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Zurück am Ort der ehemaligen Geschäfte

Seit 2012 kümmert sich der Verein Stadtschrift um die Demontage und Lagerung der Fassadenschriften von aufgelassenen Geschäften, organisiert die Renovierung und stellt sie mittlerweile auch dort aus, wo sie hingehören: mitten in der Stadt. Von der Feuermauer eines Gymnasiums beleuchtet bereits eine erste Auswahl alter Fassadenschriften die Sperlgasse im zweiten Wiener Gemeindebezirk.

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Zündendes Element für den Verein war die private Verbindung zwischen dem Grafiker Roland Hörmann und der Kulturmanagerin Birgit Ecker. Hörmann wurde schon als Kind durch die Letraset-Buchstabenkataloge seines Vaters mit dem Schriftenvirus infiziert, anfangs interessierte ihn hauptsächlich die Typografie. Eckers Zugang waren vor allem die Veränderungen im Stadtbild, mittlerweile will natürlich keiner von beiden mehr einen der Aspekte missen.

Um das Sammeln an sich geht es ihnen dabei nicht, nur gibt es leider mehr Schriften in den Lagerräumen als verfügbare Ausstellungsplätze in der Stadt. Zusammen mit ORF.at haben sie daher einige der schlafenden Schönheiten gehoben und wenigstens für ein kurzes Foto zu den Orten der ehemaligen Geschäfte zurückgebracht.

Fassadenschriften in Wien

ORF.at/Roland Winkler

„Salon“ gesucht: Ein besonders schönes Beispiel ist der Frisiersalon an der Hernalser Hauptstraße, bei dem die Fassade in ihrer ursprünglichen Form renoviert wurde. Den „Salon“ hat man ihnen vor der Nase weggeschnappt, das „Frisier“ konnten sie in letzter Sekunde retten.

Fassadenschriften in Wien

ORF.at/Roland Winkler (Montage)

Bei diesem schönen Expressa-Schriftzug half auch der ehemalige Geschäftsinhaber Friedl Fraenkel persönlich beim Inszenieren mit (Bildmitte). Trotzdem waren es mehr Buchstaben als Hände.

Fassadenschriften in Wien

Roland Hörmann

Ecker: „Eigentlich ist unser Zweck, dass wir mit dieser Initiative ein bisschen wachrütteln wollen: dass sich das Stadtbild komplett verändert, dass das wirklich besondere, Wien-spezifische Sachen sind. Es ist wichtig, den Zweck zu erklären, die Dinge wieder in den öffentlichen Raum zu bringen, nicht damit Kohle zu machen.“

Fassadenschriften in Wien

ORF.at/Roland Winkler

Für diese Fotos wurden keine Stadtschriften gequält oder ihrer Art unangemessen behandelt

Fassadenschriften in Wien

ORF.at/Roland Winkler

Hörmann: „In Wien gibt es viele verbundene Script-Schriften (Schreibschriften), die etwa in Berlin nicht so häufig waren, dort waren sie größer, blockiger.“

Fassadenschriften in Wien

ORF.at/Roland Winkler

„Zu Vermieten“ ist meistens der traurige Auftakt einer Schriftrettung. Es folgen zahlreiche Telefonate, oft gibt es zum Schluss nur ein kleines Zeitfenster zur Demontage, dann muss alles schnell gehen.

Fassadenschriften in Wien

ORF.at/Roland Winkler

Wer wie Ecker und Hörmann mit wachen Augen durch die Stadt geht, findet viele erhaltenswerte Schriftzüge

Fassadenschriften in Wien

ORF.at/Roland Winkler

Bis zur weiteren Verwendung ist dann großer, trockener Lagerraum gefragt. Im durchschnittlichen Wiener Altbaukeller ist es jedenfalls zu feucht.

Fassadenschriften in Wien

ORF.at/Roland Winkler

Die Renovierung ist aufwendig, erfordert viel Fachkenntnis und Handarbeit. Nur noch wenige können die Glasröhren der Neonschriftzüge neu biegen, wie hier Miro bei der Firma Weinwurm.

Fassadenschriften in Wien

Roland Hörmann

Dass sich der lange Weg lohnt, sieht man auch gut an Anfang und Endpunkt der Reise einer Schrift: oben am aufgelassenen Geschäft von der Verschrottung bedroht, unten renoviert als Prunkstück der dauerhaften Ausstellung im öffentlichen Raum

Fassadenschriften in Wien

Klaus Pichler

Gemeinschaftswerk: Ein Teil der Schriften stammt von den Sammlern Walter Salzmann und Christian Prochazka. Letzterer war auch an der Konzeption beteiligt. Die Instandsetzung übernahm auf eigene Kosten die Firma Weinwurm, den Restbetrag für Montage und Elektrik sponserte der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband Wien.

Fassadenschriften in Wien

ORF.at/Roland Winkler

Wer selbst die Stadt auf der Suche nach schönen Fassadenschriften durchforsten will, dem seien die von Stadtschrift gemeinsam mit dem Wien Museum ausgearbeiteten Touren wärmstens ans Herz gelegt

Roland Winkler, ORF.at

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