Safariparadies wird zur Terrorhochburg
Schock und pure Angst stehen den Studenten ins Gesicht geschrieben, die im Morgengrauen dem blutigen Islamistenangriff auf die Universität von Garissa gerade noch entkommen sind. „Die Angreifer haben willkürlich auf alle fliehenden Studenten geschossen“, sagt der Hochschüler Abdi Fatah entsetzt. Es gibt viele Tote und Verletzte. Aber wirklich überraschend kam die Attacke Anfang April nicht.
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Denn es gab Drohungen: Schon seit Jahren wird Kenia von Angriffen der somalischen Al-Schabab-Miliz erschüttert, die den Abzug der Truppen aus dem Nachbarland fordert - und gerade Garissa gilt als eines der wichtigsten Zentren für die Logistik der Militäroperation.
Erinnerung an Nairobi-Anschlag
Der Zeitpunkt der Attacke scheint auch nicht zufällig gewählt: März war kein guter Monat für al-Schabab, die gleich mehrere Rückschläge hinnehmen musste und nun offenbar Vergeltung üben wollte. So gelang es der somalischen Armee mit Unterstützung von Soldaten der Afrikanischen Union (AU), den wichtigen Bezirk Masdschid Ali Gadud im Süden des Landes von der Terrorgruppe zurückzuerobern. Das Gebiet gilt als wichtige Transitstrecke der Gruppe.
Zwei Wochen später konnten somalische Sicherheitskräfte in Mogadischu einen wichtigen Kommandanten der Miliz festnehmen, der dort Anschläge plante. Und im Südwesten des Landes wurde bei einem Drohnenangriff Aden Garar getötet, einer der mutmaßlichen Drahtzieher der Terrorattacke auf das Einkaufszentrum Westgate in Nairobi, bei dem 2013 mindestens 67 Menschen ums Leben gekommen waren.
Überhaupt weckt der jüngste Angriff Erinnerungen an das Westgate-Drama. In beiden Fällen gelang es den Sicherheitskräften lange Zeit nicht, die Gebäude wieder unter Kontrolle zu bringen. In Westgate führte eine Erstürmung des Zentrums nach vier Tagen zum blutigen Ende der Geiselnahme. Zudem war weder in Nairobi noch in Garissa klar, wie viele Menschen sich genau in der Gewalt der Extremisten befanden.
„Großangelegtes Projekt“ zur Grenzsicherung
„Ich rufe alle Kenianer auf, Ruhe zu bewahren, bis die Normalität wiederhergestellt ist“, versuchte Polizeichef Joseph Boinnet am Donnerstag die Bevölkerung zu beschwichtigen. Aber ruhig sind die Menschen in dem ostafrikanischen Land schon lange nicht mehr. Denn der anhaltende Terror hat nicht nur den Tourismus im einstigen Safariparadies zum Erliegen gebracht, auch die Behörden wirken völlig hilflos im Kampf gegen die Islamisten.
Erst in der vergangenen Woche hatte die Regierung angekündigt, die Kontrollen an der 700 Kilometer langen Grenze zu Somalia drastisch zu verstärken. „Das ist ein großangelegtes Projekt, das unter anderem die Einrichtung von Pufferzonen, elektronische Überwachungen und verstärkte Patrouillen vorsieht“, hatte der Sprecher des Innenministeriums, Mwenda Njoka, verkündet. Die Grenze sollte so weniger durchlässig für somalische Dschihadisten werden. Genutzt hat es bisher nichts.
Carola Frentzen, dpa
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