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US-Bürger als Druckmittel

Der Amerikaner Matthew Miller soll bei seiner Einreise in Nordkorea sein Visum zerrissen haben. Ein Gericht verurteilte ihn Mitte September zu sechs Jahren Zwangsarbeit. Miller ist einer von drei US-Bürgern, die derzeit in dem weithin abgeschotteten Land festgehalten werden.

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Was Miller konkret vorgeworfen wird, wurde nicht mitgeteilt. Der Prozess fand vor dem Obersten Gerichtshof in Pjöngjang statt. Miller soll bei seiner Einreise als Tourist auf dem Flughafen sein Visum zerrissen und dabei laut ausgerufen haben, dass er Asyl beantragen wolle. Dem Regime wird vorgeworfen, schon oftmals inhaftierte US-Bürger als Druckmittel benutzt zu haben. Nordkorea will damit eine Wiederaufnahme der internationalen Verhandlungen über sein Atomprogramm erzwingen.

Matthew Miller

AP/Kim Kwang Hyon

Miller im Gerichtssaal

KCNA veröffentlichte Bilder aus dem Gerichtssaal, in denen zwei uniformierte Sicherheitsleute den niedergeschlagen schauenden Angeklagten flankieren. Ein Foto soll die auf einem Tisch ausgebreiteten Beweismittel gegen Miller zeigen: das zerrissene Visum, seinen US-Reisepass, einen Tablet-Computer und ein Smartphone.

USA forderten Freilassung

Anfang September hatten Miller und seine ebenfalls in Nordkorea gefangenen Landsleute Kenneth Bae und Jeffrey Fowle bei Interviews, die das Regime US-Medien gewährt hatte, ihre Regierung um Hilfe gebeten. US-Außenamtssprecherin Jen Psaki forderte daraufhin, Pjöngjang solle Fowle und Miller aus humanitären Gründen frei- und ausreisen lassen. Für den bereits verurteilten Bae forderte sie eine „Sonderamnestie“ und ebenfalls die „sofortige Freilassung“ - ohne Erfolg.

Es wird erwartet, dass dem als Tourist eingereisten Fowle (56) ebenfalls wegen angeblich feindseliger Handlungen demnächst der Prozess gemacht wird. Fowle hatte nach japanischen Medienberichten im Mai eine Bibel in seinem Hotelzimmer zurückgelassen. Den 45 Jahre alten Missionar Bae hatte im vergangenen Jahr ein Gericht wegen angeblicher Umsturzversuche zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Er arbeite sechs Tage die Woche acht Stunden in einem Arbeitslager, sagte Bae in dem Interview.

Internierung als Todesurteil

Bis zu 200.000 Menschen werden in Nordkorea in Straflagern festgehalten, aus denen viele nie wieder herauskommen. Laut UNO sind Folter, Vergewaltigungen, Exekutionen und Sklavenarbeit in den Lagern weit verbreitet. Einmal in einem Lager interniert, ist es sehr unwahrscheinlich, dieses lebend wieder zu verlassen. Fluchtversuche aus dem Lager werden, so Aktivisten, mit Exekution bestraft.

Aus dem völlig abgeschotteten und verarmten Land dringen nur wenige valide Informationen nach außen - noch weniger weiß man freilich, was hinter den Zäunen der Haftlager geschieht. Jene wenigen Überlebenden, denen die Flucht gelang, berichten von Folter, 16-Stunden-Arbeitstagen, und Missbrauch. Mehr als 40 Prozent der Insassen sterben laut Angaben von Menschenrechtsaktivisten an Hunger - viele andere leiden an Krankheiten, unter sexueller Gewalt oder arbeiten sich zu Tode.

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