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Experte erwartet dann Neuwahlen

Ein „Ja“ zu den Gläubigerplänen beim Referendum am Sonntag dürfte Griechenland wohl politisch führungslos machen. Regierungschef Alexis Tsipras wirbt für ein „Nein“ und droht andernfalls mit Rücktritt. Dann gebe es wohl binnen eines Monats Neuwahlen, sagte der Leiter des griechischen Thinktanks Eliamep, Thanos Dokos, am Dienstag.

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Ein Rückzug von Tsipras’ Linkspartei SYRIZA würde ein politisches Vakuum hinterlassen, erklärte Dokos gegenüber der APA. Die proeuropäischen Oppositionsparteien, die konservative Neue Demokratie, die sozialistische PASOK und die liberale Partei To Potami, sind gemeinsam weit von einer Parlamentsmehrheit entfernt. Auch sei eine Abspaltung des moderaten Parteiflügels von SYRIZA unwahrscheinlich, sagte der Politikwissenschaftler. Dieser stehe bisher fest hinter Tsipras und wäre nach seinem Rückzug orientierungslos.

Übergangsregierung ohne Mehrheit

Griechenland wäre im Fall eines Rücktritts des Regierungschefs in der Hand von Technokraten, glaubt Dokos. „Es würde eine Übergangsregierung geben, die mit den Gläubigern verhandelt.“ Diese hätte aber keine Unterstützung im Parlament - Griechenland bleibe dann zumindest bis zu Neuwahlen im August handlungsunfähig.

Samaras diskreditiert

Auch nach Wahlen ist ungewiss, ob es eine entscheidungsfähige Regierung gibt. Die Nia Demokratia als größte Oppositionspartei leidet unter Führungskämpfen, sagte Dokos. Nach seiner Abwahl als Regierungschef im Jänner weigerte sich Antonis Samaras, als Parteichef der Konservativen zurückzutreten.

Doch in den Augen vieler Griechen sei er diskreditiert - die Partei dadurch geschwächt. „In den Umfragen kriegt sie nur wenig Unterstützung, sie sieht nicht wirklich nach einer wahrscheinlichen Alternative zu SYRIZA aus“, sagte der Politologe.

Aufwind für extremistische Parteien?

Profitieren könnten extremistische Parteien wie die orthodox-kommunistische KKE oder die Neonazi-Partei Goldene Morgenröte. „Die Bevölkerung wird sehr harsch reagieren, wenn sie herausfindet, dass das Spiel nun zu Ende ist“, sagte Dokos. Es sei schwer zu sagen, was passiere, wenn infolge der politischen Turbulenzen das Bankensystem zusammenbreche und die Wirtschaft kollabiere.

Sinn empfiehlt Euro-Austritt mit Rückkehroption

Der bekennende Kritiker der Griechenland-Rettungspakete Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn hat Athen einen Austritt aus dem Euro und die Drachme-Einführung empfohlen, um die niedrige Wettbewerbsfähigkeit wieder in den Griff zu bekommen. Die Griechen sollten diesen Schritt selber entscheiden und nicht hinausgestoßen werden, sagte Sinn am Dienstag bei einer Veranstaltung in Wien. „Wenn ich Finanzminister Gianis Varoufakis wäre, würde ich austreten.“

Es sollte für Griechenland aber eine Rückkehroption in den Euro geben. Das Land könnte „vielleicht in zehn Jahren, wenn es wieder gesundet ist“, der Währungsunion beitreten, betonte Sinn. Die Schulden Griechenlands sind für den Ökonomen „kein Thema mehr“. „Die Auslandsschulden sind ja schon weg. Die Gläubiger können sich im Kreise drehen.“

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