Zunehmendes Problem
Das Heer der Arbeitslosen in der Türkei wächst. Mittlerweile sind offiziell zehn Prozent der Bevölkerung ohne Job. Niedrige Löhne und fehlende Infrastruktur für Kinder und Alte veranlassten allein im Vorjahr fast 240.000 Frauen, ihren Job zu kündigen.
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Die fetten Jahre für die türkische Wirtschaft sind vorerst vorbei. Die ökonomische Abschwächung spiegelt sich eben in den Arbeitslosenzahlen wider. Monatlich meldet das türkische Amt für Statistik (TUIK) mehr Menschen, die auf der Suche nach Arbeit sind. Mit 2,8 Millionen ohne Job wies die Türkei im Dezember 2013 die höchste Arbeitslosenzahl seit neun Monaten aus. Seit November waren 19.000 Arbeitslose hinzugekommen. Knapp 25,3 Millionen Menschen hatten demnach im Dezember Arbeit.
Gewerkschaft sieht hohe Dunkelziffer
Die Gewerkschaften sprechen hingegen von fast fünf Millionen Arbeitslosen und einer Quote von 16,3 Prozent. Die offiziellen Zahlen würden die versteckte Arbeitslosigkeit nicht ausweisen, so die Kritik der Gewerkschaft DISK-AR. Zudem sei die Zahl der Teilzeit- und Leiharbeiter im Steigen begriffen. Im Jahresvergleich sehen die Zahlen besser aus. Während sich das Heer der Arbeitslosen gegenüber Dezember 2012 um 229.000 Personen vergrößerte, stieg im selben Zeitraum auch die Zahl der Beschäftigten um fast eine halbe Million.
Ziel der Regierung gescheitert
Die Regierung hatte sich im Vorjahr das Ziel einer Arbeitslosenrate von maximal 9,5 Prozent gesteckt. Mit der prognostizierten Konjunkturabschwächung für das laufende Jahr wird die Türkei ihre Vorgaben von 9,4 Prozent Arbeitslosenrate im Jahr 2014 nicht halten können.
Auch die Europäische Union kämpft mit zweistelligen Arbeitslosenraten. Wie Eurostat bekanntgab, waren im Jänner 10,8 Prozent der arbeitswilligen Bevölkerung ohne Job. In der Türkei beträgt der Anteil der arbeitenden Bevölkerung (inklusive Arbeitslose) im Vergleich aber nur 50 Prozent, das ist weit unter dem Durchschnitt der EU mit über 72 Prozent Erwerbsquote. In Österreich liegt der Anteil bei rund 77 Prozent.
Hauptlast in Betreuung bei Frauen
Frauen sind in der Türkei auf dem Arbeitsmarkt mit knapp unter 30 Prozent nur schwach vertreten. Sie haben mit 23 Prozent auch die höchste Arbeitslosenquote. Einer neuen Studie der Forschungseinrichtung KASAUM der Cukurova-Universität zufolge gaben im Vorjahr 237.000 Frauen ihren Job auf. Als Hauptgründe wurden niedrige Löhne und schlechte soziale Absicherung genannt. Ein weiterer Grund liegt darin, dass Frauen die Hauptlast der Kinder- und Altenbetreuung in der mittlerweile auf fast 75 Millionen angewachsenen Bevölkerung zu schultern haben.
Positiv vermerkt TUIK, dass im Dezember im Vergleich zum Vorjahr ein mehr als dreiprozentiger Rückgang bei Beschäftigten ohne Sozialversicherung zu vermelden war. Diese liege nun bei 34,3 Prozent. Vor allem Arbeitskräfte in der Landwirtschaft sind davon am stärksten betroffen. Über 80 Prozent von ihnen arbeiten ohne irgendeine Form von sozialer Absicherung.
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