Schwere Anschläge erschüttern Kenia
An der kenianischen Küste haben Islamisten den zweiten Tag in Folge Massaker an Einwohnern verübt. Nach der Ermordung von fast 50 Bewohnern der Stadt Mpeketoni schlugen die Angreifer in der Nacht zum Dienstag in einem nahe gelegenen Dorf erneut zu und töteten nach Regierungsangaben 15 Menschen. Laut einem Bericht wurden im Zuge dessen mindestens zwölf Frauen entführt.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Nach Angaben der BBC, die sich auf Angaben von Einwohnern der betroffenen Dorfes Poromoko nahe Mpeketoni bezog, hätten sich die Entführungen während des Angriffs ereignet. Augenzeugen berichteten, die Angreifer hätten die Bewohner von Poromoko gezwungen, sich vor ihren Häusern zu versammeln und das islamische Glaubensbekenntnis zu rezitieren.
Zwei Festnahmen
Laut dem Bericht der Zeitung „Daily Nation“ hätten die Angreifer die Menschen dann per Kopfschuss getötet. Fast alle Opfer beider Angriffe waren offenbar Männer. Zahlreiche Häuser seien niedergebrannt worden. Nach Angaben des Roten Kreuzes werden nach den beiden Attacken zudem mehr als 50 Menschen vermisst. Wie ein Sprecher der Nachrichtenagentur AFP sagte, flohen Dutzende Menschen vor den Angreifern in den Wald. Einige der Vermissten könnten aber auch tot sein. Mittlerweile nahm die Polizei zwei Verdächtige fest. Es handle sich um den Besitzer eines bei den Angriffen benutzten Fahrzeugs und um einen Fahrer, berichtete „Daily Nation“ am Mittwoch.
Präsident: Nicht Al-Schabab verantwortlich
Erst zuletzt hatte sich die islamistische Al-Schabab-Miliz zum Blutbad am Sonntag bekannt und weitere Attacken angekündigt - auch das Vorgehen bei den Überfällen deutete auf eine Tat der Terrororganisation hin. In einer TV-Ansprache erklärte Kenias Präsident Uhuru Kenyatta am Dienstagnachmittag jedoch überraschend, dass Al-Schabab mit den Angriffen nichts zu tun habe. Kenyatta sprach von Gewalt gegen seine Volksgruppe der Kikuyu.
„Ethnisch motivierte Gewalt“
„Es handelte sich um ethnisch motivierte Gewalt und nicht um einen Terrorangriff der Al-Schabab“, sagte er am Dienstag und widersprach damit der Islamistenmiliz aus Somalia. Nach wachsender Kritik wandte er sich am Dienstagnachmittag an das Volk. Den neuen Anschlag in der Nacht auf Dienstag kommentierte er nicht.
Die Attacke am Sonntag sei „gut geplant“ gewesen, zudem gebe es Hinweise darauf, dass örtliche politische Netzwerke in dieses „widerliche Verbrechen“ verstrickt seien. An den Folgen des Angriffs am Sonntagabend auf das Dorf Mpeketoni waren 49 Menschen gestorben. Eine Überlebende dieses Angriffs sagte der Nachrichtenagentur dpa, sie habe Angst, mit ihrer Familie nach Mpeketoni zurückzugehen. „Wir verstecken uns jetzt schon seit Sonntagabend in den Wäldern und wir haben nichts bei uns“, sagte die Taxifahrerin Mercy Kariuki.
Viele trauen Kenyatta nicht
Unterdessen halten viele Kenianer die jüngsten Aussagen des Präsidenten für politische Propaganda. Denn trotz erhöhter Sicherheitsmaßnahmen in mehreren Regionen Kenias wirkte Kenyatta bisher machtlos im Kampf gegen die islamistischen Extremisten. Er versprach immerhin, die Sicherheit rund um den Ort der neuen Übergriffe zu verschärfen. Zudem wird Kenyatta vom Weltstrafgericht in Den Haag vorgeworfen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen und seine Leute zu Morden und Vergewaltigungen angestiftet zu haben.
In Kenia kommt es immer wieder zu Terroranschlägen. Der folgenschwerste war bisher der Überfall auf das Einkaufszentrum Westgate in der Hauptstadt Nairobi, bei dem im September vergangenen Jahres 67 Menschen starben. Al-Schabab hatte sich auch zu dieser Tat bekannt. Sie fordert den Abzug kenianischer Truppen aus Somalia. Bereits nach den Wahlen 2007 war Kenia in ethnischer Gewalt versunken. Fast wäre es zu einem Bürgerkrieg gekommen. Konflikte der Dutzenden Ethnien und ihrer Untergruppen stellen seit langem eines der größten Probleme des Landes dar.
Tourismus in schwerer Krise
Der Anschlagsort Mpeketoni liegt etwa 50 Kilometer von dem Inselarchipel entfernt, das lange als Urlaubsparadies im Indischen Ozean galt. Wegen der andauernden Gewalt und immer schärferer Sicherheitshinweise der westlichen Regierungen erlebt der für Kenias Wirtschaft so wichtige Tourismus eine schwere Krise.
Links: