Wahlkampf hat schon begonnen
Die erste Runde hat die linke Oppositionspartei SYRIZA mit ihrem Chef Alexis Tsipras gewonnen: Die von Ministerpräsident Antonis Samaras der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) aus Kalkül angesetzte Präsidentenwahl ist auch im dritten Anlauf gescheitert - nun muss das Parlament neu gewählt werden, wobei SYRIZA die besten Chancen hat. Was dann kommt, ist vorerst völlig offen.
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Samaras hatte klare politische Verhältnisse für harte Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern schaffen wollen - und ist damit gescheitert, so wie es eigentlich alle Experten vorhergesagt hatten.
Tsipras wollte die Präsidentenwahl von Anfang an als Hebel benutzten, um vorgezogene Parlamentswahlen zu erzwingen. Die Linken haben deswegen auch keinen eigenen Kandidaten benannt. Der SYRIZA-Chef nannte Samaras den „Regierungschef des Chaos“, weil er dem Volk Angst vor vorgezogenen Wahlen mache.

APA/EPA/Pantelis Saitas
Tsipras (vorne rechts) am Montag im Parlament
SYRIZA deutlich voran
Nur: In allen Umfragen liegt SYRIZA deutlich voran. Eine Umfrage von Rass für die Zeitung „Eleftheros Typos“ sah SYRIZA kurz vor Weihnachten bei 27,1 Prozent der Stimmen, Nea Dimokratia nur bei 23,7 Prozent. Bei einer Umfrage für das Blatt „Efimerida ton Syntakton“ würden derzeit 23,3 Prozent der Befragten ihre Stimme SYRIZA geben, nur 20,1 Prozent der ND.
An dritter Stelle in der Wählergunst steht die neofaschistische Goldene Morgenröte mit 6,1 Prozent, gefolgt von der Kommunistischen Partei (KKE) mit 4,9 Prozent und der zentristischen Potami mit 4,2 Prozent. Die mit der ND regierende sozialdemokratische und ehemals starke PASOK würde mit 3,1 Prozent gerade noch den Einzug ins Parlament schaffen, im Gegensatz zu den rechtsgerichteten Unabhängigen Griechen und der Demokratischen Linken (DIMAR).
Ende des Sparkurses als Schreckgespenst
SYRIZA kann genau damit punkten, womit die Partei bereits 2012 plötzlich auf der politischen Landkarte aufgetaucht ist. Die Partei ist gegen den strikten Sparkurs der Regierung, den die Kreditgeber von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF) als Bedingung für die Hilfsgelder durchgesetzt haben. Tsipras will einen Schuldenschnitt, die Löhne auf das Niveau vor der Krise anheben, entlassene Staatsbedienstete wieder einstellen und Privatisierungen zurücknehmen.
Schon damals wurde vor dem Schreckgespenst, die Linke würde das Land in den Ruin führen, gewarnt. Samaras konnte mit diesem Kniff SYRIZA bei der zweiten Parlamentswahl 2012 auch einigermaßen in Schach halten.
Schützenhilfe der EU
Und auch nun sind die Reaktionen ähnlich: Samaras warnte am Montag in einer Fernseh- und damit seiner ersten Wahlkampfrede vor „neuen Abenteuern“ und beschwor die Stabilität des Landes. Und wieder kann er auf Schützenhilfe der EU hoffen. Der Chef der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, machte bereits Mitte Dezember keinen Hehl daraus, was er sich wünscht. In der ORF-Sendung „Inside Brüssel“ sagte er, die Griechen wüssten sehr genau, „was ein falsches Wahlergebnis für Griechenland und die Euro-Zone bedeuten würde“.
Ähnliche Reaktionen kamen am Montag aus Deutschland. Und der Internationale Währungsfonds (IWF) setzte seine Notkredite für Griechenland bis zur Bildung einer neuen Regierung aus. Die nächste Kredittranche könne erst ausgezahlt, wenn nach der Neuwahl eine neue Regierung gebildet worden sei, teilte der IWF mit.
Spardiktat auch international hinterfragt
Doch das Warnen vor einem Katastrophenszenario ist freilich auch ein politischer Schachzug. SYRIZA geht es - wie schon 2012 - um ein selbstbewusstes Auftreten Griechenlands gegenüber den Geberländern, um in den Verhandlungen bessere Ergebnisse herausholen zu können. Ein Ausstieg aus der Euro-Zone kommt für Tsipras sowieso nicht infrage, bei einigen Punkten wird er wohl nachgeben müssen.
Doch der strikte Sparkurs, der in den Krisenjahren als politisches Nonplusultra galt, ist mittlerweile nicht mehr selbstverständlich. Selbst IWF und Co. mussten zugeben, dass eine sinnvolle Investitionspolitik vielleicht bessere Wirtschaftsergebnisse bringen würden.
Kompromisse in Griechenland, Partner im Ausland
Und Tsipras selbst wird bei Suche nach politischen Partnern Kompromisse machen müssen: Seine Partei kann zwar auf einen Wahlsieg hoffen, nicht aber auf eine absolute Mehrheit im Parlament. Partner zu finden könnte sehr schwer werden. Eine lange Regierungsbildung mit ungewissem Ausgang könnte Griechenland anschließend in eine lähmende Phase stürzen.
Auf der anderen Seite steht SYRIZA nicht mehr allein da: Tsipras will den europäischen Süden vereinigen, um die Stimme der Südländer in der EU stärker hörbar zu machen. Mit Podemos in Spanien steht plötzlich eine Partei an der Spitze der Umfragen, die diese Ziele teilt. Podemos hat ihren Ursprung in der Protestbewegung der vergangenen Jahre, in dem von Korruptionsskandalen gebeutelten Spanien hat die Partei nun ungeahnten Zulauf.
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