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Unglück „motivierte zusammenzuarbeiten“

Jahrelang ist in Nepal über eine neue Verfassung gestritten worden, immer wieder begleitet von Streiks. Das verheerende Erdbeben von Ende April mit über 8.700 Toten und rund einer halben Million zerstörter Häuser erhöhte nun den Druck auf die Politik, den Streit einvernehmlich zu lösen.

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Regierung und oppositionelle Maoisten einigten sich in der Nacht auf Dienstag auf eine neue Verfassung, die das Himalaya-Land in acht Provinzen aufteilen soll. Informationsminister Minendra Rijal sprach von einem „enormen Durchbruch“. Das Unglück habe „uns motiviert zusammenzuarbeiten“. Nun bestehe „der Wille, es hinter uns zu bringen“. Der Entwurf muss vom Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden.

Politisches Chaos seit 2006

Die neue Verfassung soll den Friedensprozess abschließen, der 2006 mit der Niederlegung der Waffen durch die Maoisten begonnen hat. Sie hatten zuvor zehn Jahre lang gewaltsam für die Abschaffung der über Jahrhunderte dauernden Monarchie in Nepal gekämpft. In dem Bürgerkrieg wurden mehr als 16.000 Menschen getötet. Seither wartete die Bevölkerung auf eine demokratische Verfassung. Die 2008 und wieder 2013 gewählte verfassungsgebende Versammlung war allerdings bisher vor allem mit internen Machtkämpfen beschäftigt.

Immer wieder verstrichen Fristen zur Verabschiedung der Verfassung. Anhänger der Oppositionsparteien riefen wiederholt zu Streiks auf - zuletzt Ende Jänner. Märkte und Industriebetriebe waren im Zuge eines Generalstreiks geschlossen, Fahrzeuge in Brand gesteckt und Straßen blockiert worden. Die Regierungsparteien hätten zwar mit zwei Drittel der Sitze die nötige Mehrheit gehabt, um eine neue Verfassung anzunehmen. Doch die Maoisten warnten vor einem neuen Ausbruch des Konflikts, sollten ihre Forderungen nicht berücksichtigt werden.

Nepal steckte seit 2006 in einem politischen Chaos, eine Einigung schien nahezu aussichtslos. Diese politische Instabilität belastete zusehends auch die Wirtschaft das Landes. Das Wachstum hatte sich nach Angaben der Weltbank von 6,1 Prozent im Jahr 2008 auf 3,6 Prozent 2013 verlangsamt. Aber erst die Erdbebenkatastrophe brachte nun ein Umdenken der Politik.

Grenzverlauf noch offen

Mit der neuen Verfassung soll das nepalesische Regierungssystem bestehen bleiben, das Parlament soll künftig über eine Mischung aus Listen und Direktkandidaten gewählt werden. Auch wurde nun geregelt, wie der Regierungschef und der Präsident bestimmt werden. All das waren höchst umstrittene Punkte. Für die größten Unstimmigkeiten sorgte die Neueinteilung der Provinzen Nepals, deren Anzahl und Namen. Die einen wollten die Aufteilung auf Basis der in der Region lebenden ethnischen Gruppen, die anderen auf Grundlage der geografischen Gegebenheiten.

Die Aufteilung in acht Provinzen ist nun geregelt. Offen ist allerdings noch der Grenzverlauf dieser Provinzen. Die Maoisten fordern einen Verlauf, der historisch benachteiligte Gemeinden besserstellt. Kritiker warnen davor, dass das die nationale Einheit gefährden könnte. In den nächsten sechs Monaten soll eine Kommission einen Plan für die Grenzziehung erstellen.

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