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Listen vom Geheimdienst beschlagnahmt

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat der Republik Moldawien ihre territoriale Integrität zugesichert, wenn diese als „Bedingung“ die verfassungsrechtlich verankerte Neutralität beibehält und der separatistischen Republik Transnistrien, die im Osten an die Ukraine grenzt, einen „Sonderstatus“ einräumt. Das erklärte Lawrow in einem Interview für Bloomberg TV.

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Die stark nach Moskau orientierte, 1992 von Moldawien abgespaltene Region hatte sich insbesondere seit Ausbruch des Krim-Konflikts für eine Vereinigung mit Russland ausgesprochen. In einer von der Vereinigung russischer Gemeinschaften in Transnistrien organisierten zweiwöchigen Unterschriftenaktion hatten sich laut Medienberichten 186.000 der rund 500.000 Transnistrier für einen Anschluss an Russland ausgesprochen.

Die Listen mit den Unterschriften, die der russische Vizepremier Dimitri Rogosin am Wochenende nach Russland mitnehmen wollte, wurden vom moldawischen Geheimdienst beschlagnahmt. In dem Bloomberg-Interview am Mittwoch hatte Lawrow bekräftigt, dass „wir bezüglich Transnistrien eine Lösung befürworten, welche die territoriale Integrität und Souveränität der Republik Moldawien einhält“.

Karte von Moldawien

APA/ORF.at

Rumänien fürchtet „Worst-Case-Szenario“

Davor hatte der rumänische Staatschef Traian Basescu in einer Stellungnahme als „Worst-Case-Szenario“ befürchtet, dass eine Destabilisierung der Situation in der Region Odessa auf Transnistrien übergreifen und „der Einfluss Russlands so weit gehen könnte, dass das von Russland kontrollierte Territorium bis hin zum Chilia-Arm (des Donaudeltas) als alte Grenze der Sowjetunion reicht. Wir glauben, dass das eines der Ziele ist.“ Die russische Botschaft in Bukarest wies Basescus Aussagen nachdrücklich zurück.

Moldawien hat im November 2013 durch die Entscheidung zur Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU einen deutlichen EU-Kurs eingeschlagen. Das lehnt Russland ab - erst kürzlich hatte Rogosin die für den 27. Juni vorgesehene offizielle Unterzeichnung des Abkommens als Verstoß gegen die Neutralitätsklausel verurteilt und im Falle der Unterzeichnung mit „einem Umdenken bei den wirtschaftlichen Beziehungen mit Moldawien“ gedroht. Rogosin forderte, dass vor der Assoziierung mit der EU ein Referendum über die Orientierung zum Westen hin oder aber nach Moskau abgehalten werde.

Basescu gab demgegenüber zu bedenken, dass Moldawien „sehr gut überlegen muss, welchen Wert der Neutralitätsartikel seiner Verfassung hat, solange dieser nicht eingehalten wird, da es ja Besatzungstruppen im Land hat“. In Transnistrien sind derzeit russische Truppen stationiert.

NATO: Niemand kann Russland mehr vertrauen

Nach der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim durch Russland hält NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen Zusicherungen Moskaus zum Staatsgebiet anderer östlicher Länder für unglaubwürdig. „Nach dem, was wir in der Ukraine gesehen haben, kann niemand mehr auf Russlands sogenannte Garantien bezüglich der Souveränität und territorialen Integrität anderer Staaten vertrauen“, sagte Rasmussen am Freitag bei einem Besuch in Rumänien. Er nahm damit Bezug auf Äußerungen aus Russland, dass die Republik Moldawien sicher sei, wenn sie blockfrei bleibe und das abtrünnige Gebiet Transnistrien einen Sonderstatus genieße.

Transnistrien hatte im Jahr 1990 seine Unabhängigkeit von Moldawien erklärt. Der Großteil der Bevölkerung ist russischsprachig. Seit über 20 Jahren sind russische Truppen in Transnistrien stationiert. Sie gehören teils zusammen mit Soldaten aus Moldawien und Transnistrien zu einer Friedenstruppe, die seit dem Ende blutiger Kämpfe um das Gebiet im Jahr 1992 die Konfliktzone überwacht. Moskau hat gegen den Willen der Regierung von Moldawien jedoch noch immer eigene Soldaten und Waffenvorräte dort - trotz einer im Jahr 1999 getroffenen Rückzugsvereinbarung.

Barroso warnt Moskau

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso hatte Russland erst am Vortag vor dem Versuch gewarnt, die Annäherung östlicher EU-Nachbarstaaten an die Europäische Union durch Druck zu verhindern. „Solche möglichen Aktionen Russlands gegen unsere östlichen Partner wären nicht hinnehmbar“, sagte er am Donnerstag in Brüssel nach einem Treffen mit dem Regierungschef der Republik Moldawien, Iurie Leanca.

„Moldawien ist ein freies und unabhängiges Land, um eigene Entscheidungen zu treffen“, sagte Barroso. Vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise hat die EU die Beziehungen zu Moldawien vertieft: Die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten wollen am 27. Juni in Brüssel mit Leanca ein weitreichendes Assoziierungsabkommen unterzeichnen. Moldawien ist das erste der östlichen EU-Partnerländer, dessen Bürger ohne Visa in die EU reisen dürfen. Barroso sagte, die Regierung in Chisinau könne in diesem Jahr mit rund 160 Millionen Euro Finanzhilfe der EU rechnen.

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