„Wenn nötig, handeln wir schnell“
Auch wenn die Inflation seit Monaten extrem niedrig und im März erneut gesunken ist: Die Europäische Zentralbank (EZB) hält ihr Pulver weiterhin trocken. Der EZB-Rat beschloss Anfang April in Frankfurt, den Leitzins im Euro-Raum nicht noch weiter zu senken, sondern bei 0,25 Prozent zu belassen, wie die Notenbank mitteilte.
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Die Leitzinsen stehen bereits seit einiger Zeit auf diesem Rekordtief. Dabei war die Jahresteuerung in der Euro-Zone im März auf 0,5 Prozent gesunken und damit auf den niedrigsten Stand seit mehr als vier Jahren. Der Wert liegt deutlich unterhalb der Zielmarke der EZB von knapp unter 2,0 Prozent. Das hatte die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Zinssenkung steigen lassen.
Sorge wegen Deflation
Denn der seit Monaten geringe Preisauftrieb schürt Sorgen vor einer Deflation, also einer Abwärtsspirale der Preise quer durch alle Warengruppen. Unternehmen und Verbraucher könnten dann Investitionen und Anschaffungen in der Erwartung weiter sinkender Preise hinauszögern. Das würde die ohnehin noch fragile Erholung der Konjunktur in Europa abwürgen.
Erst einen Tag vor der jüngsten EZB-Zinsentscheidung hatte die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, die EZB daher aufgerufen, zur Sicherung der Preisstabilität notfalls auch zu ungewöhnlichen geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen zu greifen: „Eine potenziell längere Phase mit geringer Inflation kann die Nachfrage und das Angebot unterdrücken - und Wachstum sowie die Entstehung von Arbeitsplätzen verhindern.“ Von einer gefährlichen Deflation könne aber nicht gesprochen werden.
EZB bereit für unkonventionelle Maßnahmen
EZB-Chef Mario Draghi stimmte die Märkte nach dem Zinsentscheid auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik ein - blieb aber zugleich vage: „Im EZB-Rat herrscht Einstimmigkeit, dass gegebenenfalls auch weitere unkonventionelle Maßnahmen im Rahmen unseres Mandats eingesetzt werden können, wenn die Inflation zu lange sehr niedrig bleibt“, so Draghi im Hinblick auf die extrem geringe Inflationsrate von zuletzt 0,5 Prozent im März.
„Wenn nötig, können wir schnell handeln“, betonte Draghi. Er bestätigte das Zinsversprechen, laut dem der Leitzins im Euro-Raum für einen längeren Zeitraum auf dem aktuellen Niveau von 0,25 Prozent bleiben wird oder sogar gesenkt werden könnte. Noch sind die Inflationsrisiken aus Sicht der EZB ausgewogen. Allerdings dürfte sich die Inflation erst Ende 2016 wieder an die Zweiprozentmarke annähern.
Draghi erwartet weitere Erholung
Draghi rechnet zudem mit einer allmählich anziehenden Konjunktur in der Euro-Zone. Die Erholung der Wirtschaft werde zusehends durch eine stärkere Binnennachfrage unterstützt. Zudem sei mit einer kräftigeren Nachfrage nach Exporten aus der Euro-Zone zu rechnen. Die Zentralbank hatte für den Euro-Raum 2014 zuletzt ein Wachstum von 1,2 Prozent vorausgesagt. Im vierten Quartal 2013 hatte die Wirtschaft in der Währungsunion um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zugelegt.
Erwartetes Ergebnis
Die EZB hatte vor der Sitzung angekündigt, sich notfalls entschieden gegen einen Preisverfall zu stemmen. Dennoch hatte die Mehrheit der Ökonomen nicht mit einer Zinssenkung gerechnet. Sie verweisen darauf, dass die Konjunktur im Euro-Raum allmählich anzieht. Das stärkt den Preisauftrieb. Zudem ist das Geld bereits extrem billig, doch es kommt bei den Unternehmen in den südlichen Krisenländern nicht an. Daher könnte ein weiterer Schritt wirkungslos verpuffen. Tendenziell verbilligen niedrige Zinsen Kredite und Investitionen und kurbeln so die Wirtschaft an.
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