Stimmenstarke Parteien bevorzugt
Derzeit bevorzugt das Wiener Wahlrecht stimmenstarke Parteien - und damit vor allem die SPÖ. Der Grund liegt in der speziellen Berechnungsmethode, die es den Roten leichter macht, mehr Mandate in den großen Flächenbezirken abzuschöpfen. Nach jeder Wien-Wahl werden 100 Sitze im Gemeinderat bzw. Landtag vergeben.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Das passiert in einem zweistufigen Verfahren, das in der aus 1996 stammenden Gemeindewahlordnung festgelegt ist. Im ersten Schritt geht es um die 18 Wahlkreise, in die Wien unterteilt ist. Sie sind grundsätzlich mit den Bezirken ident - mit Ausnahme des 1., 4., 5. und 6. sowie des 7., 8. und 9. Bezirks, die jeweils zu einem Wahlkreis zusammengefasst werden. In diesen Wahlkreisen werden die Grundmandate vergeben, wobei sich deren Anzahl nach den wahlberechtigten Personen des jeweiligen Wahlkreises richtet.
Grundmandate werden „billiger“
Als Voraussetzung dafür braucht es die Wahlzahl. Sie legt fest, wie viele absolute Stimmen man für je ein Grundmandat braucht. Ermittelt wird sie, indem die Anzahl der abgegebenen gültigen Stimmen durch die Anzahl der zu vergebenden Grundmandate plus eins dividiert wird. Und genau um dieses historisch gewachsene „plus eins“ dreht sich die rot-grüne Debatte. Denn durch diesen Zusatz werden die benötigten Stimmen gesenkt, die Grundmandate werden also „billiger“. Gibt es etwa zehn Mandate zu holen, braucht man dafür nicht zehn Prozent, sondern nur 9,09 Prozent der Stimmen.
In Flächenbezirken (z. B. Floridsdorf, Donaustadt und Favoriten), die viele Grundmandate zu vergeben haben, ist die SPÖ traditionell stark. Sie kann folglich viele dieser „billigen“ Grundmandate abschöpfen - was in der Vergangenheit dazu führte, dass die Roten mit insgesamt weniger als 50 Prozent der Stimmen trotzdem die absolute Mandatsmehrheit einheimsen konnten. Die Grünen wollten dieses „plus eins“ ursprünglich gegen null senken, die Sozialdemokraten an diesem „Verzerrer“ möglichst festhalten.
Restmandate relativ „teuer“
Dann gibt es einen zweiten Schritt der Mandatsermittlung. In diesem werden die Restmandate zugewiesen - also jene Gemeinderatssitze, die durch Grundmandate nicht schon vergeben sind. Dafür werden alle Reststimmen aus dem ersten Schritt sowie jene Stimmen von Parteien, die zwar die Fünfprozenthürde geschafft, aber kein Grundmandat erreicht haben, herangezogen.
Die Verteilung in diesem Verfahren ist etwas komplexer, hat aber grundsätzlich keinen mehrheitsfördernden Mechanismus eingebaut. Allerdings: Die Berechnungsmethode macht Restmandate relativ „teuer“, wodurch kleine Parteien ihren Grundmandate-Nachteil nur schwer aufholen können.
Link: