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Schutz in UNO-Einrichtung gesucht

Bei israelischen Angriffen auf Ziele im Gazastreifen sind in der Nacht zum Mittwoch mindestens 32 Palästinenser getötet worden, ein Großteil davon in einer als Zufluchtsstätte genutzten Mädchenschule des UNO-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) in Dschabalija. Das UNRWA sprach nach dem dortigen Angriff mit Panzergranaten von 16 Toten, Ärzte gaben die Zahl der Toten mit 20 an.

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Zwei Klassenräume des Schulgebäudes im Lager Dschabalija wurden von Panzergranaten verwüstet. UNRWA verwaltet mehr als 80 Schulen. Angesichts israelischer Aufforderungen zum Verlassen bestimmter Angriffszonen suchen Tausende von Palästinensern in den Schulgebäuden Zuflucht. Am 24. Juli waren bei einem Angriff auf eine UNRWA-Schule bei Beit Hanun mindestens 15 Menschen getötet und 200 verletzt worden.

Palästinenser blicken in ein zerstörtes Klassenzimmer

Reuters/Mohammed Salem

Ein zerstörter Innenraum der UNO-Schule

UNRWA: Israel verletzt Völkerrecht

UNRWA warf Israel nach dem tödlichen Beschuss der Schule einen „schweren Verstoß gegen das internationale Recht“ vor. „Ich verurteile in der schärfsten möglichen Formen diese schwere Verletzung des internationalen Rechts durch die israelischen Streitkräfte“, erklärte der UNRWA-Leiter Pierre Krähenbühl am Mittwoch. „Ich rufe die internationale Gemeinschaft zum entschlossenen Handeln auf, um dem gegenwärtigen Gemetzel umgehend ein Ende zu machen.“

Die israelische Luftwaffe setzte auch in der Nacht auf Mittwoch ihre Angriffe auf den Gazastreifen fort. Auch in Israel gab es Raketenalarm. Der israelische Regierungssprecher Mark Regev sagte dem US-Fernsehsender CNN, die Hamas sei für alle Toten aufseiten der Palästinenser und Israels verantwortlich, da sie dafür sorge, dass der Konflikt weitergehe.

Waffenpause am Nachmittag

Israel kündigte am Mittwoch eine vierstündige humanitäre Feuerpause im Gazastreifen für den Nachmittag an. Die Armee warnte die Einwohner des Gazastreifens, während der Kampfpause in die evakuierten Wohngebiete zurückzukehren. Bereits am Samstag hatten sich Israel und die palästinensische Hamas-Bewegung auf eine zwölfstündige Waffenruhe verständigt.

Außenansicht der zerstörten Schule

APA/AP/Lefteris Pitarakis

Die UNO-Schule wurde von Panzergranaten getroffen

Hamas hofft auf Hisbollah

Die Hamas hofft, dass sich die libanesische Schiitenbewegung Hisbollah bald dem Kampf gegen Israel anschließt. „Wir hoffen, dass die libanesische Front eröffnet wird, damit wir dieses Gebilde (Israel) bekämpfen können“, sagte der Vizechef des Hamas-Politbüros, Mussa Abu Marsuk, nach Angaben des iranischen Senders Press TV von Mittwoch.

„Der Widerstand im Libanon hat die Kapazität, eine Menge Dinge zu tun“, meinte Marsuk unter Anspielung auf die Hisbollah, die 2006 mit Israel Krieg geführt hatte. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hatte vor kurzem erklärt, dass seine Bewegung den Palästinensern im Gazastreifen gegen die israelischen Angriffe zur Seite stehen werde. Bis jetzt hat die Hisbollah aber keine Anstalten gemacht, sich in die Kämpfe einzuschalten. Die Hisbollah („Hizb-Allah"/"Partei Gottes“) wird vom Iran finanziert und mit Waffen ausgerüstet. Sie verfügt über ein umfangreiches Raketenarsenal.

