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Anschlag riss 168 Menschen in den Tod

Am 19. April 1995 sind beim Bombenattentat auf das Alfred-Murrah-Gebäude in Oklahoma City 168 Menschen, darunter 19 Kinder, ums Leben gekommen. Mehr als 800 Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Der US-Golfkriegsveteran Timothy McVeigh wurde als Attentäter verurteilt und 2001 hingerichtet. Bis 9/11 war die „Bombe von Oklahoma“ der schwerste Terroranschlag auf amerikanischem Boden.

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Die Uhr zeigte genau 9.02 Uhr, als vor dem achtstöckigen Regierungsgebäude in Oklahoma City (Hauptstadt des Bundesstaates Oklahoma) die Bombe explodierte. Der zu diesem Zeitpunkt 26-jährige Amerikaner Timothy McVeigh hatte damals eine selbst gebastelte, 1.400 Kilogramm schwere Bombe - eine Mischung vor allem aus Düngemittel und Dieselkraftstoff - in einem Lastwagen vor dem Hochhaus geparkt und gezündet. Die Wucht der Detonation zerstörte mehr als die Hälfte des Gebäudes, in dem sich auch eine Kindertagesstätte befand.

Bereits wenige Stunden später verhaftete die Polizei den flüchtenden Attentäter. Seinen Komplizen Terry Nichols schnappten die Fahnder zwei Tage danach. McVeigh wurde in einem aufsehenerregenden Prozess 1997 zum Tode verurteilt und nach mehreren Berufungsinstanzen am 11. Juni 2001 mittels Giftspritze hingerichtet. Nichols sitzt seine lebenslange Gefängnisstrafe ab.

Aus Hass auf die Regierung

McVeighs Motive, wie er beim FBI-Verhör nach seiner Verhaftung angab, lagen in seinen rechtsradikalen Überzeugungen und dem Zorn auf eine Regierung, von der sich der Golfkriegsveteran verraten fühlte. Sein T-Shirt beim Anschlag zierte ein Aufdruck mit dem Zitat: „Der Baum der Freiheit muss gelegentlich gegossen werden mit dem Blut von Patrioten und Tyrannen.“

Timothy McVeigh wird von FBI-Agenten abgeführt

Reuters/Jim Bourg

Der Hauptattentäter Timothy McVeigh wurde am 11. Juni 2001 hingerichtet

Der Rechtsextremist sah sich als Soldat in einem gerechten Kampf und zeigte keinerlei Anzeichen von Reue. Trocken rechnete er im Verhör vor, was ihn der Anschlag gekostet hatte. „Wir sprechen über 3.500 Dollar, mit allem Drum und Dran vielleicht fünf Riesen. Was sind schon fünf Riesen?“ Kurz vor seiner Hinrichtung hatte er einem Journalisten sogar gesagt, dass er sich als Sieger fühle. Denn auch wenn er jetzt sterbe, stehe es 168 zu 1.

Bis heute gibt es zahlreiche Verschwörungstheorien, die an der offiziellen Version der Anschläge bis heute Zweifel haben. Immer wieder werden Stimmen laut, dass McVeigh und Nichols nicht die alleinigen Drahtzieher des bis zum 11. September 2001 (Anschlag auf World Trade Center und Pentagon) schwersten Terroranschlags auf US-Boden waren.

Gab es einen dritten Täter?

Diese Frage wird seit vergangenem Sommer sogar vor einem Gericht in Salt Lake City im US-amerikanischen Utah verhandelt. Der Rechtsanwalt Jesse Trentadue behauptet, dass McVeigh und Nichols nicht die einzigen Attentäter gewesen seien. Es soll demnach noch einen „dritten Mann“ gegeben haben, sagt Trentadue. Ein angeblich vom FBI unter Verschluss gehaltenes Video einer Überwachungskamera sollte diese These beweisen.

