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Alte und Junge besonders betroffen

Die Zahl der Arbeitslosen steigt weiter, besonders dramatisch bei der Langzeitarbeitslosigkeit. Im Oktober waren in Österreich 389.155 Personen ohne Job, ein Plus von 7,8 Prozent. Bei den Langzeitarbeitslosen gab es ein Plus von 111 Prozent, die Dauer ihrer Arbeitssuche verlängerte sich um neun Tage. Problembranche war - wie üblich - der Bau, hier waren um 14,1 Prozent mehr Personen auf Jobsuche.

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Einen Kahlschlag gab es bei den Leiharbeitsfirmen mit einem Anstieg von 14,5 Prozent. Wer sehr jung oder älter ist, hat es ebenfalls besonders schwer.

Detailgrafik zur Arbeitslosigkeit in Österreich

APA; AMS; ORF.at

Einen deutlichen Anstieg an Arbeitslosen gibt es bei über 50-Jährigen

Bei den Lehrstellensuchenden gab es einen Zuwachs von 6,4 Prozent auf 6.098, bei den Personen über 50 Jahre lag die Zunahme der Arbeitslosigkeit bei 14,5 Prozent auf 79.762. Einmal mehr traf die steigende Arbeitslosigkeit insbesondere Ausländer: 82.244 waren im Oktober ohne Job, das ist ein Zuwachs von 22,2 Prozent.

Deutlich mehr Arbeitslose in Wien

Die Arbeitslosenquote nach nationaler Berechnung betrug im Oktober 8,1 Prozent (plus 0,7 Prozent). Österreich war bisher das Musterland bei der Arbeitslosenquote, doch wurde es bereits im September von Deutschland (5,0 Prozent) überholt. Mit einer Arbeitslosenrate nach Eurostat von 5,1 Prozent lag Österreich damals aber immer noch deutlich unter dem EU-Schnitt von 10,1 Prozent. Allerdings hängte Deutschland Österreich bei der Jugendarbeitslosigkeit deutlich ab. Hier lag das Nachbarland bei 7,6 Prozent, Österreich hingegen bei 9,1 Prozent. Kräftige Unterschiede gibt es nicht nur in der EU, sondern auch in Österreich. So waren im Oktober in Wien um 15,2 Prozent mehr Personen auf Arbeitsuche. Im Burgenland hingegen lag das Plus nur bei 3,5 Prozent - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Grafik zu den Arbeitslosenquoten der Bundesländer

APA; AMS; ORF.at

Den größten Anstieg verzeichnete Wien, den geringsten das Burgenland

AMS: Massive Unterstützung für Ältere

Der Präsident der Arbeiterkammer (AK), Rudolf Kaske, forderte am Montag in einer Aussendung neben wirtschaftspolitischen Maßnahmen auch „beste Rahmenbedingungen für die AMS-Beschäftigten“. Es brauche „ausreichende personelle und finanzielle Ausstattung, um Arbeitsuchende auf ihren Weg zurück in den Arbeitsmarkt gut begleiten zu können“. „Arbeitsuchende, die qualitätsvolle Angebote und Betreuung erhalten, haben deutlich größere Chancen auf Rückkehr auf den Arbeitsmarkt“, so Kaske.

Angesichts des Zuwachses bei den über 50-Jährigen sagte AMS-Wien-Chefin Petra Draxl am Montag in einer Aussendung: „Wir lenken unser Augenmerk derzeit besonders auf die Zielgruppe der älteren Arbeitsuchenden. Bei der Neueinstellung von Arbeitslosen über 50, die ein halbes Jahr lang vergeblich einen Job gesucht haben, übernehmen wir drei Monate lang die gesamten Lohn- und Lohnnebenkosten - das ist die großzügigste Förderung für Unternehmen, die wir je hatten.“

Hundstorfer fordert konjunkturbelebende Maßnahmen

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) führt die schlechten Zahlen in erster Linie auf die schlechte europäische Konjunktur zurück. Er forderte einmal mehr eine „kaufkraftsteigernde Steuerreform“. „Die Aufnahmefähigkeit des österreichischen Arbeitsmarktes wird nicht unbegrenzt erhalten bleiben, daher sind konjunkturbelebende Maßnahmen auf europäischer wie auch österreichischer Ebene unumgänglich“, so der Minister.

Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB, erinnerte daran, wie wichtig die aktuelle Verschärfung des Gesetzes gegen Lohn- und Sozialdumping gewesen sei. „Damit wird es schwieriger, Menschen illegal zu beschäftigen, Arbeitskräfte aus dem Ausland zu Billigstlöhnen anzuheuern und damit die anständigen Unternehmer aus dem Wettbewerb zu verdrängen“, so Achitz.

Für die Industrie hängt - trotz der zweitniedrigsten Arbeitslosigkeit innerhalb der EU - die Wettbewerbsfähigkeit mittlerweile gar nur noch am „seidenen Faden“. „Während die realen Lohnstückkosten seit 2005 in Österreich um 4,1 Prozent gestiegen sind, sind diese in Deutschland um 0,4 Prozent gesunken“, rechnete der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, vor. Einen Malus für Betriebe, die keine älteren Arbeitnehmer beschäftigen, lehnte er ab.

Opposition drängt auf rasches Handeln

„Ohne tatsächliche Investitionspakete zur Schaffung von Jobs wird sich an der tristen Situation am Arbeitsmarkt nicht viel tun“, so Birgit Schatz, Arbeitnehmersprecherin der Grünen. Begleitend brauche es eine andere Mindestlohn- und Arbeitszeitpolitik. Die Steuerreform allein werde definitiv keine Trendumkehr bringen, so Schatz am Montag in einer Aussendung.

FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl forderte in einer Aussendung „Sofortmaßnahmen“. Er verlangte wieder die sektorale Schließung des österreichischen Arbeitsmarktes gegenüber ausländischen Arbeitskräften und einen „runden Tisch“ aller Bildungsverantwortlichen.

Es sei „höchste Zeit zum Handeln“, so die Klubobfrau des Teams Stronach (TS), Kathrin Nachbaur: „Wir brauchen rasch eine nachhaltige Steuerreform. Denn nur, wenn den Menschen mehr im Börsel und den Betrieben mehr in der Kassa bleibt, wird der Konsum angekurbelt, was Vertrauen, Investitionen und somit Arbeitsplätze schafft.“ Das müsse auch endlich die Regierung erkennen und entsprechend handeln.

SOS Mitmensch: Gegeneinanderausspielen ist falsch

„Die steigende Arbeitslosigkeit ist besorgniserregend, sie darf jedoch nicht dazu führen, dass Menschen, die hier leben, vom grundlegenden Menschenrecht aufs Arbeiten-Dürfen ausgeschlossen werden“, so Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch. Pollak warnte davor, österreichische Arbeitslose gegen Asylsuchende auszuspielen. Das sei grundfalsch, so Pollak, und führe dazu, dass soziale Probleme nicht gelöst, sondern verschärft werden.

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