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Flüchtende „Dschihad-Touristen“ getötet?

Vom irakisch-syrischen Grenzgebiet ausgehend reicht der Einfluss der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) inzwischen bis in den Libanon und nach Libyen - zuletzt auch durch die Entführung eines Österreichers und anderer Ausländer demonstriert. Im Irak sind die Dschihadisten derzeit jedoch in der Defensive und antworten darauf mit umso mehr Terror gegen die Bevölkerung, aber auch die eigenen Leute.

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Laut Angaben von Augenzeugen in den derzeit umkämpften Gebieten soll der IS 30 Anhänger getötet haben, weil diese vor Kämpfen mit der irakischen Armee geflohen waren. Demnach hat der IS eine Spezialeinheit geschaffen, die geflohene Kämpfer verfolgen soll. Augenzeugen berichteten am Montag, die Leichname der „Deserteure“ seien nördlich der Provinzhauptstadt Tikrit verbrannt worden. Die irakische Armee und schiitische Milizen starteten vor einer Woche eine Großoffensive, um Tikrit vom IS zu befreien.

Leichen zur Abschreckung aufgehängt

Tikrit liegt an einer wichtigen Verbindungsstraße zwischen der rund 170 Kilometer entfernten Hauptstadt Bagdad und der IS-Hochburg Mossul im Nordirak - die Stadt ist damit ein wichtiges Etappenziel in der bisher größten Offensive gegen den IS im Irak. Kurdische Kämpfer im Nordirak starteten zudem am Montag ihre Offensive gegen IS-Verbände vor der Stadt Kirkuk. Die USA und ihre Verbündeten führten begleitende Luftschläge gegen die Islamistenmiliz aus. Auch dort reagierte der IS mit Terror als Mittel der Einschüchterung.

Karte zeigt Nordirak

APA/ORF.at

Kampfschauplätze im Irak

Wie örtliche Behördenvertreter und der irakische Polizeigeheimdienst am Montag bestätigten, töteten IS-Milizen in Hawija bei Kirkuk 20 Iraker. Die Opfer wollten paramilitärischen Einheiten beitreten, die zur Vertreibung der sunnitischen IS-Dschihadisten aufgebaut werden. Im Internet tauchten Bilder von mehr als einem Dutzend Leichen auf. Die Männer sind an ihren Füßen an Masten aufgehängt. Über den Leichen prangt die schwarze IS-Flagge. In Beschriftungen der Fotos wird darauf angespielt, dass es sich bei den Toten um Schiiten handelt.

Kurden vermelden Erfolge vor Kirkuk

An mehreren Frontabschnitten westlich von Kirkuk konnten die Kurdenmilizen am Montag laut eigenen Angaben Geländegewinne erzielen. Die Kurden hatten die Kontrolle über Kirkuk im August übernommen, nachdem die irakische Armee dem IS im Norden des Irak gewichen war. Die IS-Kämpfer waren bis auf 20 Kilometer an Kirkuk herangerückt. Die Stadt war daher ständig bedroht. Ende Jänner hatte der IS Verteidigungsstellungen der Peschmerga vor Kirkuk überrannt.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete unterdessen ebenfalls von IS-interner Gewalt. Demnach kamen im Norden Syriens mindestens neun Menschen bei Gefechten zwischen IS-Anhängern und abtrünnigen IS-Kämpfern ums Leben. Eine Gruppe von zehn ausländischen Extremisten habe zuvor versucht, über die Türkei in ihre Heimatländer zurückzukehren, so die Nichtregierungsorganisation. Neun von ihnen waren laut den Aussagen „Dschihad-Touristen aus dem Westen“.

Kampf ums Öl in drei Staaten

In der Nacht auf Montag attackierten internationale Kräfte zudem eine vom IS betriebene Ölraffinerie in Syrien nordöstlich der Stadt Tal Abiad, unmittelbar an der Grenze zur Türkei. Unter den Dutzenden Toten seien sowohl Arbeiter der Raffinerie als auch IS-Kämpfer, hieß es. Die Ölverkäufe gehören zu den wichtigsten Einnahmequelle der Dschihadisten. Das eint auch alle derzeitigen Kampfschauplätze: Kirkuk ist das Zentrum der irakischen Ölförderung, in Mossul ist der Großteil der dazugehörigen Raffinerien.

Auch der IS-Überfall auf das libysche Ölfeld al-Ghani, bei dem am Freitag neben anderen dort tätigen Ausländern ein Österreicher entführt wurde, dokumentiert die aktuellen Bestrebungen des IS, die Ölindustrie der umkämpften Länder noch mehr als bisher unter seine Kontrolle zu bringen. Schätzungen zufolge nimmt die Miliz allein in Syrien mit Ölgeschäften täglich mehr als eine Million Dollar (912.000 Euro) ein, obwohl die Förderung nur bei einem verschwindenden Bruchteil des Niveaus vor dem Bürgerkrieg liegt.

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