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EZB-Ziele „in weiter Ferne“

Erstmals seit September 1959 ist Italien wieder in der Deflation. Wie das Statistikamt Istat am Freitag mitteilte, fiel die Teuerungsrate im August auf minus 0,1 Prozent. Doch nicht nur Italien findet derzeit kaum einen Weg aus der laufenden Krise - im gesamten Euro-Raum ist die Sorge vor dem Schreckgespenst Deflation nach wie vor nicht gebannt.

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Auch in der Euro-Zone fiel die Teuerungsrate nach Angaben des EU-Statistikamtes Eurostat im August erneut und kratzt mit 0,3 Prozent nur noch knapp an der Deflationsschwelle. Es handelt sich um den niedrigsten Wert seit Oktober 2009. Schon im Juli war die Inflationsrate bei nur noch 0,4 Prozent gelegen. Die Entwicklung verstärkt den Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB), ihren Kampf gegen Deflationsrisiken zu forcieren.

Sinkende Energiekosten

„Die Inflation fällt und fällt. Das Ziel der Notenbank einer Teuerung von knapp zwei Prozent liegt in weiter Ferne“, so Thomas Gitzel von der VP Bank. Die Teuerungsrate wird insbesondere durch sinkende Energiekosten im Zaum gehalten. Sie fielen im Durchschnitt um 2,0 Prozent. Werden sie ausgeklammert, ergibt sich eine Inflationsrate von immerhin 0,6 Prozent. Das ist zumindest ein Lichtblick für die Währungshüter, da dieser Wert im Juli noch leicht niedriger gelegen war.

Auch in Italien gelten nach Angaben der Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“ sinkenden Energiepreise, insbesondere Treibstoffe wie Benzin als Hauptfaktor der nun erstmals seit über 50 Jahren wieder ins Negative gerutschten Teuerungsrate. 1959 war die Wirtschaft Italiens jedoch stark wachsend. Diesmal befindet sich Italien in der Rezession.

Konjunktur stagniert

Und es ist keine unmittelbare Besserung in Sicht. Im dritten Quartal werde die Konjunktur stagnieren, prognostizierte die nationale Statistikbehörde ISTAT in ihrem am Freitag veröffentlichten Monatsbericht. Noch im April hatte Italiens Regierung für 2014 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,8 Prozent vorausgesagt.

Im ersten und zweiten Quartal war die nach Deutschland und Frankreich drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone jedoch überraschend geschrumpft. 2013 war das BIP um 1,9 Prozent gesunken, 2012 sogar um 2,4 Prozent. Außerdem dürften die Verbraucherpreise in den kommenden Monaten nach Einschätzung der Statistiker weiter sinken. Erst zum Jahresende sei hier wieder mit einem Anstieg zu rechnen.

Besorgte Blicke auch nach Spanien

Neben Italien befindet sich etwa mit Malta ein weiteres Euro-Land bereits in der Deflation. Zum zweiten Mal in diesem Jahr dürfte im August zudem in Spanien ie Preisentwicklung wieder negativ ausfallen. Wie das Statistikamt in Madrid Mitte des Monats mitteilte, gingen die Preise im Vergleich zum Vorjahresmonat zuletzt um 0,4 Prozent zurück. Im Vergleich zum Juni sanken die Preise sogar um 1,5 Prozent.

In einer ersten Schätzung hatten die Statistiker ein Minus von 0,3 Prozent für den laufenden Monat ermittelt. So stark wie jetzt war der Rückgang letztmalig Ende 2009 - im Jahr der schweren Rezession nach der Finanzkrise. Ungeachtet dessen sieht die Regierung in Madrid das Land nicht in der Deflation. Die fallenden Energiepreise verzerren ihrer Ansicht nach das Bild, das sich bereits Ende des Jahres wieder aufhellen soll.

Draghi spricht von „holprigem Pfad“

Der Kampf gegen Deflationsgefahren dürfte bei den Währungshütern um EZB-Chef Mario Draghi weiterhin ganz oben auf der Agenda stehen. Vermieden werden soll, dass es in der Euro-Zone zu einer Spirale aus fallenden Preisen und sinkenden Investitionen kommt. Eine Deflation kann eine Wirtschaft lähmen, wie Japan schmerzlich erfahren musste. Deren Notenbank stemmte sich dagegen und heizte mit großen Geldspritzen die Inflation wieder an. Die EZB, die am Donnerstag zu ihrer Zinssitzung zusammenkommt, hat ein ähnliches Rezept in der Schublade und will es notfalls auch einsetzen.

Die Wirtschaft stagnierte zuletzt und ist nach Draghis Worten auf einem holprigen Pfad der Erholung. Das zeigt auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Diese hellte sich zuletzt nicht weiter auf. Die Arbeitslosenquote für die 18 Staaten im Währungsraum verharrte im Juli bei 11,5 Prozent. Am niedrigsten ist die Quote laut EU-Berechnung in Österreich und Deutschland mit 4,9 Prozent, am höchsten in Griechenland (27,2 Prozent im Mai) und Spanien (24,5 Prozent). Aus Italien wurden am Freitag 12,6 Prozent Arbeitslose gemeldet - Tendenz stark steigend.

Auch Nowotny schlägt Alarm

Die Teuerungsquote in der Euro-Zone gibt auch nach Einschätzung von EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny zunehmend Anlass zur Sorge. „Auch ich bin besorgt“, so Nowotny am Donnerstagabend mit Blick auf die Furcht vor einer deflationären Spirale aus fallenden Preisen und sinkenden Löhnen, die als Gift für die Konjunktur gilt, da sie Konsum und Investitionen auf Dauer hemmt. Nowotny zufolge ist es zudem „kein Geheimnis, dass wir eher eine Eintrübung der Konjunktur sehen“.

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