Einigung über Koalitionsvertrag
Die erste rot-rot-grüne Landesregierung Deutschlands mit einem Ministerpräsidenten der Linken hat eine entscheidende Hürde genommen. In Thüringen einigten sich Linke, SPD und Grüne nach wochenlangen Verhandlungen auf ihr Regierungsprogramm für die nächsten fünf Jahre. Das teilten die drei Parteien in Erfurt am Mittwoch mit. Damit hat die Linke 25 Jahre nach dem Mauerfall die Chance, mit Bodo Ramelow ihren ersten Ministerpräsidenten ins Amt zu bringen.
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Das ist in Deutschland umstritten. Bei der Landtagswahl im September war zwar die CDU die klar stärkste Kraft in Thüringen geblieben. Deren bisheriger Koalitionspartner SPD entschied sich nach starken Stimmenverlusten aber dazu, ein Bündnis mit der Linken und den Grünen anzustreben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte die SPD, sich als „stolze linke Volkspartei“ zum Juniorpartner der Linkspartei zu machen. Zuvor hatte sich auch Deutschlands Bundespräsident Joachim Gauck kritisch geäußert und bekundet, sich mit einer Wahl des Linke-Politikers Ramelow zum Ministerpräsidenten schwerzutun.
Hauchdünne Mehrheit
Das Bündnis hat im Landtag lediglich eine Stimme Mehrheit. Bei der Linken und den Grünen stehen nun Mitgliedervoten über den 105 Seiten starken Koalitionsvertrag an. Die SPD hatte die Zustimmung ihrer rund 4.300 Mitglieder vor Beginn der Koalitionsverhandlungen vor zwei Wochen eingeholt. Rund 70 Prozent der teilnehmenden Sozialdemokraten stimmten für Rot-Rot-Grün.
Wochenlange Sondierungsrunden
„Wir haben uns in allen Fragen verständigt“, sagte die Landesvorsitzende der Linken, Susanne Henning-Wellsow, zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen. Das gelte auch für den Zuschnitt der Ministerien, der am letzten Verhandlungstag für Kontroversen gesorgt hatte. Die Grünen pochten auf zwei Ministerien.
SPD-Landeschef Andreas Bausewein sprach von einer guten Grundlage, die das Vertragswerk für eine neue Regierung biete. „Das war ein mehr als achtwöchiges Ringen“, kommentierte der Landesvorsitzende der Grünen, Dieter Lauinger, den Abschluss der Verhandlungen. Das Ergebnis könne sich jedoch sehen lassen.
Am Donnerstag soll der Koalitionsvertrag in Erfurt vorgestellt werden. Den Verhandlungen der drei Parteien waren seit der Landtagswahl Mitte September wochenlange Sondierungsrunden vorausgegangen. Rot-Rot-Grün will unter anderem ein kostenfreies Kindertagesstätten-Jahr (Kita-Jahr) einführen und mehr Geld für nichtstaatliche Schulen ausgeben. Zudem soll der Verfassungsschutz nur noch in Ausnahmefällen V-Leute einsetzen dürfen.
„DDR-Unrecht“ in Präambel
In die Präambel des Koalitionsvertrags sollen Teile der Erklärung der drei Parteien aufgenommen werden, die die DDR als „Unrechtsstaat“ bezeichnet. Eine entsprechende Erklärung von Linke, SPD und Grünen hatte zum Auftakt der Sondierungen für teils heftige Diskussionen gesorgt. Die Grünen hatten ein Bekenntnis der Linken zum DDR-Unrecht zur Bedingung für ein Bündnis gemacht. Die Präambel solle die „Lebenssituation und Geschichte aller Thüringer“ beschreiben, sagte Hennig-Wellsow.
Zäsur für CDU
Die CDU warf Linken, SPD und Grünen am Mittwoch Inhaltslosigkeit vor. Zudem gebe es für keines der geplanten Vorhaben einen seriösen Finanzierungsvorschlag. „Rot-Rot-Grün verwechselt Koalitionsverhandlungen mit vorgezogenen Wunschzetteln für Weihnachten“, kritisierte der Generalsekretär der Thüringer Union, Mario Voigt. Für Rot-Rot-Grün sei die Regierungsbildung ein „Experiment“.
Kommt Rot-Rot-Grün ins Amt, wäre das eine Zäsur für die CDU, die seit der Wiedervereinigung in Thüringen den Ministerpräsidenten stellt. Bei der Wahl am 14. September war die CDU auf 33,5 Prozent der Stimmen gekommen und hatte gegenüber 2009 sogar leicht zugelegt. Die Linkspartei erreichte 28,2 Prozent und damit ihr bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl überhaupt. Die SPD rutschte auf 12,4 Prozent ab. Die Grünen erzielten 5,7 Prozent. Die AfD kam aus dem Stand auf 10,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 52,7 Prozent.
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