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Auch strategische Bomber in der Luft

Mehrmals sind Ende Oktober zwischen dem Baltikum, Portugal und dem Schwarzen Meer Kampfflugzeuge der NATO aufgestiegen, um russische Maschinen zu eskortieren, darunter auch Langstreckenbomber. Das Militärbündnis spricht von einer „ungewöhnlichen“ Häufung russischer Luftmanöver vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts.

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Insgesamt habe die NATO seit Jahresbeginn bereits an die 100 russische Kampfflugzeuge unterschiedlicher Typen im - internationalen - europäischen Luftraum gezählt, heißt es. Das seien dreimal so viele wie im gesamten Vorjahr. Zuletzt seien unter anderem strategische Bomber vom Typ Tupolew Tu-95 (NATO-Codename „Bear“) und Betankungsflugzeuge vom Typ Iljuschin Il-78 identifiziert worden.

Langstreckenbomber Tupolew Tu-95

picturedesk.com/Action Press/RAF

Die Tu-95 kann im Ernstfall mit Atomwaffen bestückt werden

Die Maschinen waren laut NATO über dem Atlantik vor Großbritannien und Portugal sowie der Nord- und Ostsee unterwegs. „Diese umfangreichen Flüge Russlands bedeuten ein ungewöhnlich hohes Niveau von Luftaktivitäten im europäischen Luftraum“, hieß es.

Der neue NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg kritisierte die russische Politik in der Ukraine und die jüngsten Luftmanöver scharf. Die Aktionen Moskaus in der Ukraine verletzten das internationale Recht. Sie hätten außerdem dem gegenseitigen Vertrauen geschadet und seien „eine Provokation für die euroatlantische Sicherheit“, erklärte er.

„Test“ der NATO-Verteidigungssysteme?

An den Abfangmanövern waren britische, norwegische portugiesische und deutsche Maschinen beteiligt, aber auch Abfangjäger aus den Nicht-NATO-Staaten Finnland und Schweden. Die türkische Luftwaffe eskortierte mehrere russische Kampfflugzeuge über dem Schwarzen Meer. Insgesamt waren es laut NATO mindestens 26 russische Flugzeuge. Anfang Oktober hatte das Militärbündnis die erhöhten russischen Luftraumaktivitäten damit erklärt, dass Russland die Verteidigung der NATO-Staaten testen wolle.

Deutscher Eurofighter

AP/Sven Kaestner

Auch deutsche Eurofighter waren über dem Baltikum im Einsatz

Das westliche Militärbündnis kritisierte, dass die russische Luftwaffe bei den Manövern teils weder Flugpläne übermittelt noch Funkkontakt zur zivilen Flugsicherung gehalten habe. Zum Teil hätten die russischen Piloten auch die Transponder ihrer Maschinen, die automatisch Informationen etwa über den Flugzeugtyp übermitteln, abgeschaltet - alles in allem ein potenzielles Risiko für den zivilen Flugverkehr.

Flüge im internationalen Luftraum „völlig legal“

Dieser Einschätzung widersprach allerdings die Deutsche Flugsicherung (DFS). Die russischen Luftmanöver, deretwegen diese Woche auch deutsche Eurofighter aufgestiegen waren, seien „völlig legal“ gewesen, sagte der Sprecher der DFS, Axel Raab. Immerhin hätten sich die russischen Geschwader nur im internationalen Luftraum bewegt. Die Russen seien auch nicht verpflichtet, ihre Transponder einzuschalten oder einen Flugplan mitzuteilen. „Sie müssen sich auch nicht mit der zivilen Flugsicherung in Verbindung setzen“, sagte Raab.

Für die zivile Luftsicherung sei diese Situation allerdings „nicht sehr schön“, weil die Militärflugzeuge nicht unbedingt auf ihren Radargeräten sichtbar seien. Deswegen begleiteten in solchen Fällen oft NATO-Flugzeuge mit eingeschaltetem Transponder die Russen. Die NATO-Jets seien für die zivile Flugsicherung gut sichtbar, die Lotsen könnten zivilen Maschinen dann notfalls Ausweichrouten angeben.

Eine gefährliche Begegnung zwischen einem russischen Militärjet und zivilen Flugzeugen ist nach Einschätzung Raabs unwahrscheinlich. „Die Gefahr eines Zusammenstoßes oder einer gefährlichen Annäherung ist sehr gering, aber man kann es nicht hundertprozentig ausschließen.“

NATO vor Russlands Tür

Russland ist mit seinen Muskelspielen nicht allein. Angesichts der Ukraine-Krise zeigt auch die NATO seit einigen Monaten verstärkt Flagge in Ost- und Nordosteuropa. Damit will sie ein Zeichen der Solidarität mit ihren dortigen Mitgliedsstaaten, die sich angesichts der Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland und der Kämpfe in der Ostukraine von Russland bedroht fühlen, setzen.

Unter anderem führte die NATO trotz Protesten aus Moskau im September gemeinsame Manöver mit der Ukraine (die dem Militärbündnis beitreten will, Anm.) im Schwarzen Meer durch. Nur kurz zuvor hatten die 28 NATO-Staats- und Regierungschefs in Wales einen „Readyness Action Plan“ zur Stärkung ihrer Mitglieder in Osteuropa beschlossen, Manöver mit Tausenden NATO-Soldaten fanden mehr oder minder vor der Tür Russlands statt.

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