Neuer Airport völlig in Trümmern
Der Flughafen von Donezk ist einst der größte Flughafen im Osten der Ukraine gewesen. Heute liegen der moderne Empfangsterminal und der Tower in Trümmern. Fast täglich werden schwere Gefechte gemeldet. Einst strategisch wichtig, ist der Flughafen nun Schauplatz eines Kampfes um die Symbolik. Seit Monaten verteidigt eine Handvoll ukrainischer Soldaten die zerschossenen Gebäude: Die „Cyborgs“, wie die Männer genannt werden, genießen mittlerweile patriotische Heldenverehrung.
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Der Spitzname der „Cyborgs“ sei online entstanden, von den ukrainischen Medien übernommen sei er zum stehenden Begriff geworden, heißt es in einem BBC-Bericht. Die Ukraine feiert ihre „Kriegshelden“, sogar eine eigene Website wurde eingerichtet. Seit Mai ist der Flughafen unter Dauerbeschuss der prorussischen Separatisten, daran hat auch die im September ausgerufene Waffenruhe nichts geändert.

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Nur der obligate Ausstellungswagen erinnert noch daran, dass es sich um eine Flughafenhalle handelt
Nur eine Handvoll Kämpfer
Gerade in den vergangenen Tagen wurden die Kämpfe wieder intensiviert. Am Donnerstag war der Lärm schwerer Artillerie zu hören. Schon am Tag davor seien Dutzende Raketen in der Nähe des örtlichen Flughafens abgefeuert worden, berichteten Korrespondenten. Am Wochenende beobachteten AFP-Journalisten eine Kolonne von 20 Militärlastwagen mit mehreren Luftabwehrgeschützen, die in Richtung Flughafen fuhren.

AP/Dmitry Lovetsky
Teile des Flughafens sind bereits eingestürzt
Wie viele ukrainische Kämpfer sich auf dem Flughafen befinden, ist unklar. Teilweise sind sie Armeeangehörige, laut Medienberichten vor allem Elitekämpfer der 79. und 95. Luftlandebrigaden. Teilweise verteidigen aber laut „Kyiv Post“ auch Mitglieder des Freiwilligenkorps des rechtsextremen Rechten Sektors das Gelände. Einige von ihnen melden sich regelmäßig per Facebook zu Wort, schildern ihre Lage und philosophieren über Krieg, Feindschaft und Vaterland.

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Verteidiger des Flughafens in martialischer Pose
Separatisten schon vor Wochen siegessicher
Sie werden von gleich zwei Separatisteneinheiten belagert. Diese meldeten schon vor einigen Wochen, den Flughafen unter ihre Kontrolle gebracht haben. Nur noch in den unterirdischen Bunkeranlagen harrten einige ukrainische Soldaten aus, hieß es damals. Doch von der vermuteten baldigen Kapitulation ist noch immer nichts zu sehen - und auch die schweren Kämpfe sprechen dagegen, dass die Schlacht bald entschieden ist.

picturedesk.com/AFP/Dominique Faget
Einige Gebäudeteile wurden von den prorussischen Separatisten schon eingenommen
Für Fußball-EM neu gebaut
Der Flughafen wurde erst im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine und Polen 2012 völlig neu gebaut. Die Kosten beliefen sich auf geschätzte 685 Millionen Euro. Zunächst war der Flughafen als logistische Drehschreibe umkämpft. Mittlerweile ist er so zerstört, dass es wohl Monate dauern würde, ihn auch nur provisorisch wieder für Flüge zu nutzen.

Reuters/Shamil Zhumatov
Nur noch schemenhaft ist die ursprüngliche Form der Gebäude zu erkennen
Extremkletterer auf Politmission
Einige der nun kursierenden „Heldenbilder“ der „Cyborgs“ stammen von einem Mann, der auch schon zuvor für Schlagzeilen sorgte. Der Kletterer „Mustang Wanted“ erklimmt regelmäßig Hochhäuser und postet schwindelerregende Fotos davon. Erst im August bestieg der „Roofer“ in Wien die Votivkirche und löste damit einigen Wirbel aus - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Zwei Wochen später wurde auf dem Moskauer Prachtbau an der Kotelnitscheskaja-Uferstraße die ukrainische Flagge gehisst. „Mustang Wanted“ postete kurz darauf ein Foto, das ihn an der Spitze des 176 Meter hohen Hauses zeigt, das zu den berühmten Stalin-Hochhäusern „Sieben Schwestern“ in Moskau zählt. Den goldenen Stern auf dem Gebäude habe er aus „patriotischen Gefühlen“ zur Hälfte blau bemalt, so dass dieser in den Farben der ukrainischen Flagge über den Dächern der Stadt zu sehen war.
Haftbefehl in Russland
Russland verhängte einen Haftbefehl und forderte aus Kiew die Auslieferung des jungen Mannes. Die ukrainische Regierung stellte sich aber demonstrativ hinter „Mustang Wanted“, vom Bürgermeister der Stadt Lwiw (Lemberg) wurde er gar offiziell geehrt. Laut eigenen Angaben brachte „Mustang Wanted“ den Kämpfern auf dem Flughafen Hilfsgüter - vor allem aber die Fotos sind als weiterer „patriotischer Akt“ zu sehen.

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„Cyborgs“ verstecken sich in den verzweigten Räumlichkeiten des Flughafens
Russisches Schauspiel sorgt mit Video für Wirbel
Eine eigenartige Inszenierung sorgte auch auf der anderen Seite für Wirbel: Auf einem Video ist ein bekannter russischer Schauspieler zu sehen, wie er auf dem Flughafen von Donezk Maschinengewehrsalven abfeuert. Michail Poretschenkow ist auf dem Film von Rebellen umgeben und trägt einen Helm mit der Aufschrift „Presse“. Mit breitem Grinsen feuert er offenbar in Richtung ukrainischer Armeestellungen. Er selbst sprach später davon, nur Platzpatronen verwendet zu haben.

Reuters/Shamil Zhumatov/Yannis Behrakis (Montage)
Der Tower einst und jetzt, an der Spitze ist noch die ukrainische Flagge zu sehen
Vor allem von Journalisten - auch in Russland - wurde das vom Rebellensender Noworossia-TV gesendete Video scharf kritisiert. Sieben Medienvertreter wurden bei dem Konflikt schon getötet. „Wir kämpfen so hart für den Schutz der Journalisten. Und dann organisiert ein Typ mit einem Erbsenhirn derartige Provokationen“, sagte der Chef des Moskauer Journalistenverbandes, Pawel Gussew, am Freitag dem Radiosender Moskauer Echo. Kiew kündigte an, Poretschenkow mit internationalem Haftbefehl suchen zu lassen, sobald dieser Russland verlasse.
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