Bereits um die Jahrtausendwende sprach ein Secret-Service-Agent von „weiteren Verdächtigen“ am damaligen Tatort in Oklahoma. Auch er berief sich dabei auf ein Video, das den „dritten Mann“ zeigen sollte. Das FBI bestreitet das bis heute. „Es gibt keinen dritten Täter und auch kein Video, das aus den Akten entfernt wurde. Der Fall ist für uns abgeschlossen“, sagt FBI-Anwältin Kathryn Wyer. Die Klage Trentadues gegen das FBI ist noch im Laufen.

Überlebende leiden bis heute an Folgen

Unterdessen haben auch 20 Jahre nach dem Anschlag, der als „Oklahoma Bombing“ bezeichnet wird, die Überlebenden und Verwandten der Opfer noch immer mit den Folgen zu kämpfen. Einige leiden bis heute unter den Verletzungen, wie der heute 23-jährige Brandon Denny. „Ich leide unter ständigen Krämpfen und muss daher auf viele Dinge verzichten, die für andere ganz normal sind“, sagte Denny anlässlich des Jahrestages gegenüber dem „Guardian“.

Michael Reyes erlitt ebenfalls schwere Verletzungen, sein Vater wurde getötet. Heute sagt er, habe er das Gefühl der Sicherheit verloren. „Ich habe gelernt, mit dem Anschlag und den Folgen zu leben, auch wenn mich laute Geräusche noch immer erschrecken“, sagte Ryes auf „Washington’s Blog“.

Zerstörtes Alfred-Murrah-Gebäude

AP/David Longstreath

Die Wucht der Detonation zerstörte mehr als die Hälfte des Gebäudes

Für die USA bedeutete der Anschlag von Oklahoma, dass der Satz „Bei uns kann das nicht passieren“ keine Gültigkeit mehr hatte. „Die Leute haben bis dahin einfach nicht geglaubt, dass eine US-Stadt zum Ziel terroristischer Anschläge werden könnte“, wird der Direktor des Instituts für Terrorismusprävention, Brian Houghton, auf der Website Abc15.com zitiert. Houghton weiter: „Oklahoma City war eine Erinnerung, dass der Terror auch direkt vor der Haustüre zuschlagen kann.“

„Schwerer zu verarbeiten als 9/11“

Nach dem Anschlag wurden vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton die Sicherheitsmaßnahmen aller Bundesgebäude verstärkt, es gab mehr Barrieren, Personal, Wachhunde und Metalldetektoren. Doch mit dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 erreichte der Terror in den USA bereits sechs Jahre später eine völlig neue Dimension der Gewalt. „Für viele Amerikaner war der Anschlag von Oklahoma aber sogar schwerer zu verarbeiten als 9/11, weil er von einem US-Bürger verübt wurde“, sagte Hougton.

„Kann sich jederzeit wiederholen“

Laut dem amerikanischen Universitätsprofessor Darren Mulloy könnten sich solche Attentate wie in Oklahoma jederzeit wiederholen. „Trotz all der Sicherheitsvorkehrungen, die in den USA und anderswo nach 9/11 verschärft wurden, können wir überall auf der Welt sehen, dass es so etwas wie eine absolute Sicherheit nicht gibt. Kleine Gruppen, die sich auf ein Ziel konzentrieren, werden immer verletzliche Stellen finden. Das sind leider die Kosten einer freien Gesellschaft“, sagte Mulloy im Interview mit der dpa.

Gedenkstätte in Oklahoma

AP/Carlos Osorio

Heute befindet sich an der Unglücksstelle das Oklahoma City National Memorial

Gedenkstätte erinnert an die Opfer

Bereits im Mai 1995 wurde das restliche Alfred P. Murrah Federal Building vollständig gesprengt. An seiner Stelle befindet sich heute das Oklahoma City National Memorial, eine Gedenkstätte der Architekten Hans und Torrey Butzer und Sven Berg. Sie besteht aus zwei stilisierten Toren, die jeweils die Uhrzeiten „9.01“ und „9.03“ tragen und einen rechteckigen flachen See flankieren. Seitlich stehen 168 Stühle, je einer für jedes Todesopfer des Anschlags. Am Sonntag wird bei der Gedenkstätte in einer Zeremonie der Opfer von damals gedacht. Unter anderem werden in Anlehnung an die Opferzahl 168 Sekunden der Stille abgehalten.

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