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Fast zehn Millionen Menschen vertrieben

Die Situation der Bürgerkriegsflüchtlinge in Syrien spitzt sich laut Vereinten Nationen (UNO) dramatisch zu. Inzwischen sei fast die Hälfte aller Syrer wegen der Gewalt auf der Flucht oder aus den Heimatorten vertrieben worden. Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) geht nach neuesten Zahlen von drei Millionen Flüchtlingen aus.

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6,5 Millionen Menschen seien innerhalb Syriens auf der Suche nach Sicherheit. Unter den entwurzelten Menschen seien „sehr viele Kinder", teilte das UNHCR am Freitag in Genf mit. "Die Krise in Syrien ist zum größten humanitären Notfall unserer Zeit geworden, aber die Welt versagt dabei, den Menschen und den Ländern, in die sie flüchten, zu helfen“, sagte UNO-Flüchtlingshochkommissar Antonio Guterres.

„Hilfe reicht nicht aus“

Selbst großzügige Angebote reichten nicht aus. „Die bittere Wahrheit ist, es ist zu wenig“, sagte Guterres. Zu den bisher gespendeten 3,1 Milliarden Euro würden zusätzlich bis Jahresende noch einmal 1,5 Milliarden Euro gebraucht, um die Flüchtlinge über den Winter zu bringen.

Flüchtlingskinder

ORF.at/Peter Prantner

Unter den entwurzelten Menschen sind laut UNHCR „sehr viele Kinder“

Laut UNHCR passieren die Menschen die Grenzen zusehends völlig erschöpft, im Schockzustand, verängstigt und ohne Ersparnisse. Die meisten seien seit mindestens einem Jahr auf einer Odyssee von Dorf zu Dorf gewesen, bevor sie sich endgültig zur Flucht entschlossen. Die Flucht selbst werde immer schwerer. Familien würden gezwungen, die Grenzposten zu bestechen oder Menschenschmuggler zu bezahlen.

Flucht in Libanon, Türkei, Jordanien

Inzwischen lebten im Libanon 1,1 Millionen syrische Flüchtlinge, in der Türkei 815.000, in Jordanien 600.000. Dort explodierten in einigen Regionen die Lebensmittelpreise, Brot etwa koste mehr als zehnmal so viel wie vor einem Jahr, berichtete die UNO weiter. Die Hilfsoperation sei inzwischen das größte Projekt in der 64-jährigen Geschichte des Flüchtlingshilfswerks.

Syrische Flüchtlinge im Libanon

ORF.at/Peter Prantner

Flüchtlingslager in der libanesischen Bekaa-Ebene

Mehr als 190.000 Tote

Das Regime von Präsident Baschar al-Assad versucht seit mehr als drei Jahren, einen Aufstand niederzuschlagen. Laut UNO-Angaben kamen schon weit mehr als 190.000 Menschen um. Eine Erhebung von Datenspezialisten im Auftrag des UNO-Menschenrechtsrates kam für den Zeitraum von März 2011 bis Ende April 2014 auf 191.369 bestätigte Todesfälle.

Die Zahl der Todesopfer habe sich innerhalb eines Jahres verdoppelt, sagte die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, unlängst in Genf. Wahrscheinlich seien noch weit mehr Syrer durch den Krieg umgekommen. Für die Erfassung hätten die Datenexperten aus Angaben zu mehr als 318.000 Todesfällen nur jene berücksichtigt, bei denen eindeutig überprüfbare Angaben vorlagen.

Hohe Dunkelziffer

Zudem gebe es viele Hinweise, wonach zahlreiche Tötungen gar nicht registriert worden seien. Bei der Erfassung wurden keine Unterschiede zwischen Kämpfern und Zivilisten gemacht. Die weitaus meisten Opfer seien Männer gewesen, etwas mehr als neun Prozent Frauen. Es seien auch mindestens 8.803 Kinder und Jugendliche getötet worden.

Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte hatte bereits davor von mehr als 180.000 Kriegstoten berichtet. Der Organisation zufolge, die sich auf ein Netzwerk von Aktivisten und Ärzten an Ort und Stelle stützt, war fast ein Drittel der Getöteten Zivilisten, darunter knapp 9.500 Kinder. Die Informationen der Gruppe sind von unabhängiger Seite nur schwer überprüfbar.

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