SPÖ pocht auf Bonus-Malus-System
Ein neues Langzeitgutachten der Pensionskommission prognostiziert trotz leichter Verbesserungen eine milliardenschwere Lücke im Pensionssystem bis 2060. Die Zuschüsse des Bundes werden stark angehoben werden müssen. In der Regierung werden die Ergebnisse ganz unterschiedlich interpretiert, dementsprechend gehen auch die Rezepte von ÖVP und SPÖ für die Finanzierung des Pensionssystems weit auseinander.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die SPÖ macht weiter gegen den von der ÖVP geforderten „Pensionsautomatismus“ mobil. Eine solche automatische Anpassung des Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung werde es mit der SPÖ nicht geben, stellten Kanzler Werner Faymann und Sozialminister Rudolf Hundstorfer am Mittwoch neuerlich klar.
„Gegen Automaten, für politische Verantwortung“
„Ich bin froh, dass ich mit Rudi Hundstorfer hier stehe und nicht mit einem Automaten“, sagte Faymann gleich zu Beginn der Pressekonferenz im Kanzleramt deutlich. Er wende sich „gegen jeden Automaten, aber für die volle politische Verantwortung, Rede und Antwort zu stehen, ob sich das, was wir an Einzahlungen haben, mit dem, was wir an Auszahlungen haben, ausgeht“, so der Kanzler.

Reuters/Heinz-Peter Bader
Faymann sieht derzeit keinen Grund zur Beunruhigung
„Es ist unverständlich, dass man heute den Eindruck erweckt, dass heute, jetzt der Bedarf bestehe, etwas zu automatisieren“, sagte Faymann in Richtung ÖVP. Denn es liege noch gar kein endgültiges Ergebnis vor, was die bereits gesetzten Maßnahmen im Pensionsbereich bringen. Der SPÖ-Chef verwies auf die Vereinbarung mit dem Koalitionspartner, im Jahr 2016 zu evaluieren, ob die Maßnahmen zur Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters greifen oder nicht.
Falls Nachbesserungen, dann bei Beschäftigung
Das Kontrolldatum sei einzuhalten. „Und wenn sich da herausstellt, es ist noch etwas nachzubessern, dann ist in erster Linie nachzubessern, dass die Leute eine Arbeit finden.“ Denn es sei entscheidend, „ob die Betriebe auch ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufnehmen oder behalten“.
Daher beharrt die SPÖ auf der Einführung des Bonus-Malus-Systems, mit dem Anreize geschaffen werden sollen, dass Unternehmen ältere Mitarbeiter einstellen bzw. im Job halten. Das sei „ein entscheidender Punkt, der gerade aufgeschoben wird, unglücklicherweise“, sah der Bundeskanzler erneut den Koalitionspartner gefordert. Hundstorfer sagte zum wiederholten Male, er hoffe, dass das Bonus-Malus-System nach der Wirtschaftskammer-Wahl „über die Bühne geht“. Darüber hinaus betonte der Minister, dass das Pensionsgutachten heuer besser sei als im Jahr davor.
Einrechnung von Beamtenpensionen gefordert
Gleichzeitig betonten die beiden SPÖ-Politiker, dass es zu einer Einrechnung der Beamtenpensionen ins Pensionsmonitoring kommen müsse. Mit den Beamtenpensionen schaue die Rechnung der Bundeszuschüsse ins Pensionssystem nämlich deutlich besser aus, so das Argument. Hundstorfer legte dazu auch Daten auf den Tisch: Da der Bundesbeitrag zu den Beamtenpensionen von derzeit 2,8 auf 1,0 Prozent des BIP im Jahr 2060 sinken soll, sei auch der Staatszuschuss zu den Pensionen insgesamt nicht so dramatisch, wie wenn man nur die ASVG-Pensionen alleine betrachtet.
Alle Pensionen zusammengerechnet macht der Bundesbeitrag bereits jetzt 5,8 Prozent des BIP aus (gesetzliche alleine 2,9 Prozent) und steigt bis 2060 auf 6,3 Prozent (gesetzliche alleine 5,2 Prozent). Das liegt daran, dass die Zahl der Beamten (aufgrund der bis auf wenige Ausnahmen auslaufenden Pragmatisierungen) und damit auch die Beamtenpensionen immer weniger werden. Auch die verbliebenen Beamtenpensionen werden geringer, weil sie dem ASVG angeglichen werden.
Faymann lobt persönliches Verhältnis zu Vize
Gefragt, ob das positive „Neustart-Feeling“ der Koalition nun aufgrund der Streitereien über die Pensionsautomatik weg sei, sagte Faymann: „Das persönliche Verhältnis mit dem Herrn Vizekanzler (Reinhold Mitterlehner, ÖVP, Anm.) ist gut, die ÖVP ist dieselbe geblieben“ - sie mache seit Jahren dieselben Vorschläge.
Mitterlehner: Geld wird für Bildung fehlen
Nicht besonders harmonisch klang die Replik von Mitterlehner auf Faymanns Pressekonferenz: „Tatenlose Beschwichtigung ist die schlechteste Automatik. Das ist der wahre Zynismus“, so der ÖVP-Chef. „Wir brauchen eine sachliche Diskussion über die Sicherung der Pensionen. Das Handlungsprimat der Politik kann dabei ruhig im Vordergrund stehen, aber wenn nichts passiert, wie es viele Beschwichtiger in der Pensionskommission wollen, muss es einen Automatismus geben.“
Die Pensionen seien „natürlich“ sicher. „Aber wenn wir schon in fünf Jahren 13,5 Milliarden Euro aus dem Bundesbudget in das Pensionssystem zuschießen müssen, fehlt uns Geld für Bildung, Forschung und Investitionen und damit für die jüngere Generation“, so Mitterlehner. ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel sprach von einem „Schönreden“ der Problematik und trat für ein „umfassendes, ehrliches und transparentes Pensionsmonitoring“ ein.
Links: