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„Wie aus der großen Oper“

Das mutmaßliche Mordgeständnis des US-Millionärs Robert Durst in der Doku „Jinx“ (Unglücksbringer) ist aus der Sicht von Andrew Jarecki, dem Regisseur des TV-Mehrteilers, ernst zu nehmen. Noch vor der Ausstrahlung der Doku hatte Jarecki gegenüber Journalisten gemeint, er sei während der Dreharbeiten „zu einer festen Überzeugung gelangt“, was Dursts Schuld oder Unschuld angehe.

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Den TV-Zusehern werde es nicht anders als ihm selbst ergehen, prophezeite Jarecki: Wer alle sechs Folgen bis zum Ende ansehe, werde „wissen, was passiert ist“. Der US-Bezahlsender HBO strahlte den ersten Teil der Serie am 8. Februar aus. An jedem weiteren Sonntag wurde eine weitere Folge gesendet - bis zum vergangenen Wochenende, mit der Verhaftung Dursts in New Orleans als dramatischem Epilog. Vorwürfe von bewusster Sensationsheischerei wies Jarecki zurück. Er wollte laut eigenen Aussagen lieber einen Film als eine Serie machen.

Zuerst Spielfilm mit Ryan Gosling als Durst

Filmerfahrung mit Dursts Schicksal hatte Jarecki bereits: 2010 führte er Regie bei dem Spielfilm „All Beauty Must Die“ mit Ryan Gosling und Kirsten Dunst - eine, trotz ein paar geänderter Details eindeutigen Nacherzählung von Dursts Leben und dem Verschwinden und Tod von Menschen in seiner engsten Umgebung. Vor dem Spielfilm hatte Jarecki laut eigener Aussage keinen Kontakt zu Durst - dieser meldete sich aber unmittelbar nach dem Film und erklärte sich zu Interviews bereit.

Jarecki stand schließlich mit endlos viel abgefilmtem Interviewmaterial da und wusste laut eigener Aussage nicht, was er damit anfangen sollte. Er schnitt ihn zu einem vierstündigen Dokumentarfilm zusammen und musste dabei laut seinen Worten noch immer viel zu viel sehenswerte Erzählstränge unter den Tisch fallen lassen. Freunde und Bekannte, darunter der inzwischen verstorbene Regie-Doyen Mike Nichols, sollen ihm geraten haben, einen TV-Mehrteiler daraus zu machen.

Regisseur sieht Serie als Sechsstundenfilm

Jarecki will bei seiner Zustimmung zu einem TV-Mehrteiler vor allem die DVD-Käufer im Blick gehabt haben. Bei immer mehr „Binge-Watchern“, die Serien nicht im TV, sondern oft in einem Stück auf DVD ansehen, habe er sein Konzept eines sechsstündigen Dokumentarfilms umsetzen können, so Jarecki. Auf eine andere Art habe er die Lebensgeschichte „wie aus der großen Oper“ nicht erzählen wollen: Wo sonst finde man jemanden, der in privilegierteste Verhältnisse geboren werde und schließlich am untersten Ende der Gesellschaft stehe.

Der 71-jährige Robert Durst hätte das Immobilienimperium seines Vaters Seymour Durst erben sollen, doch der Vater setzte kurz vor seinem Tod wegen Roberts „seltsamen Benehmens“ doch dessen Bruder Douglas als Erben ein. Die beiden Brüder leben seither in tiefer Feindschaft: Robert nennt Douglas einen „Schwächling“, der pressescheue Douglas lässt meist über Anwälte wissen, dass er Robert für einen Geisteskranken, Lügner und zumindest potenziellen Mörder hält.

Durchbruch mit umstrittenem Dokumentarfilm 2003

Jarecki hat Erfahrung mit dem Erzählen tatsächlich stattgefundener Verbrechen. Seinen Durchbruch hatte er im Jahr 2003 mit dem vielfach ausgezeichneten Dokumentarfilm „Capturing The Friedmans“ über die Verhaftungen in einer Familie wegen Kinderpornografie und Missbrauchs. Damals stellte er sich auf die Seite der Verhafteten, denen nach Darstellung des Films ein Prozess gemacht wurde, der in keiner Weise den Anforderungen eines Rechtsstaates genügte. Opfervertreter warfen Jarecki damals allerdings vor, er habe ihre Seite verfälscht dargestellt, um das beabsichtigte Konzept des Films nicht zu stören.

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