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Tourismuskonzept in Arbeit

Knapp 200 Jahre nach seinem Tod will die Insel Korsika das Potenzial ihres bekanntesten Sohns Napoleon Bonaparte stärker für den Fremdenverkehr nutzen. Im Zentrum des angedachten Tourismuskonzepts sollen Orte stehen, die mit dem ehemaligen Kaiser und seiner Familie verbunden sind.

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Derzeit steht die Erinnerung an Napoleon auch auf Korsika im Lichte seiner entscheidenden Niederlage bei Waterloo, die sich am Donnerstag zum 200. Mal jährt. Die Mittelmeer-Insel entdeckt ihren berühmtesten Sohn neu - und erhofft sich ein gutes Geschäft mit Touristen.

Der Jahrestag der Schlacht von Waterloo am 18. Juni 1815 sei „für die Menschen in Ajaccio ein bisschen traurig“, sagte kürzlich der Bürgermeister der Regionalhauptstadt, Laurent Marcangeli. Denn die Niederlage bedeutete das endgültige Ende des bekanntesten Sohns der Insel, der mit seinen Feldzügen weite Teile Europas erobert und Frankreich zu einmaliger Stärke geführt hatte.

Mit dem Reiseführer auf Napoleons Spuren

Der konservative Bürgermeister will jetzt die Erinnerung an den kleinen Korsen neu aufleben lassen, der unbestritten eine der prägenden Persönlichkeiten der Weltgeschichte ist. Dabei setzt das Stadtoberhaupt auf die Orte, die mit Napoleon und seiner Familie verbunden sind, sie sollen im Zentrum eines neuen Tourismuskonzepts stehen.

Marcangeli hat eine Website zum Leben Napoleons in dessen Heimatstadt Ajaccio in Auftrag gegeben. Auch der Historiker Philippe Perfettini nutzt das zum Waterloo-Jahrestag gesteigerte Interesse am Leben des Feldherren: Erst kürzlich hat er einen Reiseführer veröffentlicht, mit dem Besucher auf den Spuren Napoleons die korsische Stadt und ihre Umgebung entdecken können - versprochen werden „kaiserliche Spaziergänge“.

Die Allgegenwart des Kaisers

In Ajaccio ist Napoleon Bonaparte allgegenwärtig. Statuen ehren den auf Korsika geborenen Kaiser der Franzosen, Straßen und Plätze erinnern an seine wichtigsten militärischen Siege, der Flughafen der Stadt trägt seinen Namen, gleiches gilt für Cafes und Restaurants.

Das Haus der Familie, in dem Napoleon am 15. August 1769 auf die Welt kam und neun Jahre lang lebte, ist schon seit Jahrzehnten ein Museum. Das „Haus Bonaparte“ - auf Korsisch: „Casa Buonaparte“ - in der Altstadt von Ajaccio ist das meistbesuchte Museum der Insel, im vergangenen Jahr kamen 72.000 Besucher.

„Haus Bonaparte“ gut besucht

„Bisher hatte nur einmal ein anderes Museum (auf Korsika) mehr Besucher, das Korsika-Museum in Corte im Jahr 2009“, sagte Museumsdirektor Jean-Marc Olivesi schmunzelnd. „Damals gab es dort eine große Ausstellung, ‚Napoleon und Korsika‘. Es dreht sich immer um ihn.“

Auch Olivesi will, dass die Geschichte von Napoleons Familie noch stärker in den Fokus genommen wird - sein Vater Charles war ein einflussreicher Adliger, sein Bruder Joseph politisch aktiv. Napoleon selbst verließ die Insel mit nur neun Jahren. Er wurde auf eine Schule auf dem französischen Festland geschickt, später kehrte er aber immer wieder nach Korsika zurück.

Konkurrenz aus Elba

Nicht wenige auf der Mittelmeer-Insel sind der Meinung, dass Korsika zu wenig aus dem historischen Erbe rund um den Kaiser und seine Familie schöpft. Sie beklagen, dass Napoleon an vielen Orten ein Tourismus-Trumpf sei, sogar auf der Insel Elba, auf der er nach seiner ersten Verbannung neun Monate lang lebte. In Ajaccio dagegen würden nur ein kleiner „Touristenzug“ und in China hergestellte T-Shirts angeboten.

Das soll jetzt anders werden, Bürgermeister Marcangeli verspricht ein „vorzügliches und qualitatives“ Touristenangebot rund um Napoleon. Der Grundstein dazu soll jetzt gelegt werden - 200 Jahre nach Napoleons entscheidender Niederlage in Waterloo.

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