Die „Wolke“ über dem „Kristall“
Der Wettbewerb hat 2001 stattgefunden, der Baubeginn 2010. Am Samstag eröffnet nun endlich der neueste Museumsbau des österreichischen Architekturbüros Coop Himmelb(l)au. Das Musee des Confluences in Lyon - gebaut am Zusammenfluss (Confluent) von Saone und Rhone - soll auf vielfältige Weise Gegenwart und Zukunft ebenso verbinden wie öffentlichen Raum und Museumsbau.
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Hinter Stadtautobahnen entsteht rund um das 180 Meter lange, 90 Meter breite und 37 Meter hohe Museum ein großer Garten, der ebenso frei zugänglich sein wird wie Restaurant, Boutique, Buchshop und das Terrassencafe auf dem Dach mit spektakulärem Rundblick.
Coop-Himmelb(l)au-Elemente weiterentwickelt
Für das Projekt hat Wolf Dieter Prix mit seinem Team die an seinen früheren großformatigen Museums- und Kongressbauten erprobten Architekturelemente Coop Himmelb(l)aus weiterentwickelt: Sockel, Kristall und Wolke.

Duccio Malagamba
Der Hauptteil des Gebäudes ist außen mit Metallpaneelen verkleidet
Im Betonsockel sind unter anderem zwei Auditorien, Garderoben und die Betriebstechnik untergebracht. Der aus Glas und Metall konstruierte „Kristall“ fungiert als großzügiges Foyer und als mit seiner kühnen Konstruktion beeindruckende Erschließungszone. Die auf Säulen ruhende und mit Metallpaneelen verkleidete „Wolke“ beherbergt die Ausstellungsräumlichkeiten.
Wo sich Themen und Blicke kreuzen sollen
„Im Musee des Confluences fließt alles zusammen. Wir bieten Querschnitte und Seitenblicke, bei uns kreuzen sich Themen und Blicke. Wir erzählen komplexe Geschichten aus unterschiedlichen Perspektiven“, erklärt Museumsdirektorin Helene Lafont-Couturier, die deutlich lieber über Inhalte als über Kosten spricht. Kein Wunder: Seit Anfang Dezember der Steuerzahlerbund Contribuables actifs du Lyonnais (Canol) das Projekt als Misswirtschaft anprangerte, an die zumindest Vervierfachung der Baukosten erinnerte und auch die aktuellen offiziellen Zahlen (255 Mio. Euro, plus zwölf bis 15 Mio. Euro jährliches Betriebsbudget) anzweifelte, wird wieder vermehrt über Geld geredet.
Zumal jene Projekte, mit denen auch die Stadtväter das neue Museum gerne vergleichen, deutlich billiger waren: das Centre Pompidou in Metz (65 Mio.), der Louvre in Lens (150 Mio.), das MuCEM in Marseille (190 Mio.) - ja sogar das weltbekannte Guggenheim-Museum in Bilbao (150 Mio.). Doch Medien von „Liberation“ bis „L’ Express“ gaben in ihrer breiten Vorberichterstattung zu: Hier entsteht etwas Besonderes. Und dieses Besondere beruht auf drei Faktoren - Lage, Hülle und Inhalt.

Duccio Malagamba
Das Musee des Confluences liegt am Zusammenfluss von Rhone und Saone
Die dem Museum zugrunde liegende Sammlung von über 2,2 Millionen Objekten wurde seit dem 17. Jahrhundert zusammengetragen und widmet sich der Stellung des Menschen und seiner kulturellen Entwicklung im großen globalen und geschichtlichen Zusammenhang. Ammoniten und Meteoriten befinden sich in diesem „Kuriositätenkabinett des 21. Jahrhunderts“ ebenso wie prähistorische Artefakte, Samurai-Rüstungen, Tiermumien und umfangreiche Bestände von Musikinstrumenten und Schuhen.
Museum hofft auf 500.000 Besucher pro Jahr
In der 3.000 Quadratmeter großen Permanentausstellung sollen in vier fächerübergreifenden Themenbereichen das komplexe Wissen der Menschheit und die sehr unterschiedlichen Kollektionen des Museums zusammenfließen. Die Ursprünge des Kosmos seit dem Urknall, die Einordnung des Menschen in die Biodiversität, der Mensch als soziales Wesen sowie das Ende des Lebens und der Umgang mit dem Tod sind die zentralen Kapitel.

Duccio Malagamba
Aus einem imposanten Glasfoyer, dem „Kristall“, gelangt man über Rolltreppen oder einen geschwungenen, sich in die Höhe schraubenden Pfad in die „Wolke“
Dazu kommen Wechselausstellungen, mit denen das Museum, das 500.000 Besucher pro Jahr erwartet, auch für die örtliche Bevölkerung attraktiv bleiben soll. „Man mag es oder man mag es nicht. Jeder hat eine Meinung dazu. Ich finde das sehr gut,“ so Lafont-Couturier. Die Initiatoren erhoffen sich vom neuen Museum den Bilbao-Effekt. Ob dieser Wunsch in Erfüllung geht, wird sich nun - 13 Jahre nach der Ausschreibung des Wettbewerbs - bald zeigen.
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