„Schadet Serbiens EU-Integration“
Der 70. Jahrestag der Befreiung Belgrads im Zweiten Weltkrieg wurde in der serbischen Hauptstadt am Donnerstag mit einer pompösen Militärparade gefeiert. Das Besondere daran: Auch der russische Präsiden Wladimir Putin nahm als Ehrengast an den Festivitäten teil. Seit 2000 war es sein dritter Besuch in Serbien.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Nur sechs Stunden verbrachte Putin in Belgrad, doch der Kurzbesuch „wird der serbischen EU-Integration schaden“, sagte die Expertin Jelena Milic vom Center for Euro-Atlantic Studies. Nicht zuletzt aufgrund der Ukraine-Krise wurde Putins Visite in Belgrad von den USA und der EU misstrauisch beobachtet. Medien schrieben bereits vom „serbischen Roulette“, wie viel russische Umarmung Serbien zulassen darf.

APA/EPA/Srdjan Suki
Putin wurde von Serbiens Präsident Nikolic willkommen geheißen
Denn eigentlich kommt der Putin-Besuch für das EU-Beitrittskandidatenland zu einer ungünstigen Zeit. Seit Monaten versucht sich Serbien in einem Balanceakt zwischen Brüssel und Moskau. Belgrad lehnt vehement ab, sich den EU-Sanktionen gegen Moskau anzuschließen. Vielmehr dürften sich durch das russische Importverbot für EU-Agrarprodukte neue Möglichkeiten für serbische Bauern eröffnet haben.
Erste Militärparade seit 1985
Putin wurde am Donnerstag überschwänglich in Belgrad empfangen - mit militärischen Ehren und Glockengeläut von orthodoxen Kirchen. 4.500 Soldaten, 300 Fahrzeuge, davon 30 Panzer, und 45 Flugzeuge bei der Parade sollten Putin beeindrucken. Auch die russische Kunstflugstaffel „Strischi“ beteiligte sich an der Parade.

APA/EPA/Srdjan Suki
Eine Militärparade wurde wegen Putins Belgrad-Besuch um vier Tage vorverlegt
Erstmals seit 1985 wurde trotz Wirtschaftskrise ein Militäraufmarsch abgehalten und sogar um vier Tage vorverlegt, um Putin eine Teilnahme zu ermöglichen. Die sowjetische Armee hatte gemeinsam mit den Partisanen des kommunistischen jugoslawischen Staatsgründers Josip Broz Tito Belgrad befreit - allerdings erst am 20. Oktober 1944. Die Parade fand nun bereits am 16. Oktober statt.
Im Rahmen des Putin-Besuchs wurden mehrere bilaterale Abkommen unterzeichnet, darunter über die Modernisierung der serbischen Eisenbahn, für die Moskau bereits 2012 einen Kredit in Höhe von 800 Mio. Dollar zur Verfügung gestellt hatte. Vereinbart wurden auch eine militärtechnische Zusammenarbeit, der wechselseitige Schutz von Geheimdaten und ein Vertrag zwischen dem russischen Gasriesen Gasprom und der Regierung.
Politische Elite gespalten
Die heutige politische Elite Serbiens ist offenbar gespalten. Präsident Tomislav Nikolic ist stärker Richtung Russland orientiert und zeichnete Putin mit einem noch nie vergebenen höchsten Staatsorden aus. Premier Aleksandar Vucic kooperiert eher mit Brüssel und betonte auch am Donnerstag, dass Serbien das „strategische Ziel“ einer EU-Mitgliedschaft habe, „aber keinen Hehl daraus macht, dass wir bestmögliche Beziehungen mit Russland erhalten möchten“.

APA/EPA/Srdjan Suki
Im Rahmen der Militärparade hielt Putin auch eine Rede
Auf US-Kritik am Besuch des russischen Präsidenten reagierte Serbiens Außenminister Ivica Dacic mit einer Einladung an US-Präsident Barack Obama. Auch er sei willkommen: „Aber wird er kommen? Es gehören immer zwei dazu.“ Seit dem Zerfall Jugoslawiens in den 90er Jahren besuchte jedenfalls kein US-Präsident mehr das Balkan-Land. In der Bevölkerung ist die Euphorie über Putin jedenfalls groß. 72 Prozent befürworteten die Teilnahme Putins, nur wenige hielten eine Militärparade zu Ehren Putins aufgrund der Ukraine-Krise für falsch. „Russland wird nirgendwo auf der Welt so geliebt wie hier“, so der Historiker Predrag Markovic.
Verbündete in Kosovo-Frage
Russland ist immerhin der wichtigste Verbündete Serbiens in seiner ablehnenden Haltung zur Unabhängigkeit des Kosovo. Einzig Russlands Veto im UNO-Sicherheitsrat verhindert, dass das Kosovo UNO-Mitglied werden kann. Auch am Donnerstag versicherte Putin, dass die „ablehnende Position Russlands zur Unabhängigkeit des Kosovo unverändert“ bleibe.
Der serbische Präsident revanchierte sich mit einer Unterstützungserklärung für Russland: „Serbien betrachtet Russland als seinen großen Verbündeten und wird seine moralischen Prinzipien niemals durch negatives Verhalten gegenüber Russland in Gefahr bringen“, so Nikolic. Die EU ist mittlerweile aber Serbiens größter Handelspartner, Geldgeber und Investor - noch vor Russland.
Links: