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Ecclestone offiziell unschuldig

Der Bestechungsprozess gegen Formel-1-Boss Bernie Ecclestone wird gegen Zahlung einer Geldauflage von 100 Millionen Dollar (fast 75 Mio. Euro) eingestellt. Das gab der Vorsitzende Richter Peter Noll am Dienstag im Landgericht München bekannt.

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99 Millionen Dollar überweist er an die bayerische Staatskasse, eine Million geht an die Deutsche Kinderhospizstiftung. Der Tatverdacht habe sich in wesentlichen Teilen nicht erhärtet, erklärte die Strafkammer die Entscheidung. „Die Höhe der Auflage orientiert sich an den Vermögensverhältnissen des Angeklagten“, sagte Noll in der Begründung weiter.

Aus der Höhe der Geldauflage könne nicht auf die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung oder die mögliche Schwere der Schuld geschlossen werden. Ecclestone habe zugesichert, dass er mit 100 Millionen Dollar eines „fühlbaren Anteils“ seines Vermögens entäußert werde, ohne dabei überfordert zu sein. Eine vergleichbare Geldauflage bei der Einstellung eines Strafprozesses ist in Deutschland nicht bekannt.

„Innerhalb einer Woche“

Ecclestone, dem bis zu zehn Jahre Haft gedroht hatten, sicherte zu, den Rekordbetrag innerhalb von einer Woche zu überweisen. „Wären die Mittel in angemessener Zeit flüssig zu machen?“, hatte Noll zuvor gefragt - und Ecclestone antwortete: „Yes.“ Da der Brite nach der Einstellung des Verfahrens offiziell unschuldig ist, kann er weiter an der Spitze der Formel 1 bleiben, die er aufgebaut hat und bis heute beherrscht.

„Ein bisschen ein Idiot“

Der britischen Nachrichtenagentur PA gegenüber meinte Ecclestone: „Ich war ein bisschen auch ein Idiot, diese Einigung einzugehen.“ Eigentlich habe ihn der Richter am Dienstag zum Abschluss praktisch freigesprochen und erklärt, die Staatsanwaltschaft habe keine stichhaltigen Argumente, begründete Ecclestone seine Sichtweise. Dennoch sei er zufrieden, nun das Kapitel abschließen zu können. „Letztlich waren es dreieinhalb Jahre Ärger, Reisen, Anwälte treffen und Gott weiß, wen noch - also ist es gut, dass das vorbei ist“, sagte der Brite.

Formel-1-Boss Bernie Ecclestone mit seinem Rechtsvertreter Sven Thomas

Reuters/Michael Dalder

Sein Anwalt spricht mit Ecclestone

Staatsanwalt sieht Restschuld bei Ecclestone

Die Münchner Staatsanwaltschaft sieht sich nach der Einstellung nicht als Verlierer. „Für uns stellt sich nicht die Frage nach Sieg oder Niederlage“, sagte Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch nach Verhandlungsende am Dienstag. Entscheidend sei, dass es der Staatsanwaltschaft gelungen sei, die Vorwürfe gegen Ecclestone überhaupt vor Gericht zu bringen.

„Wir erkennen eine Restschuld bei Ecclestone“, fügte Steinkraus-Koch hinzu. Allerdings habe auch Ecclestone erkannt, dass sein Verhalten nicht richtig gewesen sei. Der Staatsanwalt unterstrich, dass Ecclestone „wesentlich“ zur Aufklärung beigetragen habe. Hätte dieser vor Gericht nicht zugegeben, dass es einen Geldfluss an den früheren BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky beim Verkauf der Formel 1 gegeben habe, „hätten wir das höchstwahrscheinlich nicht klären können“.  

Verteidiger: Ecclestone erleichtert

Die Verteidigung begrüßte die Einstellung gegen die Zahlung als „gebotenen Schritt“. Es habe eine „klare Freispruchsoption“ gegeben, sagte Ecclestones Anwalt Sven Thomas am Dienstag. Der Beschluss des Gerichts „belegt dies eindrucksvoll“. Er hoffe, dass nun auch das „Gerede und Geschreibe“, dass sich Ecclestone habe freikaufen können, ein Ende habe. 

Ecclestone selbst äußerte sich nach der Einstellung seines Verfahrens zunächst nicht. Sein Verteidiger sagte: „Ich habe das Gefühl, dass er erleichtert ist.“ Der Prozess habe den 83 Jahre alten Briten belastet. „Ich habe großen Respekt davor, wie er das hier über Monate durchgehalten hat“, betonte Thomas.

Anwalt: „Hat mit Freikaufen nichts zu tun“

Nach dem deutschen Gesetz kann ein Prozess bei kleineren und mittleren Straftaten eingestellt werden, wenn der Angeklagte keine schwere Schuld auf sich geladen hat und mit einer Geldzahlung „das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung“ beseitigt.

Kritiker werteten das bereits im Vorfeld als unmoralischen Versuch, sich freizukaufen. Die Verteidigung wies die Vorwürfe zurück. „Das ist kein Deal“, betonte Anwalt Thomas in einer Verhandlungspause vor dem Münchner Landgericht. „Das hat mit Freikaufen nichts zu tun“, sagte er.

Staatsanwalt: Alter und Verfahrensdauer

Die Staatsanwaltschaft begründete ihre Zustimmung zu einer Einstellung des Verfahrens mit dem hohen Alter des Angeklagten und der langen bisherigen Verfahrensdauer, allerdings auch mit Ergebnissen der Beweisaufnahme im Prozess. Demnach habe es sich im bisherigen Prozessverlauf als schwierig erwiesen, Ecclestone nachzuweisen, dass er von einer Amtsträgerschaft des damaligen BayernLB-Vorstandes Gribkowsky wusste.

Gerhard Gribkowsky, ehemaliger Manager der BayernLB

APA/DPA/Frank Leonhardt

Ex-Risikovorstand der Bayern LB, Gerhard Gribkowsky

Die für eine Bestechung nötige Amtsträgerschaft lag bei Gribkowsky vor, weil die Bayerische Landesbank zur Tatzeit halbstaatlich war. Ecclestone hat bestritten, von einer Amtsträgerschaft gewusst zu haben - im Fall der Bestechung eines Managers einer reinen Privatbank wäre diese Art der Bestechung in Deutschland nicht anklagbar gewesen. Mehrere Zeugen stützten Ecclestone.

BayernLB-Vorstand zu Gefängnis verurteilt

Hintergrund des Verfahrens ist der Besitzerwechsel der Formel 1 vor acht Jahren. Ecclestone soll den damaligen BayernLB-Vorstand Gribkowsky mit 44 Millionen Dollar geschmiert haben. Dieser soll als Gegenleistung in der Bank durchgeboxt haben, dass sie ihren Formel-1-Anteil an Ecclestones Wunsch-Investor CVC verkaufte. Gribkowsky wurde von derselben Strafkammer rechtskräftig zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

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