Erneut Waffenfund in UNRWA-Schule

UNO-Mitarbeiter entdeckten unterdessen in einer von ihnen verwalteten Schule ein Waffenlager. Die Weltorganisation beschuldigte militante Palästinenser, „die Neutralität einer unserer Einrichtungen verletzt“ zu haben. Die Schule werde derzeit nicht genutzt. Die israelische Armee hatte wiederholt auch Schulen oder Moscheen nach einer kurzen Vorwarnung angegriffen, wenn sie dort Waffenlager vermutete.

Der israelische Rundfunk berichtete Mittwochfrüh, dass erneut Waffen in einer UNRWA-Schule in Gaza gefunden worden seien. Das sei der dritte Fund dieser Art in zwei Wochen gewesen. Die UNO-Organisation verurteilte den Vorfall, berichtete die Zeitung „Jerusalem Post“ online.

Zudem wurde auch noch das einzige Kraftwerk des Gazastreifens von Granaten in Brand gesetzt. In weiten Teilen des Gebiets fiel der ohnehin nur stundenweise zur Verfügung stehende Strom ganz aus. Palästinenser und Israelis bezichtigten sich gegenseitig, die Geschoße abgefeuert zu haben.

Nächtlicher Raketenalarm in Tel Aviv

Auch in Israel litten die Menschen unter den Folgen der Auseinandersetzung. Erstmals wurden die Bürger der israelischen Mittelmeermetropole Tel Aviv auch mitten in der Nacht von Luftalarm aus den Betten geholt. Zwei Raketen aus dem Gazastreifen seien nahe Rischon LeZion südöstlich von Tel Aviv eingeschlagen, teilte die Armee mit.

Ban: UNO-Einrichtungen überfordert

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon warnte bereits am Dienstag, die UNO-Organisationen in Gaza seien überfordert und könnten keine zusätzlichen Menschen mehr versorgen. Rund zehn Prozent der Einwohner des Gazastreifens haben bisher Zuflucht in Einrichtungen der UNRWA gesucht. Mehr als 200.000 Menschen seien derzeit in 85 Anlaufstellen untergebracht, so UNRWA-Sprecher Chris Gunness am Dienstag.

Für Kranke und Verwundete sei es aufgrund des intensiven Beschusses schwierig, die wenigen funktionsfähigen Krankenhäuser überhaupt noch zu erreichen, meldete die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Diese seien zudem völlig überfordert. Nicht nur Medikamente, sondern auch Trinkwasser und Nahrungsmittel würden in dem von 1,8 Millionen Menschen dicht besiedelten Gebiet knapp, schrieb die Organisation.

Zahl der Toten steigt täglich

Der seit 23 Tagen andauernde Militäreinsatz in dem Palästinensergebiet ist inzwischen Israels längster Krieg seit 2006. Er dauert schon länger an als die Konflikte im Gazastreifen in den Jahren 2009 und 2012.

Die palästinensischen Rettungsdienste kommen in ihrer Zusammenstellung zu der jüngsten militärischen Konfrontation, die am 8. Juli begann, auf insgesamt mindestens 1.260 getötete und mehr als 7.100 verletzte Palästinenser. Unter den jüngsten Toten sind acht Mitglieder einer Familie in der Stadt Chan Junis sowie zwei Mädchen im Alter von elf und 16 Jahren. Getroffen wurden über Nacht auch drei Moscheen, wie die palästinensischen Sicherheitskräfte mitteilten. Die getroffenen islamischen Gotteshäuser befinden sich demnach in Gaza-Stadt, im Lager Schati und in Rafah.

Laut israelischem Militär starben auf israelischer Seite 53 Soldaten und drei Zivilisten. Wie UNRWA-Sprecher Gunness, mitteilte, starben auch fünf UNO-Mitarbeiter, darunter drei für UNRWA tätige Lehrer.

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