Land in „Einmannstaat“ verwandelt
Der im US-Exil lebende islamische Prediger Fethullah Gülen hat das Vorgehen der türkischen Behörden gegen Andersdenkende als „Hexenjagd“ gebrandmarkt. „Das bestehende politische System stempelt nicht nur Menschen als schädliche Elemente ab, die unsere Bewegung unterstützen, sondern fast alle, die nicht der Macht nahestehen oder Geschäfte mit ihr machen wollen“, so Gülen zur „Süddeutschen Zeitung“.
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Gülens Hizmet-Bewegung kämpfte früher vor allem gegen die Macht des Militärs in der Türkei. Inzwischen kämpfe seine Bewegung „gegen das Joch einer Partei“, sagte Gülen unter Hinweis auf die vom heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegründete Regierungspartei AKP. Unter der Herrschaft Erdogans sei die Türkei zu einem „Parteienstaat und eigentlich sogar Einmannstaat“ geworden. Dadurch verliere die Türkei im Ausland „jeden Tag an Ansehen“.
Selbst gewähltes Exil in den USA
Gülen lebt seit 1997 in den USA im selbst gewählten Exil, nachdem die türkischen Behörden ihm islamistische Umtriebe vorhielten. Erdogan, der Gülens Auslieferung beantragt hat, wirft Gülens Hizmet-Bewegung vor, staatliche Institutionen unterwandert zu haben, um die Regierung zu stürzen. Auch hinter den vor einem Jahr aufgetauchten Korruptionsvorwürfen gegen seine Regierung sieht Erdogan die Gülen-Bewegung.
Die meisten der Korruptionsvorwürfe gegen Erdogan und seine Regierung wurden durch das Abhören von Telefongesprächen bekannt. Die Informationen wurden anschließend über Soziale Netzwerke veröffentlicht. Als Reaktion ließ Erdogan noch vor seinem Wechsel vom Amt des Ministerpräsidenten in das Amt des Staatschefs im August Tausende mutmaßliche Gülen-Anhänger in Polizei und Justiz versetzen und Schulen der Gülen-Bewegung schließen.
Twitter und die Videoplattform YouTube ließ Erdogan sperren. Die Sperren wurden aber vom türkischen Verfassungsgericht aufgehoben. Die eingeleiteten Korruptionsverfahren wurden inzwischen allesamt folgenlos eingestellt. Gülen bestritt, hinter den Korruptionsvorwürfen zu stehen und einen „Parallelstaat“ in der Türkei aufgebaut zu haben.
Mehrere Millionen Anhänger
Gülens Bewegung hat in der Türkei mehrere Millionen Anhänger und verfügt über Einfluss im Staatsapparat. Bis zum vergangenen Jahr zählte die Hizmet-Bewegung zu den Unterstützern Erdogans, insbesondere im Kampf gegen den politischen Einfluss der Militärs. Erdogan hatte Gülen unlängst direkt herausgefordert: Wenn Gülen Politik machen wolle, solle er eine Partei gründen und sich zur Wahl stellen.
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