern gewertet.
„Minister no more“
Varoufakis gab am Montag in seinem Weblog unter dem Titel „Minister no more“ bekannt, dass er „heute“ das Finanzministerium verlasse. Als Grund nannte er die ablehnende Haltung ihm gegenüber in der Euro-Gruppe. Nach dem klaren Sieg der Gegner der Gläubigervorschläge beim Referendum am Sonntag kam der Schritt überraschend.

APA/AP/InTime News/Giorgos Bampoukos
Varoufakis wird Montagvormittag beim Verlassen seines Wohnhauses von Journalisten belagert
Einige Mitglieder der Euro-Gruppe hätten ihm klargemacht, dass sie es vorziehen würden, wenn er nicht mehr an ihren Treffen teilnehmen werde, so Varoufakis. Sein Abschied sei von Tsipras als „potenziell hilfreich“ betrachtet worden. „Ich werde die Abscheu der Gläubiger mit Stolz tragen“, schrieb Varoufakis.
„Lebensfähige Reformen“
Varoufakis’ Rückzug kann als Versuch Athens gelten, die verärgerten EU-Partner zu besänftigen. Tsipras hatte noch am Sonntagabend in einer TV-Ansprache angekündigt, Athen sei bereit zu „lebensfähigen Reformen, die von der Gesellschaft angenommen werden“. Der Ausgang des Referendums bedeute keinen Bruch mit Europa.
Varoufakis hatte vor dem Referendum lediglich gesagt, er werde bei einem Ja der Bürger zu den von ihm abgelehnten Reformauflagen der Euro-Länder zurücktreten. Noch am Montag soll die Entscheidung über die Nachfolge fallen, hieß es in Athen. Als mögliche Nachfolger gelten Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis und der Koordinator der Gespräche mit den Gläubigern, Efklidis Tsakalotos.
„Trage Abscheu mit Stolz“
Er erachte es als seine Pflicht, Tsipras dabei zu helfen, jenes „Kapital“, das das griechische Volk „uns gestern gegeben hat“, auszunutzen. Und: „Ich werde die Abscheu der Geldgeber mit Stolz tragen. Wir von der Linken wissen kollektiv, ohne Rücksicht auf Ämterprivilegien, zu handeln“, so Varoufakis wörtlich. „Die übermenschliche Anstrengung, das tapfere griechische Volk zu ehren und das berühmte Oxi (Nein), das es den Demokraten auf der ganzen Welt gab, beginnt eben erst“, so Varoufakis in seinem Blogeintrag.
Varoufakis: „Ab morgen Wunden heilen“
Unmittelbar nach Bekanntwerden des Abstimmungsergebnisses war von Rücktritt bei Varoufakis noch nichts zu spüren gewesen: „Ab morgen fangen wir an, unsere Wunden zu heilen“, kündigte er an. Europa dürfe nicht mehr ein riesiger eiserner Käfig der Sparpolitik sein. Seine Regierung habe sich fünf Monate lang für gelockerte Sparvorgaben eingesetzt. Doch die Gläubiger hätten am 25. Juni ein Ultimatum gestellt, ihr Sparprogramm zu akzeptieren. „Sie haben unsere Banken geschlossen. Sie wollten uns erniedrigen“, so Varoufakis, der den Geldgebern am Wochenende „Terrorismus“ und „Erpressung“ vorgeworfen hatte.
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