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Anfänge als Staubsaugervertreter

Fernsehen, Frauen und Politik: Auf diese drei Begriffe konzentrieren sich die Lebensinhalte des 77-jährigen Großunternehmers und Medienfürsten Silvio Berlusconi, der fast zwei Jahrzehnte lang Italiens politische Szene dominiert hat. Der langlebigste und umstrittenste italienische Politiker der Nachkriegszeit ist auch wegen seiner Dauerschwierigkeiten mit der Justiz bekannt.

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Der 1936 in Mailand als Sohn eines Bankangestellten geborene Berlusconi begann seine Laufbahn als Staubsaugervertreter und Conferencier auf Kreuzfahrtschiffen. Über die bescheidenen Verhältnisse seiner Jugendjahre erzählt der Medienmogul gern. Mit 25 Jahren hatte er den Doktortitel der Rechtswissenschaften der Universität Mailand in der Tasche und eine Riesenkarriere im Sinn.

Silvio Berlusconi 1986

AP/Carlo Fumagalli

1986 als Präsident von AC Milan

Im Jahr 1961 stieg er in die Baubranche ein. Er erwarb mit teils undurchsichtigen Bankkrediten in der Peripherie der expandierenden lombardischen Wirtschaftsmetropole Grundstücke, auf denen er Wohnsiedlungen errichtete. In der Folgezeit baute er ganze Stadtviertel auf.

Zwielichtige Freundschaften

Parallel dazu wurde Berlusconi in den 70er Jahren in der Medienbranche aktiv. 1977 begann der „Cavaliere“ - wie er sich als Träger des Verdienstordens „Ritter der Arbeit“ nennen lässt - seine Karriere im Mediengeschäft. Nach und nach baute er sich ein Netz von privaten TV-Sendern auf, das bald mit Abstand zum größten seiner Art in Europa wurde.

Dass er dabei von oft zwielichtigen Freundschaften in Politik und Finanzwelt profitiert habe, warf und wirft man ihm immer wieder vor. In den 80er Jahren stieg der Unternehmer auch ins Fußballgeschäft ein. Er erwarb den krisengeschüttelten Fußballclub AC Milan, den er in wenigen Jahren zu einer der stärksten europäischen Mannschaften machte.

Im Herbst 1993 begann der TV-Magnat schließlich seine politische Karriere. Er verzichtete darauf, sich persönlich um seine Holding Fininvest zu kümmern, deren Eigentümer er aber blieb, und gründete seine konservative Partei Forza Italia (FI). Der Begriff stammt - bei Berlusconi kaum anders zu erwarten - aus dem Fußballjargon und bedeutet sinngemäß „Hopp auf Italien“. 1994 gewann er die Parlaments- und Europawahlen an der Spitze einer Mitte-rechts-Allianz. Wegen Konflikten zwischen ihm und seinen Koalitionspartnern brach das Bündnis aber nach knapp sieben Monaten auseinander.

Als Erster volle Amtsperiode durchgehalten

Entgegen den Erwartungen seiner Gegner kehrte der stets siegessichere TV-Mann der Politik nicht den Rücken, sondern begnügte sich mit der Rolle des Oppositionschefs, während er seine FI und seine Allianz deutlich stärkte. Nach einer siebenjährigen „Durststrecke“ konnte Berlusconi bei der Parlamentswahl im Mai 2001 sein Comeback als Regierungschef feiern.

Als erster italienischer Ministerpräsident in der republikanischen Geschichte Italiens blieb er eine ganze fünfjährige Legislaturperiode im Amt. Eine Wiederwahl schaffte er bei der Parlamentswahl 2006 jedoch nicht. Er blieb nur 25.000 Stimmen hinter seinem Gegner Romano Prodi zurück, der aber nur 24 Monate im Amt blieb. 2008 gewann Berlusconi mit breiter Mehrheit erneut die Parlamentswahl.

Verheerendes Image

Justizfragen überschatteten Berlusconis politische Karriere seit seinem Einstieg in die Politik. Der liberalkonservative Politiker scheute kein Kräftemessen mit der Linken, um umstrittene Justizreformen durchzusetzen, mit denen er - behaupten seine Gegner - sich und seine Vertrauensmänner vor einer Verurteilung zu retten versuchte.

Im vergangenen Juni wurde Berlusconi von einem Mailänder Gericht erstinstanzlich wegen Sex mit der minderjährigen marokkanischen Nachtklubtänzerin Karima el Mahroug alias Ruby Herzensbrecherin und Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt. Ein Berufungsverfahren ist geplant. Beim Mediaset-Prozess wegen Steuerbetrugs wurde die vierjährige Haftstrafe bestätigt.

In den letzten Jahren ist der Vater von fünf erwachsenen Kindern und Großvater in den Strudel einer unglaublichen Serie von Sexskandalen geraten, die sein internationales Image zunichtegemacht haben. Im Mai 2009 kündigte Berlusconis zweite Ehefrau Veronica Lario nach 20 Ehejahren die Trennung von ihrem Mann an. 2010 leitete die Mailänder Staatsanwaltschaft wegen Sex mit der 17-jährigen Ruby Ermittlungen gegen den Premier ein. Die Untersuchung führte zu einem Prozess, der mit Berlusconis erstinstanzlicher Verurteilung endete.

Dauercomebacks bis zuletzt

Auch politisch geriet Berlusconi immer mehr in die Bredouille. Im Juli 2011 geriet Italien immer tiefer in den Sog der Schuldenkrise - und der Druck auf einen Rücktritt Berlusconis nahm zu. Der Premier weigerte sich jedoch hartnäckig, zurückzutreten, bis ihm mehrere Parlamentarier seiner Koalition den Rücken kehrten. Daraufhin musste Berlusconi seine Demission einreichen, während eine Menschenmenge vor dem Präsidentenpalast mit Schmährufen das Ende seiner Regierung feierte. Der parteiunabhängige Wirtschaftsexperte Mario Monti übernahm die Führung des Landes und leitete eine drakonische Sparpolitik ein.

Kein Jahr lang hielt es Berlusconi fern von der Politik aus. Im Dezember 2012, während Italien immer tiefer in die Rezession schlitterte, beschloss Berlusconi, Montis Fachleute-Kabinett das Vertrauen zu entziehen. Der Premier reichte daraufhin seinen Rücktritt ein, was den Weg zu Neuwahlen ebnete. Dank des populistischen Versprechens einer Steueramnestie und einer Rückerstattung der von den Italienern 2012 gezahlten Immobiliensteuer stieg Berlusconis Partei zur zweitstärksten Kraft im Parlament auf.

Bestechung für Sturz Prodis?

Berlusconi wurde 2013 wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft rechtskräftig verurteilt. Er wurde daraufhin aus dem Senat ausgeschlossen und verlor damit seine parlamentarische Immunität. Einen weiteren Rückschlag musste Berlusconi im März 2014 einstecken, als Italiens Kassationsgericht ein zweijähriges Ämterverbot gegen Berlusconi bestätigt hat. Damit darf Berlusconi zwei Jahre lang keine öffentlichen Funktionen übernehmen.

Nun ist er mit weiteren Klagen und Gerichtsprozessen konfrontiert, unter anderem wegen Bestechung des Ex-Senators und Mitte-links-Politikers Sergio De Gregorio im Jahr 2006, die zum Sturz der Regierung des damaligen Ministerpräsidenten Romano Prodi geführt haben soll. Aus der darauffolgenden Wahl ging Berlusconi klar als Sieger hervor.

Micaela Taroni, APA

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