Smartphone, Tablet und die Folgen
Dass der Mensch für Multitasking nicht geschaffen ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Doch seit Smartphones und Tablets den (Büro-)Alltag prägen, wird kaum noch einer Aufgabe die volle Konzentration geschenkt - mit verheerenden Folgen, wie Studien warnen. Nicht nur die Fehlerquote steigt, auch der Karriere kann Multitasking schaden.
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Tippen, klicken, telefonieren und dabei noch dem neuesten Klatsch im Büro zuhören - wer dazu in der Lage war, wurde lange von den Kollegen neidvoll bewundert. Doch wer glaubt, durch Multitasking Zeit und Energie zu sparen, irrt sich gewaltig. Seit Jahren häufen sich die Studien, die belegen, dass die Arbeitsleistung nachweislich sinkt, wenn man sich mit mehreren Dingen gleichzeitig beschäftigt, wie das Magazin „Forbes“ zusammenfasst. Und auch langfristige Folgeschäden sind nicht ausgeschlossen.
Schlechter, fehlerhafter, langsamer
Wissenschaftler der Universität von Stanford haben sich bereits 2009 umfangreich mit dem Thema beschäftigt. Dabei haben sie sich Personen angesehen, die überzeugt waren, gute Multitasker zu sein, und die glaubten, ihre Leistung durch das Erledigen von mehreren Aufgaben gleichzeitig steigern zu können. Das Ergebnis war ernüchternd. Die Gruppe der leidenschaftlichen Multitasker hatte nicht nur schlechtere Ergebnisse als jene Gruppe, die normalerweise lieber eine Aufgabe nach der anderen erledigt. Sie waren auch langsamer beim Wechsel von einer Aufgabe zur nächsten.
IQ eines Achtjährigen
Das menschliche Gehirn ist nicht dafür ausgerichtet, mehrere Dinge gleichzeitig und vor allem gleich gut zu erledigen. Versucht man es trotzdem, wird der Arbeitsprozess dadurch nicht nur langsamer, auch der Intelligenzquotient (IQ) sinkt dramatisch. Eine Studie der Universität von London konnte schon vor neun Jahren nachweisen, dass Versuchspersonen, die neben kognitiven Aufgaben gleichzeitig andere Dinge machten, ähnliche Leistungen zeigten wie nach dem Konsum von Marihuana oder einer durchwachten Nacht. Bei multitaskenden Männern sank der IQ sogar auf das Niveau eines Achtjährigen.
Hirnareale verändern sich
Spielte Multitasking bisher vor allem im Berufsleben eine große Rolle, gibt es heute fast keine Situation mehr, in der Smartphones und Tablets nicht für Ablenkung sorgen. Wissenschaftler der Universität von Sussex in Großbritannien haben Personen untersucht, die häufig mehrere Dinge gleichzeitig machen (im konkreten Fall SMS-Schreiben und Fernsehen), und mittels MRT ihre Gehirnregionen gescannt. Dabei fanden sie Veränderungen in der grauen Substanz in einem bestimmten Gehirnareal.
So war die Dichte der grauen Substanz im vorderen Gyrus cinguli, einer Gehirnregion, die Emotionen, Erinnerungen und Lernprozesse verarbeitet, geringer. Einen Nachweis, dass das ständige Multitasking tatsächlich die Gehirnstruktur schädigt, konnten die Wissenschaftler jedoch nicht liefern. Es könnten auch umgekehrt Personen mit diesen Gehirnveränderungen prädisponiert für die gleichzeitige Beschäftigung mit verschiedenen Aufgaben sein, schränken die Autoren ein.
Handy und Co. zerstören Karrieren
Doch Studienautor Kep Kee Loh ist von den negativen Effekten von Multitasking überzeugt. „Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Art, wie wir mit den Geräten umgehen, auch die Art, wie wir denken, verändert. Und diese Veränderungen spiegeln sich in den Hirnstrukturen“, zitiert „Forbes“ den Neurowissenschaftler.
Würde Multitasking tatsächlich zu Veränderungen in Gyrus cinguli führen, dann wäre das besonders fatal für all jene, die nach höheren Weihen streben. Denn dieser Cortex-Bereich ist auch Sitz der emotionalen Intelligenz. Die emotionale Intelligenz ist die Fähigkeit, auf die Gefühle und Bedürfnisse anderer einzugehen. Topmanager zeigen bei Tests durchwegs hohe Werte bei der emotionalen Intelligenz. Wer also noch Karrierepläne hat, sollte beim nächsten Meeting das Handy lieber ausgeschaltet lassen.
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