Wie sich eine Demo zur Krise auswuchs
Im November 2013 hat die damalige ukrainische Regierung die Tür zur EU überraschend zugeschlagen - und das Land damit in eine tiefe Krise gestürzt. Seither wurden Tausende Menschen in einem Konflikt getötet, der sich zur schwersten Ost-West-Konfrontation seit dem Ende des Kalten Krieges ausgewachsen hat.
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21. November 2013: Die ukrainische Regierung legt ein über Jahre ausgehandeltes Assoziierungsabkommen mit der EU auf Eis und wendet sich Russland zu. In den Folgetagen protestieren Zehntausende Menschen gegen diesen Kurswechsel.
1. Dezember: Bis zu 500.000 Menschen versammeln sich auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz (Maidan). Regierungsgegner errichten Zelte und Barrikaden, Hunderte Demonstranten besetzen das Rathaus. Bei Zusammenstößen gibt es 300 Verletzte.
17. Dezember: Moskau sagt Kiew einen Milliardenkredit und billigeres Gas zu. Die Opposition wirft dem kremlfreundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch vor, die Ukraine an Russland zu verkaufen.
19. bis 22. Jänner 2014: Nachdem das Parlament das Versammlungsrecht verschärft hat, kommt es zu heftigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Bis zum Monatsende gibt es vier Tote und 500 Verletzte.
25. Jänner: Janukowitsch bietet Oppositionsführer Arseni Jazenjuk den Posten des Regierungschefs an, sein Vize soll Boxweltmeister Witali Klitschko werden. Die Opposition lehnt ab.
28. Jänner: Ministerpräsident Mikola Asarow tritt zurück. Das Parlament nimmt die Einschränkung des Demonstrationsrechts zurück.
18. bis 20. Februar: In Kiew schießen Sicherheitskräfte auf Demonstranten, fast 90 Menschen werden bei Straßenkämpfen getötet. Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens beginnen eine Vermittlungsmission.
21. Februar: Die Oppositionsführer und Janukowitsch vereinbaren vorgezogene Präsidentschaftswahlen und die Bildung einer Übergangsregierung. Das Parlament beschließt die Rückkehr zur Verfassung von 2004 mit weniger Rechten für den Präsidenten.
22. Februar: Janukowitsch setzt sich überraschend in den Osten der Ukraine ab. Das Parlament enthebt ihn seines Amtes und kündigt vorgezogene Präsidentschaftswahlen an. Oppositionsführerin Julia Timoschenko wird aus der Haft entlassen.
23. Februar: Das Parlament wählt Timoschenkos Vertrauten Alexander Turtschinow zum Übergangspräsidenten.
26. Februar: Russland startet eine gewaltige Militärübung mit 150.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine. Auf der Krim kommt es zu ersten Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern der neuen Führung in Kiew.
27. Februar: Prorussische Milizionäre besetzen den Regierungssitz und das Parlament in der Krim-Hauptstadt Simferopol. Bewaffnete in Uniformen übernehmen die Kontrolle über Flughäfen und blockieren ukrainische Militärstützpunkte auf der Halbinsel.
28. Februar: Kiew wirft Moskau eine „bewaffnete Invasion“ vor.
6. März: Das Krim-Parlament stimmt für den Beitritt zur Russischen Föderation und setzt ein Referendum über die Abspaltung von der Ukraine an.
16. März: Bei dem Referendum stimmt nach Angaben der Organisatoren eine Mehrheit von mehr als 95 Prozent für die Angliederung an Russland.
21. März: Der russische Föderationsrat ratifiziert den Beitritt der Krim.
6. April: Prorussische Separatisten besetzen Verwaltungsgebäude in mehreren Städten der Ostukraine und rufen in Donezk eine „unabhängige Volksrepublik“ aus.
13. April: Kiew entsendet reguläre Truppen sowie Freiwilligenverbände für eine als „Anti-Terror-Einsatz“ deklarierte Militäroffensive in die Ostukraine.
2. Mai: Der blutigste Tag seit dem Machtwechsel in Kiew: Bei einer Militäroffensive in Slawjansk gibt es zehn Tote, in der Hafenstadt Odessa sterben mindestens 42 Menschen bei Straßenschlachten und einem offenbar gezielt gelegten Brand in einem Gewerkschaftshaus.
11. Mai: Bei vom Westen und Kiew nicht anerkannten Referenden in Donezk und Lugansk stimmen die meisten Teilnehmer für die Unabhängigkeit von der Ukraine.
25. Mai: Der proeuropäische Politiker Petro Poroschenko gewinnt die ukrainische Präsidentschaftswahl im ersten Durchgang. Viele Wahllokale in der Ostukraine bleiben geschlossen.
5. Juli: Die Aufständischen geben nach wochenlanger Belagerung durch die ukrainische Armee ihre Hochburg Slawjansk auf.
17. Juli: Ein Passagierflugzeug von Malaysia Airlines mit 298 Menschen an Bord stürzt über der Ostukraine ab, alle Insassen sterben. Regierung und Rebellen geben sich gegenseitig die Schuld.
22. August: Nach dem Eintreffen eines russischen Hilfskonvois in Lugansk ohne Genehmigung Kiews wirft die ukrainische Regierung Moskau eine „direkte Invasion“ vor.
25. August: Die Regierungstruppen erleiden in der Ortschaft Ilowaisk eine schwere Niederlage, mehr als 100 Soldaten werden getötet.
5. September: Bei einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Minsk vereinbaren Regierung und Separatisten eine Waffenruhe.
16. September: Das ukrainische Parlament verabschiedet ein Gesetz, das den abtrünnigen Regionen im Osten mehr Selbstständigkeit zugesteht.
20. September: Das Minsker Abkommen wird durch eine Vereinbarung ergänzt, die insbesondere eine demilitarisierte Pufferzone entlang der Frontlinie vorsieht.
26. Oktober: Sieg des proeuropäischen Lagers bei der vorgezogenen Parlamentswahl in der Ukraine, die von den Separatisten boykottiert wird.
30. Oktober: Die Ukraine und Russland erzielen unter Vermittlung der EU eine Einigung im monatelangen Streit um russische Gaslieferungen.
2. November: In den international nicht anerkannten „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk lassen die Separatisten ein Parlament und einen Präsidenten wählen, den Sieg holen sie erwartungsgemäß selbst. Kiew spricht von illegaler „Machtübernahme“, Russland verteidigt die Abstimmung als legitim.