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Smogfrei für Gipfel

Seit den Olympischen Spielen 2008 hat Peking keine internationale Veranstaltung dieser Größe und Bedeutung mehr ausgerichtet. Alleine die Delegation von US-Präsident Barack Obama reiste mit sechs Flugzeugen zum Gipfeltreffen der 21 Pazifikanrainerstaaten (APEC) an. Russlands Präsident Wladimir Putin kam ebenfalls mit großem Tross.

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Zum Gipfel wollte sich China als makelloser Gastgeber präsentieren. Dafür griff Peking zu drastischen Maßnahmen: Staatsbedienstete wurden in Zwangsurlaub geschickt und müssen dafür vor- und nacharbeiten. Schulen wurden geschlossen, Fabriken mussten ihre Produktion stoppen, und es wurden Fahrverbote für Autos ausgesprochen.

„Absolute Sicherheit“

Pekings oberster Polizist Guo Shengkun hat der Hauptstadt eine „absolute Sicherheit“ während der Tagungen verordnet. Spezialeinheiten der Polizei wurden nach Peking beordert und die Zahl der bewaffneten Militärpolizisten aufgestockt. Gleichzeitig wollte die Stadt Freiwillige von Nachbarschaftskomitees mobilisieren, um jegliches verdächtige Verhalten unverzüglich zu melden.

Die ohnehin zahlreichen Sicherheitskontrollen in der Stadt wurden erweitert. Fast 200 Straßensperren wurden rund um Chinas Hauptstadt errichtet und 22 neue Kontrollpunkte aufgebaut. Das teilte die Polizei mit. Von einem Hubschrauber aus soll eine hochauflösende Kamera verdächtige Personen in der Innenstadt filmen.

Zwangspause für Fabriken

Auf keinen Fall sollte Peking während des Besuches der Staatsführer unter einer Smogdecke verschwinden. Deshalb wurden Fabriken eine Zwangspause verordnet - nicht nur in Peking, sondern auch in der umliegenden Provinz Hebei. Rund 2.400 Produktionsstätten und knapp 2.500 Baustellen stehen still. Das werde den Giftcocktail aus Grob- und Feinstaub, Ozon, Schwefeldioxid, Stickoxiden und anderen Stoffen in der Luft um rund ein Drittel reduzieren, schätzen Behörden. Während der Gipfeltage dürfen zudem abwechselnd nur Autos mit gerader oder ungerader Zahl im Nummernschild fahren, um den Abgasausstoß zu verringern.

Sonderschichten vor Zwangsstopp

Die Auswirkungen auf die Wirtschaft in der Region könnten drastisch sein, befürchten Ökonomen. Die Effekte des erzwungenen Stillstands könnten so groß sein, dass sie die landesweite Produktion im November nach unten ziehen. Allein die Stahlindustrie in der Provinz Hebei soll laut Schätzungen im November um zehn Prozent einbrechen. Viele Firmenchefs reagierten darauf offenbar pragmatisch. Als vor einigen Wochen Details der Beschränkungen an die Öffentlichkeit durchsickerten, ließen laut Medienberichten viele Chefs in Hebei ihre Angestellten Sonderschichten einlegen, um die Produktion vor dem Zwangsstopp auf Hochtouren zu treiben.

Zuletzt besonders starker Smog

Die Krux: Im Oktober litten die Bewohner in Hebei und Peking unter dem schlimmsten Smog seit Monaten. Trotz Warnungen der Stadtbehörde sagten die Organisatoren des Pekinger Marathonlaufs Mitte Oktober den Wettkampf nicht ab. Die 25.000 Läufer mussten sich die gut 42 Kilometer lange Strecke durch eine Wolke aus Smog bahnen. Manche besorgten sich Atemschutzmasken, andere brachen das Rennen vorzeitig ab.

Peking wollte um jeden Preis während des Gipfels Bilder von Wolkenkratzern hinter einer dichten Schicht aus Smog verhindern. Das Umweltministerium stellte dafür 16 Teams von Kontrolleuren auf, die die Verbote überwachen sollten. Sie patrouillierten in Peking, Hebei und sogar in den weiter entfernten Provinzen Shangdong, Shanxi und Henan.

Trotz aller Anstrengungen legte sich auch in den Tagen vor dem Gipfel wieder eine Smogdecke über die 20-Millionen-Metropole. Die Belastung mit dem besonders gefährlichen Feinstaub aus Partikeln, die kleiner sind als 2,5 Mikrometer (PM 2,5), stieg laut Zahlen der US-Botschaft zwischenzeitlich auf 255 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die Weltgesundheitsorganisation hält nur Werte bis 25 Mikrogramm für gesundheitlich unbedenklich.

Stephan Scheuer, dpa

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