Sorge über Datenschutz
Mit der Bekämpfung von Steuer- und Sozialbetrug will Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) einen Teil der Steuerreform gegenfinanzieren. Das Herzstück dieser Maßnahmen, das geplante Kontenregister, war schon im steirischen Wahlkampf als Aufweichung des Bankgeheimnisses kritisiert worden. In den Stellungnahmen zum Gesetz findet sich nun erneut scharfe Kritik.
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Dabei sticht die Stellungnahme des Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes heraus, der insbesondere vor Verstößen gegen den Datenschutz warnt. So sei die „nicht näher geregelte Zugriffsmöglichkeit der Abgabenbehörde“ auf das "Kontenregister, aus datenschutzrechtlicher Sicht bedenklich“.
Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz dürften jeweils „nur in der gelindesten zum Ziel führenden Art vorgenommen werden“, erinnert der Verfassungsdienst. „Aus den Erläuterungen geht jedoch nicht ausreichend klar hervor, dass diese Kriterien bei der Einrichtung eines Kontenregisters tatsächlich erfüllt sind.“
Zugriff ohne Kenntnis der Bank und des Kunden
Der Verfassungsdienst kritisiert auch, dass das Gesetz offenbar den Zugriff auf die Daten im Kontenregister ohne Kenntnis der Bank und des Kunden ermöglichen kann. Auch hier werden Verbesserungen verlangt: „Aus datenschutzrechtlicher Sicht wäre es notwendig, Anforderungen für eine Auskunftserteilung sowie grundlegende Informations- und Protokollierungspflichten beim Zugriff auf das Kontenregister und datenschutzkonforme Auskunftsrechte der Betroffenen vorzusehen.“ Auf fünf der 17 Seiten der Stellungnahme betätigt sich der Verfassungsdienst auch noch als Lektorat, bessert Tipp- und Beistrichfehler aus und gibt „stilistische“ Tipps bei Formulierungen.
Kritische Landesregierungen
Doch auch einige Landesregierungen brachten kritische Stellungnahmen ein, berichtet das Ö1-Mittagsjournal: Die niederösterreichische Landesregierung sieht zu allgemein gefasste Regeln für die Einsicht in Bankkonten, das werde dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gerecht. Die Regelungen sollten „auch aus gesellschaftspolitischen Gründen überdacht werden. Die Vorgangsweise, dass Bankkontodaten generell erfasst werden, bringt zum Ausdruck, dass alle Bürger und Unternehmer im Sinne eines Generalverdachts als potenzielle Abgabenhinterzieher angesehen werden.“
Die Vorarlberger Landesregierung sieht einen zu großen Ermessensspielraum, weil schon „Bedenken“ Eingriffe rechtfertigen sollen. Die Tiroler Landesregierung fordert, dass der Zugang zum Kontenregister eingeschränkt wird, um willkürliche und unverhältnismäßige Einsichtnahmen zu verhindern - mehr dazu in oe1.ORF.at.
„Uferlose Kontoöffnungsbefugnis“
Die Innsbrucker Universitätsprofessorin Margarethe Flora von der rechtswissenschaftlichen Fakultät sieht ebenfalls „jeden Steuerpflichtigen Österreichs gleichsam unter Generalverdacht gestellt“. In ihrer Stellungnahme warnt sie vor einer „uferlosen verwaltungsbehördlichen Kontoöffnungsbefugnis“ ohne Rechtsschutz. Zum Vergleich stelle man sich vor, „die Finanzbehörden hätten das Recht, ohne hinreichend begründeten Verdacht auf eine Finanzstraftat den Betrieb oder die Privatwohnung eines Steuerpflichtigen zu durchsuchen“.
Auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) äußert sich kritisch. Zwar seien die Aufweichung des Bankgeheimnisses und die Schaffung eines zentralen Melderegisters wesentlich für die Betrugsbekämpfung und die Schaffung von Steuergerechtigkeit. „Allerdings handelt es sich bei Kontodaten um sensible persönliche Daten“, warnt der Gewerkschaftsbund. Es müsse deshalb durch ein Verfahren sichergestellt sein, dass Finanzbeamte nicht aus „unsachlichen Motiven ein Auskunftsverlangen an Banken stellen“. Eine Variante wäre zum Beispiel die Verpflichtung zum Vieraugenprinzip und zur elektronischen Dokumentation aller Anfragen.
Schelling verteidigte Kontoregister
Schelling hatte bereits im Mai mehrmals das Kontoregister verteidigt. An sich seien darin nur die Konten, aber nicht darauf verbuchte Beträge oder Kontobewegungen vermerkt. Einschau halten darf die Behörde nur, wenn sie ein Prüfverfahren eingeleitet hat - allerdings ohne richterlichen Beschluss.
Um Datenschutzsorgen zu begegnen, soll jeder Eingriff dokumentiert und strengen Regeln unterworfen werden, versprach Schelling. Als Abschaffung des Bankgeheimnisses sehe er das nicht, sondern als „Erleichterung des Verfahrens“. Man solle nicht „die Unredlichen“ schützen.
Außerdem sei es eine Frage der Gleichbehandlung. Denn ab 2017 müsse Österreich am internationalen automatischen Datenaustausch teilnehmen. Dann müssen einander die teilnehmenden Länder Kontoerträge ihrer Staatsbürger melden. Es könne ja nicht sein, dass Konten im Ausland gemeldet werden müssen, und im Inland dürfe die Behörde nicht wissen, dass jemand ein Konto hat, argumentiert Schelling.
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