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Boko-Haram-Chef dementiert Waffenruhe

Die rund 200 in Nigeria von Islamisten entführten Mädchen sind angeblich mit Kämpfern der Boko-Haram-Miliz zwangsverheiratet worden. Das habe der Milizenchef Abubakar Shekau bestätigt, meldete am Samstag die Nachrichtenagentur AFP. Und auch von einer angeblich ausverhandelten Waffenruhe wollen die Terroristen nichts mehr wissen.

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„Das Thema Mädchen gehört schon lange der Vergangenheit an, weil ich sie längst verheiratet habe“, sagte Boko-Haram-Anführer Shekau in einem am Freitag der AFP zugespielten Video. Im April hatten im Nordosten Nigerias Boko-Haram-Kämpfer mehr als 200 Mädchen aus einer Schule verschleppt. Seitdem versichert die Regierung immer wieder, dass ihre Freilassung kurz bevorstehe.

Ob in dem Video tatsächlich Shekau zu sehen ist oder ein Doppelgänger, ist offen. Die nigerianische Armee hatte den Boko-Haram-Führer im September für tot erklärt, nannte jedoch weder Datum noch Umstände seines Ablebens. Beobachter meldeten jedoch Zweifel an der Todesmeldung an.

Von der Terrorgruppe Boko Haram entführte Mädchen

APA/AP

Boko Haram veröffentlichte immer wieder Bilder von den Geiseln

Frauen „an der Front“ eingesetzt

Auch in der vergangenen Woche entführte Boko Haram Dutzende weitere Frauen und Mädchen. Einigen von ihnen ist die Flucht gelungen, zwölf von ihnen wurden von Human Rights Watch interviewt. Die Frauen hätten demnach berichtet, im Nordosten Nigerias „an der Front“ gegen Sicherheitskräfte eingesetzt worden zu sein, wie Human Rights Watch Ende Oktober berichtete.

Eine 19-Jährige gab etwa an, dass sie gezwungen worden sei, in der Kampfzone Munition zu verteilen. „Ich lag im Gras, während sie gekämpft haben“, sagte die Frau. Immer wieder seien extremistische Kämpfer zu ihr gekommen, um sich neue Munition zu holen. „Als die Sicherheitskräfte näher rückten und begannen, auf uns zu schießen, hatte ich riesige Angst“, sagte die Frau. Als die Islamisten zurück in ihr Lager geflohen seien, hätten sie die Frau hinter sich her geschleift.

Weiter gab die Frau an, ihr sei aufgetragen worden, in einem Boko-Haram-Camp eines von fünf entführten Mitgliedern einer Bürgerwehr mit einem Messer zu töten. Alle fünf Verschleppten sollten demnach ermordet werden. „Ich habe vor Grauen gezittert und konnte es nicht tun, daraufhin hat die Ehefrau des Anführers in dem Lager das Messer genommen und ihn getötet“, sagte die Frau.

Boko-Haram-Chef: Kenne Vermittler nicht

Diese Schilderungen belegen auch, dass die Kämpfe mit der Terrororganisation in Teilen Nigerias ungebrochen weitergehen. Erst am Freitag waren bei einem Bombenanschlag auf einem Busbahnhof in der Stadt Gombe im Nordosten Nigerias nach Krankenhausangaben 30 Menschen ums Leben gekommen. Die nigerianische Regierung hatte am 17. Oktober erklärt, sich bei Verhandlungen mit Boko Haram auf eine Waffenruhe geeinigt zu haben.

In dem Internetvideo sagte Shekau jedoch, dass er von einer Waffenruhe nichts wisse. Er kenne Danladi Adamu nicht, den angeblichen Vertreter der Islamistenmiliz, der mit der Führung Nigerias verhandelt habe, zitierten ihn Medien in Nigeria am Samstag übereinstimmend. Auf dem Video verwendet Boko Haram eine schwarze Flagge mit weißem Schriftzug, wie sie auch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bei ihren Propagandavideos aus dem Irak und aus Syrien nutzt.

Splittergruppen verantwortlich?

Offen ist nun, welche Gruppe der Extremisten die Mädchen in ihrer Gewalt hat und ob die Unterhändler, die mit der Regierung über deren Freilassung verhandeln, zu ihr gehören. In diplomatischen Kreisen in der Hauptstadt wird nicht ausgeschlossen, dass Splittergruppen von Boko Haram hinter den jüngsten Gewalttaten stecken.

Die Terrorgruppe Boko Haram mit Kontakten zu nordafrikanischen Al-Kaida-Ablegern führt im muslimischen Norden Nigerias seit Jahren einen Krieg für einen islamischen Staat, in dem allein Vorschriften der Scharia-Gesetzgebung gelten sollen. Boko Haram heißt so viel wie „Westliche Bildung ist verboten“. Bei Angriffen und Anschlägen auf Schulen, Kirchen, Märkte, Polizeistationen und Lokale wurden von ihr bereits Tausende Menschen getötet.

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