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Doch keine Einigung

Die Türkei hat am Montag eine vom US-Verteidigungsministerium bekanntgegebene Vereinbarung dementiert, wonach die internationale Militärkoalition im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) türkische Militärstützpunkte nutzen kann.

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Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte am Montag nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu, es gebe keine entsprechende Einigung. Vor dem Hintergrund der schweren Gefechte um die syrische Grenzstadt Kobane (arabisch: Ain al-Arab) hatte ein ranghoher Vertreter der US-Stützpunkte am Sonntag gesagt, die US-Streitkräfte erhielten das Recht zur Nutzung der Luftwaffenbasis Incirlik.

Die nationale Sicherheitsberaterin der USA, Susan Rice, hatte am Sonntagabend in einem Fernsehinterview erklärt, die türkische Regierung habe zugestimmt, dass von Incirlik aus Angriffe auf Ziele im Irak und in Syrien geflogen werden dürften. Militärexperten hatten das als entscheidenden Fortschritt im Kampf gegen den IS gewertet, da die USA damit bei ihren Luftangriffen in Kobane auch Kampfhubschrauber einsetzen könnten, die die Milizen noch zielgenauer und flexibler angreifen könnten. Die Luftangriffe gegen IS-Stellungen starteten bisher von Stützpunkten in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait und Katar aus.

Internationaler Druck auf Ankara

Ein eigenständiges militärisches Eingreifen hat die Türkei ausgeschlossen, obwohl international der Druck auf das NATO-Mitglied wächst. Das Anti-IS-Bündnis will die Türkei seit längerem enger einbinden. Die Regierung in Ankara sträubte sich bisher jedoch dagegen und pochte unter anderem auf ein gemeinsames Vorgehen, das sich auch gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad richtet.

Da die Türkei unmittelbar an von den Extremisten kontrollierte Gebiete grenzt, wird dem Land eine entscheidende Bedeutung beigemessen. Kritiker Ankaras wiederum vermuten, der Regierung komme der IS-Vormarsch sehr zupass, da damit die Kurden geschwächt werden.

Die Türkei hat zwar Truppen an der Grenze zusammengezogen und auch vom Parlament die Erlaubnis erhalten, militärisch einzugreifen. Das tat sie bisher jedoch nicht, was bei den Kurden sowie international auf scharfe Kritik stößt. Am Sonntag stellte der französische Philosoph Bernard-Henri Levy im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP die Mitgliedschaft der Türkei in der NATO infrage, sollte Kobane fallen. „Die Position der Türkei würde problematisch, wenn sie Kobane fallen ließe“, sagte er.

Allianz berät über Strategie

US-Außenminister John Kerry baute am Sonntag in Kairo bereits für den Fall des Falles Kobanes vor. Die IS-Offensive auf Kobane sei eine „Tragödie“, jedoch handle es sich hierbei „nur um eine Gemeinde“, die nicht „die Strategie der Koalition“ bestimme. Bei einem Besuch in Chile sprach US-Verteidigungsminister Chuck Hagel von „einigen Fortschritten“, stimmte zugleich aber auf einen langen Kampf ein.

Am Dienstag soll in den USA ein erstes Bündnistreffen fortgesetzt werden, bei dem es um eine langfristige Strategie gegen IS im Irak und in Syrien geht. Zu der Konferenz hat US-Generalstabschef Martin Dempsey mehr als 20 Militärchefs eingeladen, unter anderem aus Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden.

Auch fünf arabische Verbündete sitzen am Militärstützpunkt Andrews bei Washington mit am Tisch: Saudi-Arabien, Jordanien, Bahrain, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Den USA war zuletzt vorgeworfen worden, keine langfristige Strategie für den Kampf gegen die Dschihadisten im Irak und in Syrien zu haben. Rund zwei Monate nach Beginn der US-Luftangriffe auf IS-Stellungen ist es das erste Treffen dieser Art.

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