Leitl um Korrektur bemüht
Mit umstrittenen Aussagen über Einpersonenunternehmen (EPUs) hat WKÖ-Vizepräsident Fritz Amann (FPÖ) eine Lawine der Empörung losgetreten. In einem Gastkommentar im „WirtschaftsBlatt“ (Dienstag-Ausgabe) bezeichnete er die 267.000 österreichischen EPUs pauschal als „Tagelöhner“ und „Scheinselbstständige“. Kritik kam nicht nur von außen - auch die Wirtschaftskammer selbst war händeringend um Korrektur bemüht.
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Anlass dafür gab WKÖ-Vize Amann mit seinen Ausführungen im Zeitungskommentar zur Genüge: EPUs seien keinesfalls die „großen Leidtragenden der Wirtschaftspolitik“, die Gruppierung sei nicht als Glücksfall für die Wirtschaft, sondern als „echter Problemfall“ einzuordnen. Sie seien keine Unternehmer, sondern (...) „Arbeitslose, die (...) in die Scheinselbstständigkeit gedrängt wurden“. Einzig „die soziale Absicherung“ liege im Interesse der EPUs - und das „auf Kosten der echten Unternehmer im Land“, so Amann, der dem Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender (RFW) angehört.
„Art der Arbeitslosenentsorgung“
EPUs seien „eine Beleidigung für alle Einzelunternehmer wie Friseure, Einzelhändler oder Handwerker, die seit Jahrzehnten unternehmerisch tätig sind und auch ihren Platz in der Wirtschaftskammer haben“. Diese würden einen „wesentlichen Beitrag“ leisten, während die EPUs „nur aufgrund unseres nationalen Politsystems einen Platz als Unternehmer gefunden“ hätten. „Diese Art der Arbeitslosenentsorgung wurde zum Nachteil der übrigen Zwangsmitglieder der WKÖ (...) zum Generalsystem erhoben“, empörte sich Amann und erkannte darin einen „Skandal der Sonderklasse.“

APA/Herbert Pfarrhofer
Keine Freude mit seinem Präsidiumskollegen: WKÖ-Chef Christoph Leitl
57,3 Prozent aller aktiven WKÖ-Mitglieder
Am Mittwoch stellte WKÖ-Präsident Christoph Leitl (ÖVP) klar, dass die „WKÖ sowohl die Interessen von EPUs und Kleinbetrieben wie auch jene von großen Leitbetrieben“ vertrete. Alle Unternehmen - „egal welcher Größe“ - gehörten zum „leistungsfähigen Mittelstand in Österreich, der für dieses Land lebensnotwendig ist“. Wie dringend Leitl um Korrektur bemüht war, zeigen die Mitgliederverhältnisse: So stellen EPUs derzeit 57,3 Prozent aller aktiven WKÖ-Mitglieder und „prägen somit das Bild der heimischen Unternehmenslandschaft stärker denn je“, so Leitl. Auf die Aussagen seines Präsidiumskollegen nahm er jedoch nicht direkt Bezug.
„Ungeheuerlichkeit“ und „Schlag ins Gesicht“
Mit völligem Unverständnis reagierte der Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands Wien (SWV Wien), Fritz Strobl, auf Amanns Kommentar: „Die Behauptungen von Fritz Amann sind eine Ungeheuerlichkeit und ein Schlag ins Gesicht der vielen EPUs Österreichs.“ Der Vizepräsident der WKÖ wolle offenbar mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder loswerden, so Strobl weiter. Die EPUs „dermaßen in Misskredit zu bringen heißt, einem wesentlichen Teil der österreichischen Wirtschaft die Existenzberechtigung abzusprechen“, so der Wiener SWV-Präsident.
Auch aus dem ÖVP-Wirtschaftsbund kam scharfe Kritik an Amanns Ausführungen. „Die respektlose Aussage (...) über den Wert der österreichischen Einpersonenunternehmer ist auf das Schärfste zu kritisieren“, meinte Generalsekretär Peter Haubner (ÖVP). Der Wirtschaftsbund sei „empört über diese ausgrenzende Ideologie“ und forderte eine „Entschuldigung bei unseren EPUs und eine deutliche Distanzierung“. Der „erfolgreiche Mix zwischen kleinen, mittleren und großen Unternehmen“ habe dazu geführt, dass Österreichs Wirtschaft stark und international wettbewerbsfähig sei. Diese Vielfältigkeit wolle man sich nicht nehmen lassen.
„Geistiger Haltungsschaden“
Auch aus den eigenen Reihen kam deutliche Kritik: Als „empörende persönliche und fachliche Entgleisung, nach der man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann“, bezeichnete etwa Kärntens Wirtschaftskammer-Präsident Franz Pacher die Ausfälligkeiten des WKÖ-Vizepräsidenten. Den EPUs „die Eigenschaft als Unternehmer abzusprechen und sie als Tagelöhner zu bezeichnen, ist nicht nur sachlich grundfalsch, sondern zeugt auch persönlich von einem irritierenden geistigen Haltungsschaden“. Alles in allem für Pacher ein „grober Unfug“.
Kritik von NEOS
Am Donnerstag reagierte NEOS und legte Amann den Rücktritt nahe: „Vielleicht war Fritz Amann nicht bewusst, dass er einen Job als Interessenvertreter jener Pflichtmitglieder hat, die er beleidigt. Da dieses Missverständnis jetzt aufgeklärt ist, sollte er vielleicht ein berufliches Umfeld in Erwägung ziehen, zu dem er eine wertschätzendere Beziehung führen kann“, so NEOS-Mandatar Niko Alm. „Für 100 Prozent persönliches Risiko bekommen sie (die EPUs, Anm.) einen Sack voller Abgaben sowie eine unverlangte Einschreibgebühr in einen Club, dessen Vizepräsident zwar gerne am Eingang kassiert, aber dann den Zutritt verweigert“, so Alm weiter.
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