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„Keine militärischen Manöver“

Russische Kriegsschiffe sind einem Agenturbericht zufolge für ein Manöver in den Ärmelkanal eingefahren. „Am Freitag passierte ein Verband von Kriegs- und Versorgungschiffen der Nordflotte die Straße von Calais“, heißt es in der Mitteilung der Nachrichtenagentur Ria Nowosti unter Berufung auf die russische Marine.

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Das Geschwader aus drei russischen Fregatten und einem Versorgungsschiff befinde sich nun in neutralem Gewässer im Ärmelkanal, so die Agentur weiter. An der Spitze stehe das große U-Boot-Abwehrschiff „Seweromorsk“, begleitet von dem großen Landungsschiff „Alexander Otrakowski“, dem Tanker „Dubna“ und dem Rettungsschlepper „SB-406“. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, die Kriegsschiffe seien am 20. November aus dem Hafen Murmansk nahe der Barentssee ausgelaufen.

Vor Sturm in Sicherheit gebracht

Während der Fahrt sollen laut der russischen Marine an Bord Übungen abgehalten werden. So wird unter anderem die Abwehr von Unterwasserangriffen, das Passieren von engen Abschnitten - der Ärmelkanal misst an seiner schmalsten Stelle nur 34 Kilometer - sowie das Verhalten bei Eindringen von Wasser und bei einem Brand trainiert.

„The Channel“ gehört mit täglich etwa 400 bis 500 Schiffspassagen zu den meistbefahrenen und wegen seiner Enge gefährlichsten Wasserstraßen der Welt. Das Geschwader warte derzeit in einer Bucht vor der Küste der Normandie ab, bis ein Sturm vorüberziehe. Danach geht die Fahrt in den Nordostatlantik weiter. Im Zuge der Ukraine-Krise hatten sowohl die NATO als auch Russland die Anzahl ihrer Manöver in Europa deutlich erhöht.

Fehlende Bereitschaft zur Deeskalation

Deutschland kritisierte die Übung mit Blick auf die im Konflikt um die Ukraine ohnehin gespannte Lage zwischen Russland und dem Westen. „Dieses Manöver, auch wenn es sozusagen in internationalen Gewässern stattfindet, ist nicht unbedingt ein Zeichen, um die Bereitschaft zur Deeskalation zu unterstreichen“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz am Freitag in Berlin.

Zuletzt vor dem G-20-Gipfel in Australien ließ der russische Präsident Wladimir Putin in einer Machtdemonstration vier Kriegsschiffe vor die Küste Australiens verlegen. Auch im Mai war bereits eine russische Flotte von sieben Kriegsschiffen in den Ärmelkanal gefahren. Die Fregatten wurden zwar von der britischen Navy eskortiert. Diese sprach allerdings von einem Routinevorgang, da die Durchquerung des Gewässers von russischer Seite angekündigt war.

NATO: „Keine militärischen Manöver“

Die NATO hat gelassen auf die Einfahrt russischer Kriegsschiffe in den Ärmelkanal reagiert. „Nach unseren Erkenntnissen sind die Schiffe auf der Durchreise und wurden vom schlechten Wetter aufgehalten“, erklärte die westliche Militärallianz am Freitag in Brüssel. „Sie führen aber keine Manöver durch, wie es uns manche russische Schlagzeilen glauben machen wollen.“

Auch die französische Marine erklärte, der Aufenthalt der russischen Kriegsschiffen sei nicht ungewöhnlich. „Sie halten kein Manöver ab“, sagte ein Sprecher. „Sie warten einfach nur in einem Gebiet, wo sie sich manchmal mehrmals im Jahr aufhalten.“ „Das ist überhaupt nichts Besonderes und auch keine Provokation, sondern ein ganz normales Verfahren“, so auch die deutsche Marine. Das sei durchaus üblich und etwas anderes als ein Manöver, das einen größeren Umfang hätte.

Der Ärmelkanal zähle wie etwa die Straßen von Gibraltar oder Hormus zu den internationalen Seeschifffahrtsstraßen, die für jeden frei durchfahrbar seien, hieß es. Das gelte auch für Kriegsschiffe, die dort weder ihre Radaranlagen abschalten noch sich anmelden müssten. Auch dass die russischen Kriegsschiffe in einer Bucht vor der Normandie einen Sturm abwarteten, sei durchaus üblich.

Auch ungewöhnlich viele Übungen in der Luft

Russland hält seit mehreren Wochen Militärmanöver mit verschiedenen Streitkräften weit außerhalb seiner Grenzen ab - auch mit Langstreckenbombern. Die NATO hatte die Übungen als ungewöhnlich bezeichnet. Allerdings halten sich die russischen Streitkräfte in neutralen Gewässern oder im internationalen Luftraum auf. Russland will damit angesichts der schwersten Krise mit dem Westen seit dem Kalten Krieg offenbar militärische Stärke zeigen.

Russischer Bomber

AP/Royal Air Force

Russischer Langstreckenbomber im internationalen Luftraum

Zuletzt Ende Oktober hatte die NATO ungewöhnlich viele Übungsflüge russischer Kampfjets im internationalen Luftraum, unter anderem über Nord- und Ostsee gemeldet. Seit Jahresbeginn seien rund 400-mal in der direkten Umgebung von Bündnisstaaten russische Kampfjets gemeldet worden. Das seien 50 Prozent mehr derartige Vorfälle als noch 2013, so NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die meisten dieser Flüge hätten zwar den internationalen Luftraum passiert, „aber sie geschehen nahe unseres Luftraums und stören den zivilen Luftverkehr“.

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