Wieder mehr faule Kredite
Die größten Schockwellen der Finanzkrise sind vorbei. Doch Entwarnung gibt es keine. Gerade im Bankensektor gebe es noch Schwachstellen, zeigt der am Sonntag veröffentlichte Jahresbericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Der Bankensektor habe sich zwar erholt, gerade in Europa sei aber die Lage vor allem aufgrund der Verschuldung der Institute angespannt.
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In den USA verbesserten sich die Gewinne der Banken im vergangenen Jahr bereits wieder. Staatsschuldenkrise und die schwierige Konjunktursituation trüben das Ergebnis der europäischen Banken. Der Handlungsbedarf sei weiterhin groß, um die Banken widerstandsfähiger und ihre Geschäftsmodelle langfristig tragfähig zu machen, so die BIZ, die oberste Zentralbank. Kritik übt die Bank insbesondere auch an der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Mit niedrigen Zinsen und Liquidität subventioniere sie das Finanzsystem. Selbst schwachen Banken sei es dadurch möglich, schlechte Bilanzen zu übertünchen, zitiert die „Welt“ die BIZ.
Warnung vor „Zombiebankensystem“
Manche Banken hätten nicht zuletzt aufgrund überschuldeter Kreditnehmer weiterhin Schwächen in den Bilanzen. „Die Reparatur der Bilanzen ist nicht komplett und gehört zu den wichtigsten Aufgaben in der Euro-Zone“, heißt es im BIZ-Jahresbericht. Von einem „Zombiebankensystem“ war die Rede. Das Wort Zombieplage wurde in den 80er Jahren in den USA für Banken verwendet, die schwach waren, aber von Zentralbanken künstlich erhalten wurden, berichtete die „Welt“.
BIZ
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) gilt als „Notenbank der Notenbanken“ und hat ihren Sitz in Basel. 1930 wurde sie gegründet, um die deutschen Reparationszahlungen nach dem Ersten Weltkrieg an die Siegermächte abzuwickeln.
Die BIZ gestand aber ein, dass die Banken der Euro-Zone im Zusammenhang mit dem laufenden Bilanzcheck der EZB diese Probleme verstärkt angingen. So wurden etwa Kapitalpuffer aufgebaut, indem Gewinne einbehalten und Risikopositionen reduziert wurden. Das erfolgte zum Teil aber auch durch optimistischere Risikomodelle, kritisierte die BIZ. Sie forderte daher mehr Transparenz bei der Berechnung der Risikowerte. Seit 2008 sei die Zahl der faulen Kredite wieder stark nach oben gegangen insbesondere in Italien und Spanien.
„Nicht so einfach, uns auszutricksen“
Ab November übernimmt die EZB die Aufsicht über die größten Banken im Euro-Raum. Zuvor führt sie noch einen Bilanzcheck durch. In einem Stresstest wird die Widerstandsfähigkeit der Banken getestet. Die neue Leiterin der Bankenaufsicht, Daniele Nouy, kündigte gegenüber dem „Spiegel“ einen „harten“ Stresstest an: „Es ist nicht so einfach, uns auszutricksen.“ Stichtag für den Test sind die Daten von Ende 2013. Aktuelle Entwicklungen könnten sich darin möglicherweise nicht widerspiegeln, gibt Nouy zu.
Künftig soll es aber jährlich einen Stresstest geben, wenn auch nicht genauso umfangreich wie dieses Mal, so Nouy: „Die Tests werden sich ähnlich weiterentwickeln wie in den USA und stärker zu einem Instrument der laufenden Überwachung werden.“ US-Stresstests seien erfolgreich, weil es für den Fall möglicher Kapitallücken einen öffentlichen Sicherungsmechanismus gegeben habe: „Bei früheren Tests in Europa war das nicht der Fall, was zu erheblichen Verwerfungen geführt hat“, sagt Nouy. Ein „letzter Ausweg“ wäre auch der europäische Rettungsfonds (ESM). „Aber wir werden uns auch nicht scheuen, Banken abwickeln zu lassen.“
„Betreten unbekanntes Terrain“
Allerdings seien die Banken nicht allein die Schwachstellen, warnt BIZ-Chefökonom Hyun Song Shin im Gespräch mit Reuters vor neuen Turbulenzen auf den Finanzmärkten. Gerade die als eher konservativ geltenden Großinvestoren wie Pensionsfonds und Vermögensverwalter gingen aufgrund der international niedrigen Zinsen immer höhere Risiken ein, um garantierte Erträge erwirtschaften zu können. „Aktuell sieht alles zwar sehr gut aus, aber es baut sich möglicherweise ein schmerzhafter und sehr zerstörerischer Umschwung auf“, so Shin.
Als Warnsignal sieht der frühere Präsidentenberater in Südkorea etwa die geringen Schwankungen der Notierungen an den Weltmärkten. Dadurch würde verdeckt, dass einzelne Investoren schon heute enorme Risiken aufgebaut hätten: „Wir betreten hier bis dato völlig unbekanntes Terrain.“
Großes Interesse an riskanten Anleihen
Man dürfe daher sich bei der Regulierung der Finanzbranche nicht auf die Banken beschränken: „Wir dürfen nicht blind werden für neue Risiken.“ Investoren seien inzwischen oft bereit, teilweise hoch riskante Wertpapiere, etwa Anleihen von Firmen mit niedrigerer oder zweifelhafter Bonität, zu zeichnen. So wurden im vergangenen Jahr weltweit pro Quartal im Schnitt riskante Unternehmensanleihen im Wert von 90 Mrd. Dollar (66,08 Mrd. Euro) emittiert, die großen Absatz fanden. Vor der Krise waren es pro Quartal im Schnitt 30 Mrd. Dollar.
Shin empfiehlt staatliche Maßnahmen, um aufkeimenden Spekulationsblasen entgegenzuwirken. Da müsste aber bei den Entscheidungsträgern noch einiges geschehen, denn vielen seien die Möglichkeiten, die sie hätten, oft kaum bekannt. EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch gab am Sonntag gegenüber dem Deutschlandfunk selbst zu, dass die Möglichkeit der EZB, Spekulationsblasen auf dem Immobilienmarkt zu erkennen, beschränkt sei: „Unser Wissen über Blasen ist übrigens auch nicht so ausgebildet, dass wir die Blasen besser im Vorhinein erkennen können als im Nachhinein.“ Die BIZ hingegen war eine der wenigen Institutionen, die vor der schweren Finanzkrise 2007/2008 gewarnt hatte.
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