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Antrag nach sechs Monaten möglich

Der Strafrechtsexperte Andreas Venier vom Institut für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie der Universität Innsbruck geht im Gespräch mit der APA davon aus, dass Ernst Strasser nach seiner rechtskräftigen Verurteilung nicht allzu lange im Gefängnis sitzen wird. Er war in der Lobbyisten-Affäre wegen Bestechlichkeit zu drei Jahren unbedingt verurteilt worden.

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Laut Venier hat Strasser gute Chancen, nach einem halben Jahr in den überwachten Hausarrest wechseln zu können und nicht weiter in einer Zelle bleiben zu müssen. Dem Strafvollzugsgesetz zufolge kann der ehemalige Innenminister und ÖVP-Delegationsleiter im Europäischen Parlament nach Verbüßung von sechs Monaten einen Antrag auf elektronisch überwachten Hausarrest einbringen. Diesen kann der Leiter der betreffenden Justizvollzugsanstalt bewilligen, wenn die restliche Strafzeit zwölf Monate nicht übersteigt.

Alter und Unbescholtenheit

Das wäre bei Strasser nach einem halben Jahr im Gefängnis mit hoher Wahrscheinlichkeit der Fall, obwohl er formal drei Jahre abzusitzen hat. Grund: Da Strasser bisher gerichtlich unbescholten war, sich im fortgeschrittenen Alter befindet - er ist 58 Jahre alt - und die Wahrscheinlichkeit für die neuerliche Begehung strafbarer Handlungen gering ist, dürfte er mit ziemlicher Sicherheit vom zuständigen Vollzugsgericht nach der Strafhälfte vorzeitig bedingt entlassen werden.

Das wäre nach eineinhalb Jahren und damit zu einem Zeitpunkt der Fall, zu dem die Fußfessel-Regelung noch wirkt. Die Justizanstalt, in die Strasser eingewiesen wird, müsste das bei einem auf Hausarrest gerichteten Antrag zwingend berücksichtigen.

Bedingte Entlassung nach Hälfte der Strafe?

„Es ist davon auszugehen, dass Strasser bei einem entsprechenden Antrag nach der Hälfte der Strafe bedingt entlassen wird. Bei ihm liegen eigentlich alle Kriterien dafür vor“, so der Strafrechtsexperte Venier. Die Anstaltsleitung habe das zu beachten, Strasser sei rechtzeitig auf den sogenannten Entlassungsvollzug vorzubereiten.

„Und in Vorschau auf die bedingte Entlassung spricht nichts dagegen, ihm auf einen entsprechenden Antrag hin auch den elektronisch überwachten Hausarrest zu genehmigen“, so Venier weiter. Die Fußfessel sei gerade für jene Leute eingeführt worden, „die integriert sind und sich bisher nichts zuschulden haben kommen lassen, um ihnen den weiteren Vollzug zu ersparen und sie nicht ganz rauszureißen“.

Weitere Bedingungen für Fußfessel

Um die Fußfessel zu erlangen und damit den Großteil seiner Freiheitsstrafe in Form des Hausarrests verbüßen zu können, müsste Strasser dem Gesetz nach über eine „geeignete Unterkunft“ verfügen, einer „geeigneten Beschäftigung“ nachgehen und ein Einkommen beziehen, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Außerdem wäre die schriftliche Einwilligung sämtlicher mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender Personen erforderlich. Die Kosten des überwachten Hausarrests hätte Strasser selbst zu tragen.

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