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Sanktionen ausgeweitet

Die EU hat im Krim-Konflikt ihre Sanktionen am Freitag auf ranghohe Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgeweitet. Unter den zwölf Personen sind der russische Vizeregierungschef Dimitri Rogosin und die Chefin des Föderationsrates, Valentina Matwijenko. Das geht aus einem Beschluss des EU-Gipfels hervor, der der dpa vorliegt.

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Der EU-Gipfel hatte in der Nacht entschieden, die Liste von 21 russischen und ukrainischen Verantwortlichen um zwölf Namen zu erweitern. Ebenfalls betroffen sind der Vorsitzende der Staatsduma, Sergej Naryschkin, und die Putin-Berater Wladislaw Surkow und Sergej Glasjew. Auch der als kremlnaher Hardliner bekannte TV-Journalist Dimitri Kisseljow kam auf die Sanktionsliste.

Bei der russischen Schwarzmeer-Flotte, die auf der Krim stationiert ist, wurden zwei Vizekommandeure mit Sanktionen belegt. Mehrere Personen auf der EU-Liste sind bereits Ziel von US-Sanktionen. Ein ranghoher EU-Diplomat sagte, die Wirkungen der EU-Liste seien für die Betroffenen schmerzlich. „Sie können nun nicht nach London reisen, nach Nizza, an die Costa del Sol, nach Luxemburg oder Zypern. Psychologisch tut das weh“, sagte der Diplomat. Die EU bereitet zudem Wirtschaftssanktionen vor.

Putin will Gehalt bei betroffener Bank einzahlen

Putin will nun sein Gehalt demonstrativ auf die von US-Sanktionen betroffene Bank Rossija einzahlen. Er werde gleich am Montag bei dem Institut ein Konto eröffnen, kündigte Putin am Freitag in Moskau an. Die USA sehen in dem Geldhaus, das engen Freunden des Präsidenten gehören soll, die persönliche Bank ranghoher Beamter. Präsidialamtschef Sergej Iwanow schloss sich dem Vorhaben an. Putin ordnete zudem an, die Zentralbank solle Rossija unterstützen.

Mit Stolz reagierten Mitglieder der schwarzen Liste auf die Zwangsmaßnahmen der USA wie Einreiseverbote und Kontensperren. Er sei wegen seiner „ehrlichen Position“ auf die Sanktionsliste geraten, beteuerte der Chef der Staatsbahn RZD, Wladimir Jakunin. Es sei bedauerlich, dass sein Standpunkt Anlass sei für ein Einreiseverbot in ein Land, „das sich demokratisch nennt“.

Der Korruptionsjäger Alexej Nawalny wirft Jakunin vor, dank der Nähe zu Putin hervorragende Geschäfte zu machen. Das gelte auch für die Milliardäre Gennadi Timtschenko und Arkadi Rotenberg. Diese rühmten sich mit den angekündigten Strafmaßnahmen. Die Unternehmer sähen darin „eine Anerkennung ihrer Verdienste um den russischen Staat“, berichteten Moskauer Medien.

US-Politik nimmt Gegensanktionen gelassen

Am Donnerstag hatte US-Präsident Barack Obama eine Ausweitungen der Strafmaßnahmen seines Landes gegen Moskau bekanntgegeben. Die neuen Sanktionen beträfen weitere russische Regierungsfunktionäre, es handle sich dabei um Kontensperren und Einreiseverbote, sagte der US-Präsident bei einer Rede am Donnerstag. Außerdem habe Washington eine „Reihe anderer Individuen mit bedeutenden Ressourcen und Einfluss“, die Russlands Führung unterstützen, auf die Sanktionsliste gesetzt. Betroffen ist auch eine russische Bank.

Moskau kündigte daraufhin seinerseits Einreiseverbote für US-Vertreter an. Dazu zählten neun Politiker wie der republikanische Senator John McCain und der Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, wie das Außenministerium in Moskau mitteilte. McCain nahm es mit Humor: „Das bedeutet wohl, dass meine Frühlingsferien in Sibirien geplatzt sind, meine Gasprom-Aktien verloren sind und dass mein geheimes Bankkonto in Moskau eingefroren ist.“

Moskau: Werden immer antworten

Russland will trotz gegenseitiger Sanktionen die Zusammenarbeit mit den USA und der EU aufrechterhalten. Die von USA und EU verhängten Strafmaßnahmen seien inakzeptabel, sagte ein Sprecher von Putin am Freitag in Moskau. Trotzdem wolle Russland die Zusammenarbeit mit der EU und den USA weiterentwickeln.

Der Sprecher kündigte auch an, Russland werde auf die jüngst beschlossenen Sanktionen reagieren. „Wir werden immer antworten“, sagte der Sprecher. „Wir haben auf die ersten Sanktionen geantwortet. Nun werden wir auch auf diese reagieren.“ Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte zuvor die gegen sein Land verhängten Sanktionen als irrational bezeichnet. Sie würden nur unnötige Barrieren errichten.

Warnung vor weiteren „Einfällen“ in der Ukraine

Obama hatte am Donnerstag Russland ausdrücklich auch vor „Einfällen in den Süden und Osten der Ukraine“ gewarnt und mit weiteren Maßnahmen gedroht. In einer neuen Verordnung habe er die Grundlage für mögliche Sanktionen gegen „Schlüsselsektoren“ der russischen Wirtschaft geschaffen. „Russland muss wissen, dass eine weitere Eskalation es nur weiter von der internationalen Gemeinschaft isolieren würde“, so Obama. Nunmehr haben die USA die Möglichkeit, auch den für Russland wichtigen Erdgas- und Erdölsektor mit Strafmaßnahmen zu belegen. Sanktionen gegen solche „Schlüsselsektoren“ hätten „bedeutende Auswirkungen“ auf die russische und die globale Wirtschaft, betonte Obama.

Merkel: Runde der G-8 „gibt es nicht mehr“

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte Donnerstagvormittag gesagt, angesichts der Annexion der Krim sehe sie derzeit keine Grundlage für eine Zusammenarbeit mit Russland in der Gruppe der acht wichtigsten Industriestaaten (G-8). „Solange das politische Umfeld für ein so wichtiges Format wie die G-8 nicht mehr gegeben ist, gibt es die G-8 nicht mehr“, so die deutsche Bundeskanzlerin vor ihrer Abreise nach Brüssel in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag in Berlin.

EU kündigt eigene Beobachtermission an

Verhandlungen über eine Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ukraine scheiterten am Donnerstag erneut. Weitere Beratungen seien bis auf weiteres suspendiert worden, hieß es. Gespräche würden erst wieder aufgenommen, wenn Aussicht auf Erfolg bestehe. Anstelle der Beobachtungsmission beschloss die OSZE am Donnerstag die Entsendung eines „Nationalen Dialogteams“ - ein solches benötigt nur die Zustimmung des Gastlandes Ukraine. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy kündigte zusätzlich „in Abwesenheit einer OSZE-Mission“ die Entsendung einer eigenen EU-Beobachtermission an. Die Staatschefs forderten die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton auf, entsprechende Pläne dafür auszuarbeiten.

Russland: OSZE-Mission, aber ohne Krim

Russland hält indes eine OSZE-Mission in der Ukraine für möglich, schließt diese für die Krim aber aus. Zudem sei Russland gegen einen „Freifahrtschein“ für eine beliebige Zahl von Beobachtern, sagte Lawrow am Freitag im russischen Föderationsrat. Eine solche Mission könne aufklären, wie rechtsextreme ukrainische Nationalisten gegen die russischsprachige Bevölkerung vorgingen. Die Halbinsel Krim ist für die Beobachter nicht zugänglich, weil Russland sie nun offiziell zu seinem Staatsgebiet erklärt hat.

Russland werde einer OSZE-Beobachtermission in der Ukraine nur dann zustimmen, wenn „absolute Klarheit darüber besteht, wie viele Beobachter entsandt werden, wo diese stationiert werden und was sie tun“, hatte der russische OSZE-Botschafter Andrej Kelin am Donnerstag nach einer Sitzung des ständigen Rates in Wien gesagt. Man habe in der Vergangenheit sehr negative Erfahrungen gemacht und wolle nicht, dass sich diese wiederholen.

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