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Boeing und Malaysia Airline sollen zahlen

Zweieinhalb Wochen nach dem spurlosen Verschwinden des Fluges MH370 über dem Indischen Ozean hat eine US-Anwaltskanzlei eine Millionenklage gegen die Fluggesellschaft und den Flugzeughersteller eingereicht. Vor einem Gericht im Bundesstaat Illinois sei bereits ein Antrag gestellt worden, um mögliche Konstruktions- oder Herstellungsmängel der Boeing 777 feststellen zu können.

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Die Kanzlei vermutet als Grund für das Verschwinden, dass Pilot und Kopilot ohnmächtig geworden seien. Ursache seien möglicherweise entweder ein Brand wegen eines technischen Defekts oder ein Druckabfall in der Kabine nach einem Schaden am Flugzeug, erläuterten die Anwälte. „Bis ihm der Treibstoff ausging, war das Flugzeug für mehrere Stunden als Geisterflugzeug unterwegs“, sagte die Juristin der Kanzlei Ribbeck Law, Monica Kelly.

Gesamte Boeing-777er-Flotte soll überarbeitet werden

Die Kanzlei teilte am Mittwoch in Kuala Lumpur mit, sie habe Malaysia Airlines und Boeing zugleich eine Frist von 30 Tagen gesetzt, um die Vorgänge beim Verschwinden von Flug MH370 aufzuklären. „Alle Verantwortlichen“ würden zur Rechenschaft gezogen. Neben Entschädigung in Millionenhöhe für die Hinterbliebenen soll von Boeing auch eine Überarbeitung der gesamten 777er-Flotte gefordert werden.

Schon letzte Woche hat der Münchner Versicherungskonzern Allianz einem „Handelsblatt“-Bericht zufolge mit der Auszahlung der Versicherungssumme für Schäden an Flugzeug und Insassen begonnen. Laut „Handelsblatt“ bestätigte die Allianz auch, dass sie ein Konsortium aus verschiedenen Versicherern von Malaysia Airlines anführt. Die Versicherungssumme belaufe sich unbestätigten Angaben zufolge auf insgesamt rund 100 Millionen Dollar (rund 72 Mio. Euro), es sei aber unklar, welchen Anteil daran die Allianz trage.

Versicherungsentschädigungen bereits ausgezahlt

In der Luftfahrtversicherung ist es üblich, die Versicherungssummen an Fluggesellschaften und Angehörige von Insassen im Schadensfall früh auszuzahlen. In den Versicherungsverträgen für Flugzeuge sind in der Regel klare Fristen benannt, nach denen die Entschädigungszahlungen geleistet werden müssen. Das gilt auch für den Fall, dass ein Flugzeug nach mehreren Tagen immer noch vermisst wird.

Die malaysische Regierung hatte am Montag erklärt, die Boeing 777 sei in einem abgelegenen Gebiet auf der Höhe der westaustralischen Stadt Perth ins Meer gestürzt. Das ergebe sich aus den letzten Signalen, die von Satelliten aufgefangen worden seien. Die Daten sind jedoch nicht aussagekräftig, was die mutmaßliche Absturzstelle angeht. Zwei Drittel der Insassen waren Chinesen.

Als die drei wahrscheinlichsten Szenarien für das Verschwinden der Passagiermaschine gelten bisher eine Entführung, ein Sabotageakt eines oder beider Piloten oder eine plötzliche Krise, die die Piloten handlungsunfähig machte und die Maschine bis zum Absturz dem Autopiloten überließ.

Ärger über Informationspolitik Malaysias

Die Unklarheit über die Situation stellt die Angehörigen von Passagieren und Crew des Flugzeugs auf eine harte Probe. Am Dienstag kritisierten viele Demonstranten in Peking die Informationspolitik und den Umgang mit dem Verschwinden der Boeing am 8. März. „Wir wollen die Wahrheit“, lautete der Schriftzug eines Transparents. Einige wütende Demonstranten richteten ihren Ärger gegen Malaysia und gaben den Behörden sogar eine Mitschuld: „Mörder“ stand auf einem Plakat.

Die Polizei riegelte die Straßen um die Botschaft zwischenzeitig weiträumig ab. Die Angehörigen wurden anschließend in Bussen zurück zu Hotels gefahren, in denen sie die vergangenen zwei Wochen ausgeharrt hatten, wie chinesische Staatsmedien berichteten.

Angehörige wütend über Vertuschung

In einer Erklärung fassten einige Angehörige der Insassen ihre Vorwürfe zusammen: „Malaysia Airlines, die malaysische Regierung und das malaysische Militär haben mit Nachdruck und wiederholt versucht, die Wahrheit zu verstecken und zu vertuschen. Sie wollten die Angehörigen und die ganze Welt belügen.“

Die Verantwortlichen hätten keine Scham, hieß es weiter in der Stellungnahme. Die Gesundheit und die Seelen der Angehörigen seien mutwillig zerstört worden. „Die Rettungsaktion wurde in die Irre geführt und verzögert.“ Wertvolle Zeit sei verschenkt worden. „Wenn unsere 154 Familienmitglieder an Bord deshalb ihr Leben verloren haben, dann sind die malaysische Fluggesellschaft, Regierung und das Militär die wahren Mörder unserer Familienmitglieder.“

Die Angehörigen werden in Peking von Ärzten und Freiwilligen betreut. Die Psychiaterin Li Xianyun warnte vor extremen Reaktionen der Familien der Insassen. „Manche werden sehr traurig und weinen. Andere werden wütend auf die Inkompetenz der Behörden“, sagte sie. In ihrer Trauer und Verzweiflung könnten sie sogar sich selbst schwere Vorwürfe machen und sich eine Mitschuld an dem Schicksal ihrer Freunde und Verwandten geben.

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