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Österreich liegt über Durchschnitt

In kleinen Schritten kommt die Weltwirtschaft nach der Wirtschaftskrise wieder in Gang. Löhne und der Arbeitsmarkt haben sich allerdings noch nicht davon erholt. Viele der sozialen Folgen machen sich aber erst langfristig bemerkbar, betont die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

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Sie warnt in ihrer am Dienstag vorgestellten Studie „Gesellschaft auf einen Blick“ mit dem Titel „Die Krise und ihre Auswirkungen“ vor künftigen Problemen, wenn die Politik schlecht und mit zu geringen Finanzmitteln darauf reagiert. Derzeit sind insgesamt 48 Millionen Menschen in den 34 OECD-Ländern ohne Arbeit - um 15 Millionen mehr als im September 2007. In Griechenland, Irland und Spanien verdoppelte sich die Zahl der Menschen, die in einem Haushalt ohne Arbeitseinkommen leben. Die Finanzkrise habe tiefe Auswirkungen auf Beschäftigung, Einkommen und Lebensformen der Menschen, so die OECD.

Nicht genug Geld für Lebensmittel

So seien etwa seit Beginn der Krise die Geburtenraten gesunken, was in Zukunft die Probleme einer überalterten Bevölkerung verstärken werde. Gesellschaftliche Bereiche wie Familiengründungen, Geburten und Gesundheit werden sich in den nächsten Jahren verstärkt bemerkbar machen, zeigt sich die OECD überzeugt. Schon jetzt hätten Familien die Ausgaben für Nahrungsmittel gekürzt, was sich direkt auf die Lebensqualität auswirke. 13,2 Prozent der Menschen gaben an, nicht immer genug Geld zu haben, um ausreichend Essen zu kaufen. Besonders betroffen sind Estland, Italien, Griechenland, Irland und Spanien.

In Griechenland sind 38 Prozent der Bevölkerung nicht mehr krankenversichert, jeder Fünfte lebt unter der Armutsgrenze. Bei der steigenden Gefahr sozialer Ausgrenzung folgt Italien dicht auf Griechenland. Seit 2005 verdreifachte sich die Zahl der Armen auch im reicheren Norditalien auf 6,4 Prozent.

Auch junge Akademiker betroffen

Durch einen schwierigeren Einstieg in den Arbeitsmarkt und häufig befristete und schlecht bezahlte Jobs sind Jugendliche besonders stark betroffen. Die Krise habe die Probleme massiv verstärkt, bestätigte auch Jörg Flecker, Vorstandsvorsitzender der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA), erst vor wenigen Tagen. Durch unsichere Arbeitsverhältnisse falle die Planbarkeit des Lebens zunehmend schwer, die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Jungen von den Eltern sowie die Familiengründung würden immer weiter hinaus geschoben.

Neben niedrig qualifizierten Jugendlichen seien auch Universitätsabsolventen betroffen, so Flecker. Schätzungen zufolge verließen bereits rund 400.000 junge Spanier, 90 Prozent mit Uniabschluss, und 300.000 junge Griechen ihre Heimat. Die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien (55 Prozent) und Griechenland (62 Prozent) liegt weiter über der in Österreich, wo jeder zehnte Jugendliche keine Arbeit findet.

Einkommensunterschiede in Österreich vergrößert

Im internationalen Vergleich etwa bei Arbeitsmarkt und Einkommensgleichheit steht Österreich wie Deutschland und die Schweiz gut da. Die Arbeitslosigkeit in allen drei Ländern liegt etwa bei der Hälfte des OECD-Durchschnitts von über neun Prozent. In den ersten Jahre der Krise (2007 bis 2010) wuchsen die verfügbaren Haushaltseinkommen in Deutschland und Österreich stärker als die Inflation.

Obwohl sich die Lücke bei der Einkommensungleichheit in Österreich in den vergangenen Jahren vergrößert hat, liegt sie mit einem Faktor von 5,9 weit unter dem OECD-Schnitt (9,5). Gemessen wird dabei der Abstand zwischen den zehn Prozent der Bevölkerung mit dem geringsten und den zehn Prozent mit dem höchsten Einkommen.

Kurzfristiges Sparen kann teuer werden

Gestiegen sind mit den Krisenjahren auch die Sozialausgaben in den OECD-Ländern. In Österreich machen die Pensionen den größten Anteil aus. Die OECD rechnet damit, dass die Ausgaben für den Sozialbereich aber nicht zuletzt aufgrund der Haushaltskonsolidierung zusehends unter Druck geraten. Dennoch warnt die Organisation die Regierungen vor zu großen Sparbemühungen insbesondere im Sozialbereich: „Kurzfristige Einsparungen können zu deutlich höheren Kosten in der Zukunft führen.“

Auch wenn es den Spardruck in den nationalen Haushalten gibt, sollten die Regierungen bei ihren Sozialausgaben darauf achten, die besonders von der Krise geschwächten Menschen zu unterstützen. Denn an den sozialen Folgen der Finanzkrise leiden vor allem diejenigen, die zuvor nicht von Wachstum profitiert haben.

„Wirtschaftsaufschwung allein reicht nicht“

„Der Wirtschaftsaufschwung allein wird nicht ausreichen, um die soziale Spaltung zu überwinden und jenen wieder auf die Füße zu helfen, die es am härtesten getroffen hat“, betonte OECD-Generalsekretär Angel Gurria. Es sollten keinesfalls Reformen verschoben werden, „nur weil der Druck kurzfristig leicht nachlässt“.

Von den Ergebnissen der OECD-Studie sieht sich der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Erich Foglar, bestätigt: „Kürzungen bei Löhnen, Gehältern Pensionen, Sozialleistungen verringern die Staatsausgaben nur ganz kurzfristig (...). Auf lange Sicht steigen die Ausgaben, die Armut steigt, soziale Ausgrenzung vergrößert sich, und die Gesellschaften insgesamt verlieren.“

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