Themenüberblick

Hollande: „Chaos und Bürgerkrieg“ drohen

Während sich die diplomatischen Bemühungen um eine Entschärfung der Ukraine-Krise zurzeit auf das Treffen von 30 Außenministern in Wien konzentrieren, werden die Sorgen vor einer folgenschweren Eskalation der Krise immer konkreter: Drastische Warnungen kamen am Dienstag aus Frankreich und Deutschland.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

So warnte der französische Präsident Francois Hollande hat vor „Chaos und Bürgerkrieg“ in der Ukraine. Ein solches Szenario drohe für den Fall, dass die am 25. Mai geplante Präsidentschaftswahl nicht stattfinden könne. Was nun zu tun sei, ist für Hollande klar: Europa und die USA müssten gemeinsam mit neuen Sanktionen den Druck auf Russland erhöhen, sagte der sozialistische Politiker am Dienstag in einem Interview mit den französischen Sendern BFMTV und RMC.

Aus der Wahl müsse ein Präsident als Sieger hervorgehen, der für alle Ukrainer legitim sei, sagte Hollande. Er habe indirekten Kontakt mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgenommen, um ihm die Position Frankreichs klarzumachen. Der russische Regierungssprecher Dimitri Peskow hatte die Abhaltung von Wahlen angesichts der in Teilen der Ukraine herrschenden Gewalt am Samstag als „absurd“ bezeichnet.

„Wenige Schritte“ vor militärischer Konfrontation

Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeichnete im Vorfeld des Gipfels in Wien ein besorgniserregendes Bild: „Die blutigen Bilder aus Odessa haben uns gezeigt, dass wir wenige Schritte von einer militärischen Konfrontation entfernt sind“, sagte Steinmeier im Interview mit mehreren europäischen Zeitungen.

Anlass zur Sorge sieht Deutschland auch angesichts der Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Milizen in einigen Landesteilen. Eine weitere Ukraine-Konferenz in Genf noch vor der Präsidentschaftswahl am 25. Mai sei dringend nötig, so Steinmeier. Schließlich sei es bei der ersten Runde Mitte April versäumt worden, konkrete Schritte für die Umsetzung der Beschlüsse zu vereinbaren. Im Interview mit der französischen Zeitung „Le Monde“ und anderen Blättern sagte er: „Der Ukraine-Konflikt hat an Schnelligkeit und Schärfe zugenommen, wie wir es vor einiger Zeit nicht für möglich gehalten hätten.“

Deutschland empfiehlt Bürgern Ausreise

Steinmeier forderte, alle Anstrengungen zu unternehmen, um einen neuen Kalten Krieg zu vermeiden. Die aktuellen Entwicklungen in Landesteilen der Ukraine gaben Berlin am Dienstag Anlass zum Handeln: So empfahl das Auswärtige Amt allen deutschen Bürgern jetzt auch „dringend“, den Süden und Osten der Ukraine zu verlassen und auf alle Reisen in die Region zu verzichten. Von Aufenthalten auf der Krim, die von Russland annektiert wurde, rät die deutsche Bundesregierung - wie auch das österreichische Außenministerium - schon seit längerer Zeit ab.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sprach sich am Dienstag nach dem Ministerrat für eine Deeskalation der Lage in der Ukraine aus. „Ich halte nichts davon, mit Drohungen etwas erreichen zu wollen“, so Faymann. Man solle nun alle Kräfte unterstützen, die sich für eine Deeskalation und für die Abhaltung demokratischer Wahlen einsetzen. Österreich als neutrales Land, das gewisse Grundwerte vertritt, sei immer ein gutes Land für Verhandlungen gewesen, sagte Faymann mit Blick auf die derzeit laufende Europaratskonferenz. Nötig seien nun nicht gegenseitige Drohungen, sondern ein Aufeinanderzugehen.

Dutzende Tote in Slawjansk

Erst am Montag hatte die Gewalt in der Ukraine wieder einen neuen Höhepunkt erreicht: Bei der Offensive der ukrainischen Armee in Slawjansk im Osten des Landes wurden nach Angaben des Innenministeriums in Kiew am Montag mehr als 30 prorussische Separatisten getötet. Bei den Kämpfen seien zudem Dutzende Separatisten verletzt worden, so Innenminister Arsen Awakow am Dienstag auf seiner Facebook-Seite. Auch vier Soldaten wurden demnach getötet und 20 weitere verletzt.

Der Vormarsch der ukrainischen Armee auf das Zentrum von Slawjansk am Montag ist Teil eines breit angelegten Militäreinsatzes, mit dem die Regierung die Kontrolle im Osten und Süden des Landes zurückerlangen will. Mehr als ein Dutzend Städte sind dort in der Hand prorussischer Kräfte. Medienberichten zufolge gab es dort am Dienstag vorerst keine neuen Gefechte zwischen Regierungstruppen und prorussischen Kräften. Die Lage sei ruhig, meldete die russische Staatsagentur ITAR-TASS.

Kreml warnte vor „humanitärer Katastrophe“

Moskau warnte am Montag unterdessen vor einer „humanitären Katastrophe“. In den blockierten Städten beginne sich schon eine Knappheit an Medikamenten und Lebensmitteln abzuzeichnen, erklärte das russische Außenministerium. „Die Strafaktionen der ukrainischen Sicherheitskräfte führen zu neuen Opfern in der Zivilbevölkerung“, hieß es. Kiew müsse „das Blutbad beenden und sich an den Verhandlungstisch setzen“, um einen Ausweg aus der Krise zu finden.

Links: