„Die Bedrohung besteht weiter“
Die kenianischen Behörden haben nach dem blutigen Terrorangriff der somalischen Al-Schabab-Miliz auf das Garissa University College (GUC) im Osten Kenias fünf Verdächtige festgenommen. Nach Angaben von Ministeriumssprecher Mwenda Njoka wurden die drei mutmaßlichen Koordinatoren des Angriffs gefasst.
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Die beiden weiteren Festgenommenen sind ein Wachmann der Universität und ein Mann aus Tansania, der sich mit Granaten ausgerüstet in einem Universitätsgebäude versteckt hatte. Der Wachmann werde verdächtigt, die Attentäter unterstützt zu haben, sagte Njoka. Er habe „dschihadistisches Material“ besessen.
Extremisten drohen mit „langem Krieg“
Im Kurzmitteilungsdienst Twitter wurden Informationen über eine mutmaßlich neue Mitteilung der Terrormiliz verbreitet. In dem zweiseitigen Papier, dessen Echtheit noch nicht gesichert ist, droht Al-Schabab den Menschen Kenias weitere Blutbäder an. Die Bürger des ostafrikanischen Staates unterstützen die „gewaltsame Politik“ ihrer Regierung. Den „Preis“ dafür würden die Kenianer „mit Blut“ bezahlen, hieß es in der Erklärung vom Samstag. Die Organisation mit Verbindungen zu Al-Kaida drohte mit einem „langen, schrecklichen Krieg“.
Mindestens vier Kämpfer der islamistischen Miliz aus Somalia hatten am Donnerstag eine Universität im kenianischen Garissa gestürmt, 148 Menschen ermordet, 79 Menschen verletzt und sich anschließend selbst getötet. Die Extremisten wollten mit dem Massaker - dem schwersten Anschlag in Kenia seit 17 Jahren - den Abzug der kenianischen Truppen aus Somalia erzwingen.
Überlebende nach zwei Tagen gefunden
Am Samstag wurde eine Überlebende des Massakers gefunden. Die 19-Jährige habe sich seit Donnerstagfrüh in einem Kasten versteckt gehalten, sagte eine Sprecherin des kenianischen Roten Kreuzes. Sie sei dehydriert und werde im Krankenhaus untersucht. Die Studentin sei völlig verängstigt gewesen, berichtete ein Polizeisprecher. Erst als ein ihr bekannter Dozent ihr versichert habe, dass die Polizisten in dem Universitätsgebäude keine Angreifer seien, habe sie ihr Versteck verlassen.

APA/AP
Einige Studenten konnten selbst vor den Angreifern fliehen
Der Anschlag auf die Universität war der bisher blutigste der Al-Schabab auf kenianischem Boden. Die Attentäter hatten gezielt christliche Studenten als Geiseln genommen, muslimische wurden freigelassen. Mehr als zwölf Stunden nachdem die Attentäter am Donnerstag gegen 4.30 Uhr Ortszeit (5.30 Uhr MESZ) auf das Universitätsgelände vorgedrungen waren, stürmten Polizeikräfte und Soldaten den Campus.
Die Attentäter hatten sich zu diesem Zeitpunkt in einem Wohnheim verschanzt. Aus dem Gebäude waren laut Augenzeugen immer wieder Schüsse zu hören. Erst 16 Stunden nach dem Beginn des Angriffs erklärte das nationale Katastrophenschutzzentrum den Einsatz der Armee auf dem Campus für beendet.

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Die Extremisten lieferten Polizei und Militär stundenlange Schusswechsel
Ex-Lehrer soll Drahtzieher sein
Verantwortlich für den Anschlag soll ein Mann namens Mohamed Kuno sein, früher Lehrer und mittlerweile Kommandant der Al-Schabab. Auf ihn wurde ein Kopfgeld von 20 Mio. kenianischen Schilling (etwa 198.000 Euro) ausgesetzt. Laut der kenianischen Tageszeitung „Daily Nation“ fahndet die Polizei bereits seit Dezember nach dem Mann, der auch verantwortlich für ein Attentat in der Stadt Mandera im Nordosten des Landes mit 58 Toten sein soll.
Kuno soll auch die Decknamen Scheich Mahamad und Gamadhere benutzen. Der Kenianer, geboren in Garissa, soll vor Jahren nach Somalia gegangen sein, um sich dort der Union Islamischer Gerichte, einer Vorläuferorganisation der Al-Schabab, anzuschließen. Mittlerweile koordiniere er deren Terror gegen Kenia. Laut „Daily Nation“ nutzt Kuno Familienmitglieder für die Ausführung von Anschlägen. Auch die Namen der getöteten Attentäter sind mittlerweile bekannt.
Gezielt Christen als Geiseln genommen
Die radikalislamische Al-Schabab-Miliz hatte sich Stunden nach dem Angriff auf die Uni dazu bekannt. Sie erklärte, ihre Kämpfer hätten christliche Studenten als Geiseln genommen. „Die Muslime wurden freigelassen“, sagte Al-Schabab-Sprecher Ali Mohamud Rage. „Kenia führt Krieg mit Somalia“, fügte dieser mit Blick auf die Beteiligung der kenianischen Armee an der internationalen Friedenstruppe in Somalia hinzu.
Kenias Präsident Kenyatta kündigte nach dem Anschlag ein entschlossenes Vorgehen gegen den radikalislamischen Terror an. Er verfügte laut einem Bericht des Radiosenders Capital FM per Dekret die Fortsetzung der Ausbildung von 10.000 Polizeirekruten, die im vergangenen Oktober vorübergehend vom Höchstgericht gestoppt worden war.
Obama hält an Kenia-Besuch fest
US-Präsident Barack Obama verurteilte unterdessen den Angriff auf die Universität scharf. Die „terroristische Gewalttat“ an der Universität von Garissa, „wo unschuldige Männer und Frauen schamlos und brutal niedergemetzelt wurden“, könne mit Worten gar nicht angemessen verurteilt werden, sagte er laut Weißem Haus am Freitag in einem Telefonat mit Kenias Präsident Uhuru Kenyatta. Der US-Präsident sprach dem kenianischen Präsidenten sein Beileid aus.
Er kenne die „außerordentliche Widerstandsfähigkeit und den grundlegenden Anstand“ der Kenianer „aus eigener Erfahrung“, sagte Obama, der im Juli zum ersten Mal in seiner Amtszeit nach Kenia reist, in die Heimat seines Vaters. Er wisse daher, dass die Menschen aus Garissa und dem ganzen Land nun trauerten, sich aber weiter für eine „bessere und sicherere Zukunft“ einsetzen würden. Nach Angaben des Weißen Hauses will der US-Präsident an seinem Kenia-Besuch im Sommer festhalten.
Aktuelle Terrorwarnungen
Die britische BBC berichtete von einer aktuellen britischen und einer australischen Terrorwarnung für die Region im Osten Kenias. Die kenianische Tageszeitung „Standard“ berichtete, es habe vor dem Angriff Drohungen einer Terrorgruppe gegen die Universität gegeben. Garissa hat etwa 120.000 Einwohner und liegt rund 330 Kilometer östlich der Hauptstadt Nairobi unweit der Grenze zu Somalia.
Erst im Dezember hatten Unbekannte eine Granate in ein Cafe in Garissa geworfen und zwei Menschen verletzt. Im April 2013 attackierten vier Männer ein Hotel in der Stadt und töteten sechs Menschen. Auch in Nairobi schlugen Terroristen bereits zu. Bei einem Angriff auf das Einkaufszentrum Westgate kamen im September 2013 mindestens 67 Menschen ums Leben.
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