Viele Fragen noch offen
Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) und Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) haben sich am Mittwoch auf einen zuvor regierungsintern umstrittenen Breitbandausbau geeinigt. Wie von Bures seit langem gefordert, wird es eine Milliarde Euro an Gesamtförderung geben, die ersten 200 Millionen Euro sollen 2016 fließen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Spindelegger und Bures betonten zu Mittag im Finanzministerium nach einem runden Tisch mit Länder- und Branchenvertretern das gute Gesprächsklima und dass nun eine Einigung im Sinne Österreichs erzielt werden konnte. Die Förderung von insgesamt einer Mrd. Euro werde 2014 und 2015 nicht budgetwirksam. Am strukturellen Nulldefizit für 2016 hielt Spindelegger fest.
Neben Spindelegger, Bures und dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser, der in seiner Funktion als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferz zugegen war, waren im Finanzministerium am Mittwoch noch der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und Vertreter von Telekom Austria, T-Mobile Austria und „3“ anwesend.
Einige Hürden zu nehmen
Allerdings sind noch viele Fragen offen. Ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof ist anhängig. Die Frequenzauktion ist noch nicht rechtskräftig - „3“ (Hutchison) und T-Mobile hatten geklagt. Bures erwartet das Urteil heuer im Herbst. Ebenso muss noch geklärt werden, ob die Förderung von der EU-Kommission ratifiziert werden muss. Bei den Förderprogrammen handelt es sich um Beihilfen, die europarechtlich geprüft werden müssen. Und letztlich entscheidet noch der Ministerrat über den Masterplan von Bures. Bures hofft, dass Brüssel den Plänen noch 2014 grünes Licht gibt. Die Ausschreibungen sollen dann 2015 starten.
Milliarde „fiktiver Betrag“
Frühestens im September könnte feststehen, ob die gesamte Milliarde auch fließt, im Finanzministerium hofft man, mit weniger Geld auszukommen. Die Milliarde sei derzeit noch ein „fiktiver Betrag“, hieß es zur APA. Ausgebaut wird das Netz technologieoffen, es gibt also keine Präferierung für den Mobilfunk. Hier könnte es noch ein Match zwischen der Telekom Austria mit ihrer historisch bedingt flächendeckenden vergrabenen Infrastruktur und T-Mobile sowie „3“ mit ihrem Handynetz geben.
Günstigster Betreiber soll Zuschlag erhalten
Schon zu Jahresbeginn hatte in der Branche die Befürchtung geherrscht, dass die teilstaatliche Telekom Austria den Löwenkuchen beim Breitbandausbau vom Verkehrsministerium zugeschanzt bekommen könnte. Mittlerweile befindet sich die Telekom aber unter Kontrolle der mexikanischen America Movil, die 51 Prozent an dem ehemaligen Monopolisten hält und im Aufsichtsrat das Sagen hat.
Den Zuschlag soll jener Anbieter erhalten, der in der jeweiligen Region am günstigsten ausbaut. Somit soll auch sichergestellt werden, dass die Netzbetreiber ihre Zusage einhalten, jeden Fördereuro zu verdoppeln. Außerdem soll der Ausbauplan gewährleisten, dass nicht die ohnehin gut ausgebauten und lukrativen Städte bedient werden, sondern eben jene ländlichen Gebiete, die derzeit schlecht oder kaum versorgt sind.
Ländliche Regionen im Visier
Nun solle der Ausbauplan von Bures sicherstellen, dass die Mittel in jene ländlichen Regionen fließen, die bisher keine schnelle Internetverbindung hatten, hieß es weiter. Dass nur ländliche Regionen das Fördergeld erhalten sollten, stößt wiederum dem Städtebund sauer auf. „Beim Breitbandausbau bedarf es einer österreichweiten Strategie, die nicht ohne Mitwirkung der Städte gemacht werden kann. Städte sind als Wirtschaftszentren wichtige Player, die beim Ausbau ein grundlegendes Mitspracherecht haben“, erklärte Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes.
Bures sieht Zehntausende Arbeitsplätze
Bures hat für den Breitbandausbau eine Milliarde Euro - die Hälfte der zwei Mrd. Euro schweren Auktion von Mobilfunkfrequenzen im vergangenen Herbst - als Rücklage im Ministerium zur Seite gelegt. Bures erinnerte am Mittwoch mit Verweis auf eine WIFO-Studie daran, dass Investitionen von 1,5 Mrd. Euro für den Breitbandausbau einen Beschäftigungseffekt von 64.200 Vollzeitarbeitsplätzen haben.
„Das heißt, dass wir mit einer Milliarde Euro Förderung bei einer Förderquote von 50 Prozent einen Beschäftigungseffekt von über 85.000 Arbeitsplätzen erzielen“, erläutert die Ministerin.
Monatelange Querelen
Spindelegger hatte sich gegen die von Bures geforderte „Breitbandmilliarde“ monatelang quergelegt. Mitte Mai eskalierte der Streit: Finanzstaatssekretär Jochen Danninger (ÖVP) warf Bures vor, sich nicht an die gemeinsame Regierungslinie zu halten, die da laute, dass die „Breitbandmilliarde“ derzeit nicht finanzierbar sei. Danninger forderte Kanzler Werner Faymann (SPÖ) auf, dafür zu sorgen, dass die SPÖ „den Populismus zurückstellt“. Denn sowohl Faymann als auch Bures seien dabei gewesen, als man in der Regierung beschlossen habe, den Breitbandausbau aus budgetären Gründen auf Eis zu legen.
Dass nun am Mittwoch jene Einigung gefunden wurde, die die SPÖ seit Jahresbeginn fordert, begründete Spindelegger vor Journalisten damit, dass nun eben ein genauerer Plan für den Ausbau vorliege. Damit, dass sich das Finanzministerium beim Geldbedarf bei den ÖBB um 600 Mio. Euro verrechnet hat und nun mehr Mittel für das Budget zur Verfügung stehen, habe das Ja des Finanzministers zur „Breitbandmilliarde“ nichts zu tun, so Spindelegger.
OECD schätzt Ausbau auf fünf Milliarden
Bures verwies im Vorfeld auch auf Zahlen der OECD, wonach der flächendeckende Breitbandausbau in Österreich insgesamt bis zu fünf Mrd. Euro koste. Die öffentliche Hand müsse der Telekombranche unter die Arme greifen, weil sich der Ausbau für die Firmen nicht überall rechne. Das Infrastrukturministerium spricht von einem Drittel der Bevölkerung, das ohne Förderungen nicht an das Breitbandnetz angeschlossen würde.
Ziel der Breitbandstrategie sei es, dass bis 2020 „nahezu“ alle Österreicher - gemeint sind 99,9 Prozent - Zugang zu „ultraschnellem“ Internet haben, also mit 100 Megabit pro Sekunde surfen können. Mit solchen Bandbreiten lassen sich große Datenmengen wie Filme in High Definition innerhalb kürzester Zeit herunterladen.
Mödlhammer: Grundversorgung herstellen
Kaiser meinte nach dem Treffen, dass die letzte Breitbandoffensive mit 31. Dezember 2013 geendet und seitdem ein unproduktiver Leerlauf geherrscht habe. Die Höhe der Mittel der Länder könne nun rechtzeitig in den Budgets festgelegt werden. Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer hielt fest: „Damit können wir die weißen Flecken auf der Breitbandlandkarte in Angriff nehmen, um dort zumindest eine Grundversorgung herzustellen.“
Links: