Im Häkelfieber
Rainbow Loom heißt der derzeit wohl angesagteste Kinderfetisch - und er scheidet die Geister. Die einen sehnen ein Loom-Ende herbei, weil sie nicht mehr wissen, wohin mit den bunten Gummibändern, die der Nachwuchs täglich produziert. Die anderen freuen sich über die Hingabe zum geschicklichkeitsfördernden Analogspielzeug. Glaubt man seinem Erfinder, geht der Hype nun zu Ende.
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Mit Armbändern ging der Loom-Boom („loom“ bedeutet Webstuhl) in dessen Herkunftsland USA vor drei Jahren langsam los. Nach einem zögerlichen Start verfiel das Land dank rasanter Verbreitung in Sozialen Medien wie YouTube und Facebook in eine Gummibändermanie. Letztes Jahr schwappte die Häkelwelle nach Europa über. Spätestens seit 2014 gibt es auch hierzulande kein Entrinnen mehr: Bunte Gummibänder zieren mittlerweile das Handgelenk einer ganzen Kindergeneration - und deren Erziehungsberechtigter sowie der ganzen weitläufigen Verwandtschaft.
„Unglaublich alte Technik“
Erfunden wurden die Rainbow-Loom-Bänder vor nunmehr vier Jahren von Cheong Choon Ng (sprich: Eng) in Michigan. Der aus Malaysia stammende Maschinenbauer arbeitete bis vor zwei Jahren als Crashtest-Ingenieur für Nissan. Um das Hobby seiner beiden Töchter, die mit Vorliebe Gummiringerl zu Bändern und Ketten verknüpften, anzufeuern und zu erleichtern, entwickelte er ein Gestell, über das sich die einzelnen Gummis mit einem Haken spannen und dann zu Figuren aller Art verknüpfen lassen.

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Loom-Experten knüpfen Figuren und Accessoires - von Tieren bis zu Flipflops und Bikinis
Die Variationen reichen von simplen Armbändern und Halsketten bis zu kniffligen Anhängern und Taschen. Ng spricht von einer Technik, „die eigentlich unglaublich alt ist“. Die begeisterten Töchter (heute 13 und 16) sollen die Idee gehabt haben, den Baukasten ihres Vaters auf den Markt zu bringen.
Made in China
Produziert wird in China. Derzeit sind dort nach Angaben des Erfinders Ng 1.400 Mitarbeiter beschäftigt. In Chicago sind es ca. zwei Dutzend.
Er investierte sein Erspartes in die neue Erfindung, die zunächst aber keiner haben wollte - wohl, weil auf den ersten Blick niemand genau wusste, was mit zwei Plastikrahmen, einer Häkelnadel und 600 bunten Gummibändern anzufangen ist. Also stellte Ng Anleitungsvideos mit seinen Töchtern als Protagonistinnen ins Internet. Eine Spielwarenkette meldete sich, um das Produkt auszuprobieren. Bereits zwei Tage später bestellten sie erneut.
Spielzeug mit Suchtpotenzial
Rekordumsätze waren die Folge. Heuer werde Rainbow Looms „mehr als 70 Millionen Dollar Umsatz“ machen, so Ng kürzlich im Interview mit Handelsblatt Online. 2015 rechnet er jedoch erstmals mit „einem Rückgang um 30 bis 40 Prozent“, da viele die Erstausstattung bereits haben.

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„Jeder wollte Looms kaufen, wir mussten an keine Türen klopfen. Jetzt kühlt der Boom ab und wir stellen erstmals Vertriebsmitarbeiter ein.“ Geschätzt wird Ngs Firma bereits auf 100 Millionen Dollar. „Ich weiß nicht, wie man das rechnet“, wird Ng im Handelsblatt zitiert. Ans Verkaufen denkt er demnach nicht: „Wir sind ein Familienunternehmen. Wir müssen keine Banker glücklich machen.“

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Papst Franziskus trug im Mai bei einer Spezialaudienz mit Kindern das charakteristische Armband am Handgelenk
Jüngere Zielgruppen im Visier
Das volle Potenzial ausgeschöpft hat der erfolgsverwöhnte Spielzeughersteller freilich noch nicht. Schließlich gibt es noch die ganz Kleinen, für die Rainbow Loom in der Regel eine zu große feinmotorische Herausforderung darstellt. Derzeit bewirbt Ng in Deutschland einige neue Produkte, die rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft auf den Markt kommen sollen: darunter Finger Looms, die einfacher zu verknüpfen und folglich auch maßgeschneidert für die Zielgruppe fünf minus sein dürften.
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