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Hoffnung auf Stabilität

Knapp 13 Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes steht Afghanistan vor dem ersten demokratischen Machtwechsel seiner Geschichte: Die Wahlkommission in Afghanistan hat den ehemaligen Finanzminister Ashraf Ghani am Sonntag zum künftigen Präsidenten des Landes erklärt.

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Sein Kontrahent bei der Stichwahl vom Juni, Ex-Außenminister Abdullah Abdullah, wird eine Art Ministerpräsident in einer Einheitsregierung, auf die sich Ghani und Abdullah nach monatelangem Streit geeinigt haben.

Der Chef der Wahlkommission, Jusuf Nuristani, machte am Sonntag keine Angaben zum Wahlergebnis. Er vermied ebenfalls, einen Wahlsieger zu erklären. Nuristani folgte damit Forderungen Abdullahs, der die Wahl offenkundig verloren hat.

Betrugsvorwürfe von beiden Seiten

Ghani und Abdullah hatten seit der Präsidentschaftswahl über den Ausgang der Wahl und die künftige Machtverteilung zwischen beiden Lagern gestritten. Nach der Stichwahl überhäuften sich beide Seiten mit Betrugsvorwürfen. Die Stimmen wurden daraufhin komplett neu ausgezählt. Schon nach den bisherigen vorläufigen Ergebnissen hatte Ghani die Stichwahl gewonnen.

Das Abkommen zur Einheitsregierung sieht vor, dass für den Zweitplatzierten bei der Wahl der Posten eines bisher nicht vorgesehenen Ministerpräsidenten geschaffen wird. Außerdem werden hochrangige Ämter in Regierung, Verwaltung und Justiz zwischen den Lagern der beiden Kandidaten aufgeteilt.

Nach amerikanischem Vorbild ist in Afghanistan der Präsident laut Verfassung zugleich Staats- und Regierungschef. Es wird befürchtet, dass sich die geplante Einheitsregierung angesichts der erbitterten Rivalitäten zwischen den Lagern als schwierig erweisen könnte.

Karzai gratuliert Ghani und Abdullah

Der bisherige Präsident Hamid Karzai gratulierte Ghani und Abdullah zu dem Abkommen über die Einheitsregierung. „Das ist ein Moment, auf den die Nation ungeduldig gewartet hat“, sagte Karzai. Er hoffe, dass der neue Präsident das Land zu Wohlstand und Stabilität führen werde. „Ich hoffe, mein Nachfolger wird tun können, was ich in meiner 13-jährigen Amtszeit nicht leisten konnte.“

Weißes Haus sagt Unterstützung zu

Das Weiße Haus gratulierte sowohl Ghani als auch Abdullah zu ihrer Einigung auf eine gemeinsame Einheitsregierung. Die Übereinkunft helfe dabei, die politische Krise Afghanistans zu beenden und das Vertrauen in die Zukunft wiederherzustellen, hieß es in einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung: „Wir unterstützen die Vereinbarung und stehen bereit, mit der nächsten Regierung zusammenzuarbeiten, um ihren Erfolg sicherzustellen“.

Das Weiße Haus äußerte zugleich die Erwartung, dass es unter der neuen Regierung nun zu einem Sicherheitsabkommen zwischen den USA und Afghanistan komme. Karzai hatte eine Unterzeichnung abgelehnt und das seinem Nachfolger überlassen. Ein Abkommen würde es den USA ermöglichen, nach dem Truppenabzug Ende 2014 noch einen Restbestand von mehreren tausend Soldaten in Afghanistan zu belassen.

Abkommen für Folgeeinsatz „Schlüssel für Stabilität“

Die Entscheidung ist auch für die NATO von großer Bedeutung. Der geplante Folgeeinsatz zur Ausbildung und Unterstützung afghanischer Sicherheitskräfte hängt bis zur Amtseinführung eines neuen Präsidenten in der Schwebe. Der internationale Kampfeinsatz in Afghanistan läuft zum Jahresende aus. In den vergangenen Monaten haben Angriffe der Taliban wieder deutlich zugenommen.

Sowohl Ghani als auch Abdullah hatten zugesagt, im Falle eines Wahlsieges die Abkommen mit den USA und der NATO zu unterzeichnen. Diese bilden dann die Grundlage für den NATO-Nachfolgeeinsatz.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen rief den künftigen Präsidenten dazu auf, die Abkommen „baldmöglichst“ zu unterzeichnen. „Das ist der Schlüssel für Stabilität in Afghanistan und für die andauernde Unterstützung der Internationalen Geheimschaft.“

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