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Umkämpfter Biermarkt

Die Globalisierung des Biermarktes ist in vollem Gange. Die großen Player liefern sich angesichts sinkender Absatzzahlen seit Jahren einen aggressiven Übernahmekampf. „Fressen oder gefressen werden“ ist hier die Devise. Zuletzt schlug Heineken einen Übernahmeversuch des Konkurrenten SABMiller aus. Mit dem Kaufanbot von Heineken versuchte SABMiller selbst einer absehbaren Übernahme durch den Weltmarktführer Anheuser-Busch InBev zu entgehen.

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In Österreich sind Übernahmen derzeit nicht zu erwarten. „Der Markt in Österreich hat die Bereinigung schon vor Jahren hinter sich gebracht und ist jetzt stabil,“ so Jutta Kaufmann-Kerschbaum, Geschäftsführerin des Verbandes der Brauereien Österreichs im Gespräch mit ORF.at. Stattdessen steige die Zahl der Brauereien weiter an. „Es entstehen viele sehr kleine Brauereien, die sich regional auf ausgefallene Sorten spezialisieren.“ Ingesamt gibt es in Österreich derzeit 194 Brauereien, die mehr als 1.000 verschiedene Biere brauen.

Sechs Konzerne am weltweiten Zapfhahn

Weltweit teilen sich sechs große Konzerne den Markt für Bier auf. Marktführer ist der belgische Getränkeriese Anheuser-Busch InBev, der mit über 200 Marken in über 140 Ländern vertreten ist, darunter die bekannten internationalen Marken Beck’s, Bud und Corona. In Österreich ist Anheuser-Busch InBev an keiner Brauerei beteiligt. Auf Rang zwei liegt der britische SABMiller-Konzern mit Marken wie Foster’s, Pilsner Urquell, Radegast, Dreher und Grolsch. Auf den weiteren Plätzen folgen der ebenfalls dänische Carlsberg-Konzern (Rang 4) sowie die beiden chinesischen Großkonzerne China Resource Brewery (Rang 5) und Tsingtao Brewery Group (Rang 6).

Brauereien in Österreich

Neben der Brau Union als ungeschlagenem Marktführer ist die Stiegl-Brauerei in Salzburg mit knapp einer Million Hektoliter Bier pro Jahr Österreichs größte Privatbrauerei. Die Brauerei Egger bei St. Pölten produziert 830.000 Hektoliter Bier jährlich, einen Großteil davon machen Handelsketteneigenmarken aus. 590.000 Hektoliter Bier braut die Wiener Brauerei Ottakringer.

Brau Union gehört zu Heineken

Eine starke Beteiligung auf dem österreichischen Markt hat hingegen die Nummer drei auf dem Weltmarkt, Heineken. Der niederländische Biergigant hält die Mehrheit am heimischen Platzhirsch Brau Union, der in Österreich jedes zweite Bier (4,858 Mio. Hektoliter im Jahr) verkauft. Zu den Heineken-Marken gehören hierzulande acht Brauereien: Gösser, Zipfer, Puntigamer, Schwechater und Wieselburger. Mit dem Hofbräu Kaltenhausen in Salzburg, der auf Bio spezialisierten Brauerei Schladminger in der Steiermark und der Brauerei Falkenstein in Osttirol sind auch drei Spezialitätenmanufakturen im heimischen Portfolio des niederländischen Konzerns.

Neue Hopfensorten und alte Braumethoden

Die kleinen Brauereien erleben derzeit einen wahren Boom. Vorbei sind die Zeiten des Massengeschmacks, beim Kunden liegen sowohl regionale Spezialitäten als auch das „Kreativbier“ (international hat sich der Name „Craft Beer“ durchgesetzt, also handwerklich hergestelltes Bier) im Trend. Von neuen Hopfensorten über das Reifen in Barrique-Fässern bis zu innovativen Beigaben wie Chili, Sauerkirschen, Tannenzapfen oder Kaffee-Extrakten und dem Wiederentdecken alter Rezepte reicht die Spannweite der Bierspezialitäten.

Ein Bier Riesling Style, bei dem die Pilsbierwürze gemeinsam mit Weintrauben vergoren wird, gibt es etwa bei der Biermanufaktur Hofbräu Kaltenhausen in Salzburg. Auch Chocolate-, Maroni- und Coffee-Style-Bieres sind im Programm. Die Brauerei Hofstetten in Oberösterreich bietet unter anderem ein Kürbisbier und ein Honigbier an. Die Wiener NIXE Brau GmbH bietet ein spezielles Low-Carb Bier an. Es wird, wie auch ein Low-Carb-Radler, in der Traditionsbrauerei Schloss Eggenberg im Salzkammergut hergestellt.

Kuckucksbrauer: Brauen auch ohne eigene Brauerei

Die kleine Spezialitätenbrauerei Loncium aus Kärnten konnte mit ihrem „Dunklen Weizenbock“ heuer eine Bronzemedaillie beim alle zwei Jahre stattfindenden World Beer Cup, der Weltmeisterschaft der Biere und Brauer, erringen. Bei Bruckners Bierwelt in Niederösterreich und im Brauhaus Gusswerk in Salzburg können sich Hobbybrauer (sogenannte Gypsy Brewer oder auch Kuckucksbrauer) ohne eigenen Kessel und Gärraum einmieten und ihre eigenes Bier brauen.

Neben den kleinen versuchen sich aber auch die großen Brauereien auf dem wachsenden Markt der Kreativbiere und forschen in ausgelagerten Experimentier- und Spezialbrauwerkstätten nach passenden Rezepturen. So eröffnete etwa die Ottakringer Brauerei vor kurzem mit dem Brauwerk eine Kreativbrauerei, die mit einem Blond nach belgischer Brauart, einem Session IPA (India Pale Ale) und einem Porter wahre Exoten im Programm hat. Die Stiegl-Hausbrauerei bietet jeden Monat eine andere Spezialbiersorte an, wie etwa aktuell das Faux Pas, ein Sauerbier, das in Burgunder- und Cabernet-Franc-Fässern reift.

Ein Seidel pro Tag

Im Gegensatz zum Bierkonsum im restlichen Westeuropa, der in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen ist, ist die Nachfrage in Österreich stabil. 106,4 Liter Bier hat jeder Österreicher im Vorjahr laut Statistik getrunken. Das entspricht etwa einem Seidel täglich. Nur die Tschechen konsumieren mit 130 Litern jährlich noch mehr Bier.

Zum Vergleich: Der Pro-Kopf-Verbrauch bei Mineral- und Tafelwasser liegt hierzulande bei 91,5 Litern, bei Limonaden bei 89,1 Litern, bei Fruchtsäften bei 29,6 und bei Wein bei 29,3 Litern. „Der Bierabsatz in Österreich ist mit leichtem Auf und Ab seit Jahren auf einem gleichbleibend hohen Niveau. Durch das Wetter in diesem Jahr ist zwar ein großer Teil des Sommergeschäfts weggefallen, aber das kann ein warmer Herbst ja noch ausgleichen“, so Kaufmann-Kerschbaum.

Beate Macura, ORF.at

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